36 - Die Verbindung zu seinem Geist

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In einer kleinen Hütte sitzen zwei Jungen einander auf dem Boden gegenüber. Der eine im frühen Kindesalter wurde bereits von einer leidvollen Krankheit gezeichnet.

Und dennoch wirkt sein Blick lebendiger, als der seines Gegenübers es jemals könnte.

Der Ältere von den beiden trägt ein schweres Schicksal auf seinen Schultern. Die Zukunft hält eine einsame Finsternis für ihn bereit.

Doch ist die Hoffnung in seinen Augen noch nicht vollständig erloschen.

,,Du sagst... du wünschst dir ein Herz?" fragt das Kind nachdenklich. In seiner Hand liegt eine kleine Stoffpuppe mit dunklem Haar und einer Träne im Auge. Sein Gegenüber senkt betrübt den Blick.

,,Hm, hast du schon einmal etwas von dieser Geschichte gehört?" überlegt der jüngere der beiden nun, ,,sie handelt von einem Marionetten-Soldaten, dessen größter Wunsch es war für immer und ewig mit der Ballerina-Puppe zusammen zu sein. Doch der Soldat besaß kein Herz und wusste nicht woher seine Gefühle stammten. Eines Tages wollte sein Besitzer ihn nicht mehr. Er warf ihn unachtsam ins Feuer. Doch selbst inmitten der Flammen, verließen seine Augen niemals die Gestalt der Ballerina. Am nächsten Tag fanden die Menschen ein winziges Herz in der Asche, welche von dem Feuer übrig geblieben war."

Der dunkelhaarige Junge schüttelt langsam den Kopf.

,,Wahrscheinlich besaß die Asche bloß die Form eines Herzens... aber das ist kein echtes Herz," seufzt er mit Ernüchterung in der Stimme. Das Kind betrachtet seinen Freund mitfühlend.

,,Vielleicht..."

Sein Blick erhellt sich nun.

,,Aber was wäre, wenn Herzen aus der Asche geboren werden könnten?"

...

,,Hey, bist du taub oder bloß dämlich?" reißen die genervten Worte des Balladeers Luana aus ihrer Abwesenheit, ,,ich sagte, folge mir."

Sie blinzelt einige Mal, ehe sie in der Lage ist den Blick von ihm lösen. Als der anschwellende Lärm jedoch in ihren Ohren zu dröhnen beginnt, holt sie hastig zu ihm auf und senkt eingeschüchtert ihren Kopf.

,,Entschuldige, Master."

Der Dunkelhaarige wendet sich lediglich wortlos von ihr ab und setzt seinen Weg aus dem Raum hinaus fort. Nahezu von alleine bewegen sich nun auch Luanas Füße. Zu groß ist die Angst davor erneute Qualen zu erleiden. Während sie ihm durch den dunklen Flur folgt, verweilen ihre Augen unentwegt auf der langen Zierde seines Hutes. Die vorherigen Geschehnisse verleiten Luanas Gedanken von neuem dazu in andere Ebenen abzudriften.

Zum einen hat sich gezeigt, dass die Verbindung zwischen ihr und Scaramouche über die bloße Kontrolle ihres Geistes hinauszugehen scheint. Möglicherweise ist es aber auch eben dieser Preis, den er zahlen musste, damit eine solche Bindung überhaupt erst zustande kommen konnte.

Zugriff auf ihren Verstand zu besitzen, zeugt nun Mal zugleich davon seinen eigenen dafür zu öffnen.

Luana konnte es spüren, als der Harbinger ihr in die Augen sah. Es war als verliere sie den Boden unter den Füßen. In gewisser Weise tauchte sie für einen kurzen Augenblick in seinen Geist hinein. Und damit ebenso in seine Erinnerungen.

Doch weshalb war es ausgerechnet dieses Ereignis, welches Luana durchleben durfte?

Besitzt es vielleicht eine tiefere Bedeutung?

Fakt ist jedenfalls, dass sie aufgrund dieses unerwarteten Geschehnisses eine weitere Entdeckung machen konnte. Genauer gesagt offenbarte es ihr eine Schwachstelle in der Gehirnwäsche, welcher der Doktor sie unterzog. Denn in dem Augenblick, als Luana die Stimme ihres Masters nicht mehr bewusst wahrnehmen konnte, war sie auch nicht dazu gezwungen seinen Befehl auszuführen.

To Be Hated By HerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt