07 - Das Ziel seines Vorhabens

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Luana steckt sich eine gegarte Kartoffel in den Mund und lässt ihren Blick durch den Raum schweifen. Es handelt sich um eine Art Mensa, in dem jeder gewöhnlich Fatui Soldat zu geregelten Zeiten etwas zu essen bekommen kann. So sitzt auch Luana an diesem Abend an einem der Tische und widmet sich ihrer neuen Form der Ernährung, welche Scaramouche für sie veranlasst hat. Tatsächlich befand sich in der Essensausgabe ein Tablett, an das ein Zettel mit ihrem Namen geheftet war. Und darauf ein Gericht, welches Luana sich mit Sicherheit nicht freiwillig ausgesucht hätte. Fisch und Gemüse. Dazu sogar ein rätselhaftes Getränk, das wirklich viel zu sauer ist. Und aus welchem Grund auch immer, eine Schüssel mit seltsamen, bitteren Kugeln, bei denen ihr nicht klar ist, ob es sich um eine ungenießbare Art von Medizin oder eine Beilage zu dem Gericht handeln soll.

Mal ganz davon abgesehen, dass Luana Fisch nun wirklich nicht mag, stellt die bloße Menge an Essen bereits eine Herausforderung für sie dar. Doch egal auf welchem Wege, sie müsste dieses gesamte Tablett leeren, sonst würde der Balladeer sie einen Kopf kürzer machen. Harmlos ausgedrückt.

Und so sitzt Luana also dort. Schaufelt sich eine Kartoffel nach der anderen herein, in der Hoffnung der Fisch würde sich von selbst in Luft auflösen und hängt ihren eigenen Gedanken nach.

Der große Raum ist gut gefüllt. Dennoch hat Luana den gesamten Tisch für sich alleine. Ihr neuer Rang hat sich wohl sehr schnell verbreitet. Nun begibt sich keiner der Soldaten mehr freiwillig in ihre Nähe. Selbst dem Blickkontakt weichen sie aus. Aber wer könnte es ihnen verübeln? Als Assistentin eines Harbingers gäbe es mit Sicherheit sehr viele Wege, um ihnen das Leben schwer zu machen. Auch wenn es dafür keinen Grund gibt. Alleine ihr neu erworbener Einfluss scheint sie abzuschrecken. Luana kann ihre Angst jedoch nachvollziehen. Wieso sollten sie auch freiwillig solch ein Risiko eingehen?

Seit dem Morgen war nichts mehr besonderes geschehen. Luana nutzte den Tag, um sich so gut wie möglich auszuruhen und ihre Verletzungen auszukurieren. Sie möchte so bald wie möglich vollständig bereit sein, um jede Aufgabe erfüllen zu können, die ihr Master verlangt.

Nun wird alles anders. Luana kann es spüren. Ihr Plan wird gelingen. Und eines Tages... irgendwann, da wird das nagende Gefühl des Hasses in ihr endlich nachlassen.

,,Glaubst du, das Essen auf deinem Teller ergreift die Flucht vor dir, wenn du es nur lange genug anstarrst?"

Luana sieht erschrocken auf, nur damit ihr Blick auf die Finsternis in den Augen des Balladeers trifft. Er sitzt ihr direkt gegenüber. Das Kinn auf beiden Handflächen abgestützt und ein schelmisches Grinsen auf den Lippen. Wie konnte ihr seine Anwesenheit vollkommen entgehen?

,,Äh was?" ist das einzige, was ihr Verstand in diesem Augenblick hervor bringt.

,,An der Art, wie du angemessen mit mir sprichst, müssen wir noch arbeiten," entgegnet Scaramouche lediglich nüchtern. Langsam beginnt Luanas Verstand wieder die Informationen um sie herum aufzunehmen und zu verarbeiten. Erst jetzt bemerkt sie die Stille, welche über dem gesamten Raum liegt. Und ebenso die Blicke. Die alleinige Aufmerksamkeit liegt auf dem Balladeer und seiner Assistentin. Kein Wunder jedoch, die Harbinger nehmen ihr Essen normalerweise nicht in der Mensa zu sich. Diese dient lediglich der Versorgung des einfachen Soldaten, nicht der ihrer Vorgesetzten.

,,Entschuldige, Master," seufzt Luana mit gesenktem Blick, ,,aber was tust du hier, wenn ich fragen darf?"

Der Dunkelhaarige lehnt sich in den Stuhl zurück und verschränkt die Arme vor der Brust.

,,Ich wollte bloß sehen, ob du brav deinen Teller leer isst."

Sein Blick wandert nun vielsagend zwischen dem Fisch und Luanas Gesicht hin und her. Der Ausdruck in seinen Augen vorwurfsvoll. Dennoch wirkt seine Ausstrahlung nicht annähernd so unheimlich, wie sonst. Kann es sein, dass er gute Laune hat?

To Be Hated By HerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt