Kapitel 32

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Katarina

Ich weiß nicht, was ich fühlen soll. Der Schmerz, als ich die abgehackte Nachricht meiner Mutter verstand, war so stark, dass ich erstarrte. Erst Brendan schaffte es, mich aus der Flut des Schmerzes zu ziehen. Ich spüre den Schmerz und Trauer noch immer, doch kann ich ihn nun händeln. Deswegen kam mein Grandpa mich besuchen, um zu schauen, dass es mir hier gut geht. Er muss es schon gewusst haben, aber warum hat er denn nichts gesagt?

Ich habe nur noch einen Gedanken: So schnell wie möglich nach Hause kommen. Bei uns ist es Brauch, dass die Beerdigung sehr schnell gefeiert wird. Und ja gefeiert. Wir feiern das Leben und betrauern nicht. Mein Grandpa lebt in uns allen weiter, solange wie wir uns an ihn erinnern können. Nur das wir keine neuen Erinnerungen schaffen können, schmerzt.

Brendan wirft mir immer wieder besorgte Blicke zu, während er mich zu meinem Haus fährt. Ich habe kein Wort mehr gesagt. Und auch Ben hinter mir, warf mir immer mal wieder besorgte Blicke zu. Buddy hat seinen Kopf auf meine Schulter gelegt. Er spürt, dass etwas nicht stimmt.
Angekommen steige ich aus, gehe hinein und fange an, eine Tasche zu packen. Als ich nach meinen Autoschlüsseln greifen will, hält Brendan mich auf. Fragend schaue ich zu ihm. "Katarina, du kannst in deinem Zustand nicht Auto fahren. Nicht eine so lange Strecke. Lass mich mitkommen." "Uns. Lass uns mitkommen. Entschuldige Brendan, aber wir werden in fremdes Gebiet kommen und du hast nicht wirklich deine Umgebung im Blick." unterbricht Ben ihn. Brendan seufzt, nickt aber. "Lass uns bitte mitkommen." Ich schaue beide an, die mich flehend anschauen. "In Ordnung." Brendan nickt und gibt mir einen kurzen Kuss. Dann wendet er sich Ben zu "Kannst du dafür sorgen, dass unsere Taschen gepackt werden und zum Flugplatz gebracht werden?" Ben nickt und er wirkt abwesend, als wäre er nicht mehr hier. Fragend schaue ich zu Brendan. "Das ist der Mind-Link. Damit können wir in Gedanken mit allen Rudelmitgliedern kommunizieren." Ich nicke und greife dann wieder zu meiner Tasche, die mir Brendan aus der Hand nimmt.

Im Auto stelle ich mich auf eine lange Fahrt ein. Doch sie geht gerade mal 10 Minuten bevor Brendan wieder anhält und beide aussteigen. Verwirrt schaue ich mich um. Warum stehen wir auf einem Flugplatz? Ich dachte Chefield hat keinen. Meine Tür wird geöffnet und Ben erscheint "Komm Katarina. Brendan bespricht gerade alles mit dem Piloten." "Piloten?" Ben muss schmunzeln "Brendan hat einen eigenen Privatjet. Als Alpha und als Chef einer Firma sehr praktisch. Die Mitarbeiter des Flugplatzes und auch der Pilot sind alles Rudelmitglieder." Anerkennend nicke ich und lasse nun auch Buddy aus dem Auto. Dann kommt auch schon Brendan wieder auf uns zu und holt meine Tasche. "Ben, deine und meine Taschen sind schon drinnen. Wir können schon einsteigen. Starten werden wir sobald alles geklärt ist, also in ein paar Minuten." Langsam gehe ich beiden hinterher. Irgendwie fühlt sich das alles so surreal an.

Im Flugzeug schaue ich mich staunend um. Ich habe noch nie ein Privatjet von innen gesehen, geschweige denn damit geflogen. Das ist wirklich eine bequeme Art zu reisen. Ich setze mich und schließe erschöpft meine Augen.

Jemand schüttelt mich leicht. Murrend drehe ich mich und ziehe die Decke weiter über den Kopf. "Katarina komm schon. Wir sind da." Es wird weiter gerüttelt, sodass ich vorsichtig unter der Decke hervorluge. "Na endlich. Wir sind in New York gelandet. Und ein Auto wartet auch schon auf uns." informiert mich Brendan schmunzelnd. Ergebend lege ich die Decke zusammen und stehe auf. Ich schaue mich um und frage dann leicht panisch "Wo ist Buddy?" "Keine Sorge, Ben ist mit ihm schon hinaus gegangen. Ich glaube er musste mal." Ich nicke und folge dann Brendan. Draußen kommt Buddy auf mich zugelaufen. Ich hocke mich hin und knuddle ihn einmal durch. Dann folge ich weiter Brendan, der mir schon die Autotür aufhält. Ich nehme platz und dann kommt auch Ben dazu. Und dann geht es endlich los. Ein Blick auf die Uhr zeigt mir, dass es jetzt 19 Uhr ist. Wir werden also so um halb 9 ankommen, da wir eineinhalb Stunden brauchen. Ich lehne mich also wieder zurück und versuche noch zu schlafen. Nur klappt es diesmal nicht und ich bleibe wach.

Zwei Stunden später biegen wir endlich in die Straße ab, in der mein Elternhaus steht. Ich leite Brendan zum Haus und wie er davor parken kann. Ich steige aus und atme tief durch. Das ist der Duft von Heimat: das Meer und der leckere Geruch von Moms Essen. Wir nehmen unsere Taschen und gehen dann auf die Haustür zu. Ich klingel und warte gespannt. Was wird mich, uns jetzt erwarten?

Die Tür öffnet sich und meine Mutter kommt zum Vorschein. Geschockt schaut sie mich an. Ich mustere sie kurz. Man kann sehen, dass sie geweint hat, da ihre Augen rot sind. Zudem sind ihre Haare nicht so gepflegt wie sonst. "Katarina, was machst du denn hier? Ich meine so früh." verbessert sie sich schnell. "Hi Mom. Das habe ich Brendan zu verdanken." und zeige auf ihn. "Mom darf ich dir meinen Freund Brendan und meinen Partner bei der Polizei Ben vorstellen? Sie bestanden beide darauf mich zu begleiten." Meine Mutter schaut kurz zwischen den beiden hin und her. Ich spüre, wie Brendan nervös wird. Er hat wohl gerade bemerkt, dass er meine ganze Familie kennenlernen wird. Aber das habe ich ja auch heute. Meine Mutter bekommt fast Herzchen in den Augen, als sie Brendan genauer mustert. Aber auch kein Wunder, er ist der erste Freund den ich mitbringe. Normalerweise hätte ich noch etwas abgewartet, aber besondere Situationen erfordern besondere Handlungen.

Plötzlich schiebt meine Mutter mich weg und zieht Brendan in eine ihrer Monster-Umarmungen aus denen man nicht herauskommt, wenn es meine Mutter nicht will. Brendan erwidert überfordert die Umarmung, vor allem da meine Mutter wieder angefangen hat zu weinen. Aus dem Augenwinkel erkenne ich, dass Ben sich das Lachen verkneifen muss. Ich schaue es mir noch paar Sekunden an, bevor ich entscheide ihm zu helfen. Dafür gehe ich ins Haus und muss bei Brendans Du-kannst-mich-doch-nicht-alleine-lasse-Blick selber das Lachen verkneifen. Im Wohnzimmer finde ich meinen Dad. Überrascht sieht er mich an und drückt mich kurz. "Du musst bitte Mom von meinem Freund lösen." Mein Dad bekommt große Augen "Habe ich das richtig verstanden, Freund?" Ich nicke und deute zur Haustür "Könntest du ihm jetzt bitte helfen?" Er schmunzelt "Na wenn er schon in eine Monster-Umarmung gezogen wird und diese über sich ergehen lässt, kann er ja wohl nicht so schlimm sein." Gemeinsam gehe ich mit meinem Vater wieder zur Haustür. Er legt eine Hand auf Moms Schulter "Schatz, komm wir müssen alles für die Gäste bereit machen. Haben wir genügend Essen für alle, wenn nachher noch Markus und Anna kommen?" Ruckartig hebt meine Mutter den Kopf. Sie lässt Brendan los, wischt sich über die Augen und sagt "Du hast Recht." damit dreht sie sich um und geht in die Küche. "Danke Sir." bedankt sich Brendan bei meinem Vater. "Du hast die Umarmung ertragen, damit gehörst du schon zur Familie. Du kannst mich Jake nennen. Und wer sind Sie?" damit wendet er sich Ben zu. "Mein Name ist Ben Sir. Katarina und ich gehen zusammen auf Streife." "Der Partner also. Ich warne dich, wenn meiner Kleinen etwas passiert, weil du deiner Arbeit nicht nachgekommen bist, dann komme ich persönlich nach Chefield." "Keine Sorge Sir, ich würde mein Leben dafür geben, dass Katarina nichts passiert." Dies sagt Ben mit so einer Ernsthaftigkeit, dass selbst mein Vater überrascht ist. Brendan klopft Ben auf die Schulter und bei mir macht es klick. Doch da mein Vater nicht weiß, dass ich die zukünftige Luna bin und fragt "Und du bist dir sicher, dass du mit Brendan zusammen bist?" "Dad!?!" "Ich meine ja nur." damit dreht er sich um.

Ich zeige dann Ben sein Zimmer und gehe dann mit Brendan in mein altes Zimmer. Ich bin erstaunt, dass es meine Eltern zulassen, dass wir in einem schlafen dürfen. Brendan schaut sich neugierig um, doch es gibt außer den Möbeln nichts mehr zu sehen, da ich alles mit nach Chefield mitgenommen oder aussortiert habe. Für Buddy lege ich eine Matte und Handtücher in die Ecke, sodass er auch ein bequemes Plätzchen hat. "Schön ist es hier." "Ja, die Gemeinde hier ist auch sehr besonders. Eigentlich genau wie dein Rudel, sind wir hier alle eine große Familie." Brendan nickt. "Kann ich dich fragen wie das ablaufen wird?" fragt er vorsichtig. Ich setzte mich auf mein Bett. "Da ich schon hier bin, wird es statt übermorgen, schon morgen alles stattfinden." "Das ist ziemlich schnell oder?" fragt er mich dazwischen. "Ja, aber es war immer schon so. Die Beerdigungen finden so schnell wie möglich statt. Bis zu dieser wird auch getrauert und danach wird das Leben des Verstorbenen gefeiert und das wir ein Teil dessen sein durften. Ich finde diese Art der Verabschiedung viel besser. Ja, wir trauern auch, aber im Vordergrund steht das Leben. Mein Grandpa hätte nicht gewollt, dass wir alle traurig beisammen sitzen und etwas betrauern was wir nicht ändern können. Stattdessen sollten wir froh sein, dass wir ihn kannten und hochleben. Ich glaube, deswegen hat er auch nichts gesagt." überlege ich laut. Das würde sehr zu meinem Grandpa passen. Ich schüttle kurz den Kopf und blicke wieder zu Brendan "Du wirst morgen sehen, was ich meine."

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