To Be Hated By Her

20 - Ein Wunsch ihres Herzens

Nachdem sie sich mit dem seltsamen Verhalten ihres Masters abgefunden hatte, begab Luana sich auf den Weg zu dem Ort, an dem sie sich in den letzten 10 Jahren immer wieder zur gleichen Zeit einfand.

Sobald die üblichen bunten Felder, welche das Qingce-Dorf umgeben, langsam in ihr Sichtfeld rücken, überkommt Luana ein Gefühl der Nostalgie. Es sind nun bereits einige Monate vergangen, seitdem sie zuletzt ihre Heimat sah. Egal, wie viele schlechte Erinnerungen sie mit ihrer Kindheit verband, die Schönheit dieses Ortes wurde dadurch nicht geschmälert. Außerdem strahlt jeder einzelne glückliche Tag, den sie mit ihrer Schwester verbrachte, aus diesem Grund bloß noch mehr in ihren Erinnerungen.

Allerdings besitzt Luana nicht die Absicht das Dorf zu betreten. Sie sucht einen besonderen Platz, den kaum einer kannte. Eine Klippe nahe des Wuwang Hangs, zu der sie als Kind regelmäßig mit ihrer Schwester ging.

Hinter einigen Sträuchern und Bäumen versteckt, entdeckt sie den gesuchten Ort schließlich. Die Pflanzen sind seitdem gewachsen und veränderten das Aussehen des Waldes, doch die Aussicht ist die gleiche geblieben. Sie erstreckt sich über die gesamte Bishui Ebene.

Luana zieht eine Laterne aus ihrer Tasche hervor und zündet sie an. Sie überlegt kurz, dann lässt sie die Laterne los und sie erhebt sich von der Klippe hinauf hoch in den Himmel. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen verfolgt Luana das schwebende Licht, bis es aus ihrem Sichtfeld verschwindet.

Auch wenn es am helllichten Tag nur halb so schön aussieht, besitzt dieses Ritual eine besondere Bedeutung für sie.

Denn als kleines Mädchen hatte sie das ursprüngliche Fest zum Jahresbeginn im Hafen Liyue immer nur aus der Ferne beobachten können. In der Nacht waren die hellen Lichter des Laternenrituals sogar von einem hohen Punkt im Dorf zusehen. Luana wünschte sich an dem Fest teilnehmen zu können, jedoch war ihre Schwester zu dieser Zeit immer mit den Vorbereitungen beschäftigt, welche der Liyue Qixing dafür traf. Und ihre Eltern machten sich kaum etwas daraus das neue Jahr zu feiern. Sie zündeten lediglich ein paar Kerzen an und sprachen ihre dankbaren Gebete an die Adepten aus.

Eines besonderen Tages kam Mai auf sie zu mit zwei wunderschönen selbst gebastelten Laternen in der Hand. Gemeinsam gingen sie zu der Klippe, auf der Luana sich in diesem Moment befindet und ließen die Laternen steigen. Ihre Schwester sagte, dass dies der Tag wäre an dem sie alle unausgesprochenen Wünsche dieser Laterne im Geiste anvertrauen könne und sie in Erfüllung gingen, sobald sie nur in den Himmel hinauf getragen werden würde. Natürlich handelt es sich bloß um ein schönes Märchen, dass man einem Kind erzählte. Jedoch kommt Luana noch heute zu diesem Ort, um in Gedanken bei Mai zu sein.

Es wurde zu ihrem eigenen kleinen Ritual. Jedes Jahr kamen sie am gleichen Tag zu dieser Felsklippe und ließen beide eine Laterne in den Himmel steigen. Und selbst nachdem ihre Schwester gestorben war, erhielt Luana diese Tradition weiterhin aufrecht.

Jahr für Jahr. Ihr Wunsch war damals immer der gleiche gewesen. Mehr Zeit mit Mai. Welch grausame Ironie, dass sich genau das Gegenteil dieses Wunsches ereignete. All die verbleibende Zeit mit ihrer Schwester wurde Luana genommen. Und ihr Leben veränderte sich auf einen Schlag.

Der Wunsch, welchen sie seit diesem Zeitpunkt jedes Jahr in Gedanken ausspricht, ist mittlerweile ein anderer.

Der Verantwortliche für den Tod von Mai soll büßen.

Und das um jeden Preis.

So hatte Luana auch in diesem Jahr das Ritual erfüllt. Dieses Mal erscheint die Bewahrheitung ihres Wunsches jedoch näher als je zuvor.

Luana verweilt noch ein paar Momente in ihren Gedanken und blickt auf die weit entfernte Landschaft vor sich. Plötzlich unterbricht jedoch ein Knacken in den Sträuchern die angenehme Stille. Erschrocken dreht sie sich um, bloß um niemanden dort vorzufinden.