40 - Ein Nachteil ihrer Menschlichkeit

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,,Dottore."

Luana sieht dem blauhaarigen Mann direkt ins Gesicht, als er an sie herantritt. Die Überraschung in ihrer Stimme hatte sie kaum verbergen können, allerdings gelingt es ihr eine neutrale Miene zu bewahren.

,,Ich... war neugierig, wie es aussehen würde," erklärt sie ihm simpel. Luanas Blick wandert zu der riesigen Marionette inmitten des Raumes.

,,Du steckst deine Nase wohl gerne in Angelegenheiten hinein, von denen du dich besser fernhalten solltest, was?"

Mit verschränkten Armen sieht der Harbinger auf sie herab. Ihre Augen hingegen richten sich weiterhin geradeaus. Ein einziges falsches Wort könnte ihre wahren Absichten augenblicklich offenlegen. Luana bleibt keine andere Wahl, als ihm die erstbeste Erklärung zuliefern, welche ihr in den Sinn kommt. In Anbetracht der unverkennbaren Scharfsinnigkeit des Doktors könnten sich ihre Bemühungen allerdings als vergeblich erweisen.

,,Ich wollte mich selbst von der Größe eures Projektes überzeugen," erwidert sie daher nachdenklich, ,,diese Maschine ist noch beeindruckender, als ich es mir vorgestellt hatte."

Eine unheimliche Ausstrahlung geht von ihm aus, als er neben Luana an das Geländer tritt. Sie kann es spüren. Die pure Belustigung aufgrund der Tatsache, dass sich ihr gesamter Körper unter seinem Blick anspannt. Er fühlt sich an wie ein Fremdkörper, ein parasitäres Lebewesen, welches sich in ihrem Kopf eingenistet hat. Im Gegensatz zu der Anwesenheit des Balladeers scheint die des Doktors ihr jegliches Leben aus dem Leib zu saugen.

,,Gut... dann hast du jetzt hoffentlich auch verstanden, dass du keine Chance hast mich aufzuhalten," schmunzelt der Blauhaarige daraufhin trocken. Der Puls seines Gegenübers erhöht sich. Luana konzentriert sich jedoch darauf die Panik in ihrem Inneren weiterhin unter Verschluss zu halten.

,,Was? So ist das nicht..."

Leider kann sie nicht unbedingt etwas hervorbringen, was dagegen sprechen würde. Ist es tatsächlich möglich, dass sie von Beginn an vor ihm aufgeflogen war?

,,Ach bitte," seufzt Il Dottore daraufhin unbeeindruckt, ,,Scaramouche mag es aufgrund seiner blinden Vernarrtheit in dich nicht bemerkt haben, doch in Wahrheit bist du sehr leicht zu durchschauen."

Seine Stimme erscheint weder sonderlich wütend noch kommt sie irgendeiner Form der Anschuldigung nahe. Viel mehr klingt sie als hätte er das Geheimnis eines Freundes aufgedeckt. Und das ist es wohl, was ihn so gefährlich macht. Es ist vollkommen unvorhersehbar, was er als nächstes tun würde. Doch vielleicht besitzt Luana bloß eine Chance, wenn sie auf die gleiche Weise agierte. Wenn es ihr gelingt zu verhindern, dass er weiterhin in ihren Kopf hineinsah.

,,Und was jetzt? Willst du es ihm sagen?"

Ihre Worte klingen ernüchternd. Es scheint so, als ließe Luana ihre Abwehr vor ihm fallen. Als hätte sie aufgegeben.

Der Harbinger schüttelt abwertend den Kopf und blickt mit verschränkten Armen auf das Ergebnis seiner Forschung.

,,Nein, was hätte ich schon davon sein kleines, nicht-existentes Herz mit einem weiteren Verrat von dir zu zerbrechen? Für solche Ablenkungen habe ich keine Zeit," gibt er belustigt von sich. Die Art wie er über ihren Master spricht, erfüllt seine Assistentin mit Abscheu. Alles, was er in ihm sieht, ist ein nützliches Testobjekt. Kein Wunder, dass die Puppe selbst sich als solches erachtet.

Nun wendet der Blauhaarige sich direkt an sie.

,,Du bist mir ein Dorn im Auge, Kleine. Ich werde nicht zulassen, dass dein Einmischen Einfluss auf die Parameter meiner Forschung nimmt. Daher habe ich keine andere Wahl als diesen Störfaktor zu beseitigen."

To Be Hated By HerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt