General Davis
Ich konnte es kaum fassen!
Zuerst erfuhr ich zufällig, dass Janssen allen Ernstes mit Mike Winter ausgehen wollte, daraufhin stellte sie mit ihrer ungeschickten Art ihren Kameraden bloß und zu allem Überfluss machte mich ihr fehlender Respekt mir gegenüber wieder fuchsteufelswild...
"Nochmal!", schnauzte ich Max Weber an. Er kickte mit seinem Fuß gegen das Schlagpolster, das ich hielt.
"Fester!", schrie ich erneut. Er trat zu, aber es tat nicht mal im Ansatz weh genug.
Diese eine beschissene Tatsache blieb mir letztlich trotzdem stets im Hinterkopf: Janssen würde ihn daten!
Wieso?
Was hatte sie dazu gebracht dem zuzustimmen?
Mike Winter stand heute nach dem Training vor dem Gebäude und sprach von nichts anderem, als seinem Date mit 'Leyli' in der KA-BAR am Freitag! Die Kameraden beglückwünschten ihn freudig, sogar Ben Peters!
Ich hätte kotzen können!
Am liebsten wollte ich Winter an seinem Kragen packen und ihn warnen nichts Dummes oder gar Falsches mit ihr anzustellen! Außerdem sollte Janssen mir irgendwann ins Netz gehen, damit ich ...
Verdammter Mist, welch absurder Gedanke!
Verspürte ich bloß Unzufriedenheit, dass mein Plan nie aufgehen könnte, oder was war dieses unaufhörliche Übelkeitsgefühl in mir, wenn ich an die beiden als ein Paar dachte?
Nein, alles fügte sich doch wunderbar zusammen, denn sie war jetzt sein Problem, nicht mehr meins!
"Herr General?"
Ich schaute irritiert auf. Weber stand unschlüssig vor mir und sah mich fragend an. Meine Arme waren gesenkt und ich hatte wohl einen kurzen Moment vor mich hingestarrt, versunken in meine abstrusen Gedanken.
"Für heute reicht's", murmelte ich schnell, wobei Weber sein sichtlich erleichtertes Nicken kaum unterdrücken konnte.
"Danke, Herr General. Ähmm, es ist nur so, wie soll ich es sagen ... also das vorhin ..."
Er stockte und seine gesamte Körperhaltung war zwischenzeitlich in sich zusammengesackt. Der Soldat wirkte unglaublich nervös.
Ich wusste sogleich, worauf er hinaus wollte und es lag mir fern, dass er sich deswegen unwohl fühlte.
"Passen Sie auf, Weber, Ihre Vorlieben gehen mich wirklich nichts an, okay? Und auch niemanden sonst, es sei denn, Sie entscheiden sich selbst dafür! Meinen Respekt verlieren Sie dadurch bestimmt nicht und ich werde Sie unter keinen Umständen anders behandeln! Allerdings ... vor einigen Hinterwäldlern und Vollidioten innerhalb der Marine kann ich Sie nicht unbedingt schützen ... Verstehen Sie das?"
Der Stabsgefreite atmete erleichtert auf.
"Absolut, das verstehe ich! Trotzdem danke ich Ihnen für Ihre Offenheit und das Verständnis, Herr General!"
"So etwas sollte selbstverständlich sein. Wenn Ihnen jemand arge Probleme bereitet, dann bin ich natürlich durchaus gewillt Ihnen zu helfen."
Ich erhielt als Antwort ein strahlendes Lächeln und ein überschwängliches 'Dankeschön', bevor Weber im Laufschritt durch die Tür der Trainingshalle verschwand.
Nachdenklich schaute ich mich um. Wie immer war ich allein hier am späten Abend. Ich grinste unwillkürlich, weil mir die aufkommende Vorstellung gefiel, dass ich Janssen zwingen könnte, die ganze Nacht an diesem Ort zu stehen und die scheiß Hand auf gar keinen Fall von ihrer Stirn zu nehmen.
Im Gegensatz dazu, würde ich mir etwas leckeres zu Essen und zu Trinken mitbringen und es mir gemütlich machen, während Janssens Oberarmmuskulatur langsam anfinge zu verkrampfen ...
Genugtuung oder Sadismus? ... Scheiß egal!
Hauptsache sie würde sie sich dann endlich an die Regeln halten!
Zumindest für die kurze Zeit, die ihr in der Marine vorläufig blieb!
Wenn Janssen und Winter wirklich ein Paar werden würden, ließ er mit Sicherheit nicht zu, dass sie den Beruf 'Kampfschwimmerin' ernsthaft weiter in Erwägung zog!
Aber wieso hatte diese Lösung einen derart faden und bitteren Beigeschmack, der mich einfach nicht losließ?
**********
Die folgenden Tage vergingen wie im Flug, allerdings blieb diese grausame Tatsache, dass mir der Gedanke nicht aus dem Kopf gehen wollte, was sie heute Abend tun würde und mit wem.
Unzufrieden und unschlüssig stand ich Freitagabend in meinem Schlafzimmer vorm Spiegel. Ich hatte vorhin sämtliche Alltagsklamotten aus dem Schrank gerissen, betrachtete meine Wahl inzwischen argwöhnisch und versuchte letzten Endes äußerst frustriert meine Haare vernünftig zu richten. Plötzlich regte sich eine Gestalt hinter mir.
"Gehst du etwa jetzt noch aus?", hörte ich nun die überraschte, helle Stimme von Melina. Ich stand so neben mir, dass ich vergessen hatte, warum sie überhaupt da war ... Ach ja, unser gemeinsames Abendessen vorhin ...
"Ja, Mel! Ich muss etwas Wichtiges erledigen!", erwiderte ich kurz angebunden und zupfte ein letztes Mal an der widerspenstigen braunen Strähne.
"Vielleicht solltest du lieber zu dir nach Hause gehen ... es wird wahrscheinlich sowieso später werden!", ergänzte ich missmutig und verschwand auch schon schnellen Schrittes zur Haustür, ohne auf ihre Antwort zu warten.
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Kampflos ergeben
RomanceShortlist Amby Award 2023 3. Platz: 15 Chapters Moon Award 2023 ≋≋≋≋≋≋≋≋≋≋ "Gefühle sind etwas für Narren und Träumer!" ≋≋≋≋≋≋≋≋≋≋ Stabsgefreite Eleanore Janss...