Luanas Geist hat sich inzwischen vollständig in den tiefen ihres Gedächtnisses verirrt. Was sie dort sieht, sind unzählige Erinnerungen. Sowohl Gute, als auch Schlechte.
Es scheint so als hätte sie die Verbindung zu ihrem physischen Körper verloren.
Und im Strom ihrer Gedanken besitzt Luana keine andere Wahl, als sich zunehmend darin zu verlieren. Sie lässt sich treiben. Ihre Wahrnehmung für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft wird zunehmend getrübt. Das Zeitgefühl schwindet. Ihr Sinn für die Realität wird stark beeinträchtigt.
Bilder aus lang vergangenen Kindheitstagen ziehen an Luanas innerem Auge vorbei. Erinnerungen, die sie mit ihrer Schwester teilte. Geburtstage, einsame Nächte, Momente des Glücks, bis hin zu dem einschneidendsten Ereignis in ihrem gesamten Leben. Der Augenblick, in dem sie ein Teil von sich Selbst verlor und drohte in ihrem eigenen Hass zu ertrinken.
In dem Hass, welcher bloß einem einzigen Mann gewidmet war.
Für sehr lange Zeit projizierte Luana all ihren Schmerz und Wut alleinig auf seine Existenz. Natürlich, wer könnte es ihr verübeln? Immerhin ist er ein kaltblütiger Mörder. Ein Mitglied der Organisation, welcher man bekanntermaßen einige kriminelle Machenschaften in ganz Teyvat nachsagt.
Allerdings reichte ihr Hass so weit, dass ihre einstig friedliche und ruhige Seele daran zerbrach. Luana war nahezu bereit ihre eigene Menschlichkeit aufzugeben und zu dem gleichen Monster zu werden, welches ihrer Schwester das Leben nahm.
Als sich ihr die menschliche Seele des Monsters allerdings offenbarte, war es als blicke sie in den Spiegel. Denn es scheinen die gleichen Aspekte zu sein, welche ihn einst dazu zwangen seine Menschlichkeit aufzugeben.
Hass.
Wut.
Aber vor allem Schmerz.
Plötzlich spürte Luana eine Verbindung, die sehr viel stärker zu sein schien, als alles, was sie jemals in ihrem Leben gefühlt hatte.
Wie kann es richtig sein etwas so falsches zu tun?
Wie können Gefühle für eine Person entstehen, die man hasste?
Die Wege, welche das Leben einschlägt mögen hin und wieder unergründlich wirken... aber vielleicht ist es auch eben dieses Phänomen, was immerzu als Schicksal bezeichnet wird.
Luana bereute es nicht diesen Weg eingeschlagen zu haben.
Auch wenn er letztlich mit ihrem Tod endete.
Vielleicht sollte es sie lehren, dass jeder eine zweite Chance verdiente und die meisten unmenschlichen Taten in Wahrheit lediglich aus sehr menschlichen Emotionen herrühren.
Endlich fühlte sie sich dazu bereit mit ihrem Hass abzuschließen.
Endlich war sie bereit, um ihre Schwester wiederzusehen.
,,Luana..."
Eine unbekannte Stimme durchdringt plötzlich ihr Unterbewusstsein.
,,Dein Leben ist noch nicht zu ende. Ich habe eine Aufgabe für dich. Würdest du mir helfen?"
Unfähig irgendetwas zu sagen, bemerkt Luana plötzlich wie ihre Umgebung sich zu verändern beginnt. Die zu vorige Leere mündet in ein gleißend weißes Licht hinein, ehe Luanas Sicht sich langsam klärt. Sie findet sich auf der metallenen Plattform wieder, wo sie zuvor die Wissenskapseln zerstört hatte. Weder wissend wie viel Zeit vergangen war oder wie sie überhaupt dorthin kam, bricht nun ebenfalls auch der Rest ihres neuen Umfeldes über Luana hinein.
,,Sieh an, wer hätte gedacht, dass die Welt sich so sehr auf meine 'Geburt' freuen würde?"
Es ist die Stimme des Mannes, welche ihr inzwischen so vertraut erscheint. Und dennoch würde sie nie ihre schmerzliche Wirkung verfehlen. In Kälte getränkt, von Wut und der Gier nach Macht zerfressen.
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To Be Hated By Her
FanfictionDer Grad zwischen Liebe und Hass ist sehr schmal, so sagt man... Doch in Luanas Fall kann davon nicht die Rede sein. Sie hasst den Mörder ihrer großen Schwester mit jeder Faser ihres Körpers. Dies könnte ihr allerdings früher oder später zum Verhäng...