Einige Tage sind vergangen. Und nichts ist geschehen. Zumindest nichts, was Luanas Lage irgendwie ändern würde. Seit ihrer Ankunft in Inazuma führte sie bloß stumpfsinnig die Befehle ihres Masters aus. Sie hörte auf sich mit jeglichen anderen Dingen in ihrem Kopf zu beschäftigen. Die Rachepläne sind auf Eis gelegt. Und auch sonst fühlt sich ihr Verstand nicht sonderlich lebendig an. Eine tiefdunkle Leere hatte sich darin ausgebreitet, als befände Luanas Geist sich weit unterhalb des Meeresspiegels. Kein Lärm, kein Sauerstoff, kein einziges Gefühl kommt noch an sie heran. Die Außenwelt, ja gar die Realität, scheint vollkommen von ihrer Wahrnehmung abgetrennt worden zu sein.
Es gibt jedoch eine Sache, die sich wohl nie ändern würde. Der Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit, das Zentrum allen Übels, diesen Platz nimmt nach wie vor kein geringerer als der Balladeer selbst ein. Und für Luana bietet sich schier keine Möglichkeit, um aus der gefährlichen Obhut des Harbingers zu entkommen.
So wie er sagte, ist der einzige Ausweg ihr Tod.
Das Schiff legte im Hafen von Ritou an. Wie sich herausstellte, sind die Bedingungen für die Einwanderung Fremder aus anderen Nationen sehr streng, allerdings nichts, was für die Fatui eine sonderlich große Hürde darstellte. Somit durften sie nach kürzester Zeit passieren und verließen die Stadt. Fern von der Anwesenheit anderer Menschen durchquerten sie die Landschaft. Abgesehen der Befehle, welche Scaramouche an Luana richtete, blieb jegliche Kommunikation zwischen ihnen jedoch aus.
In verschiedenen Lagern und geheimen Unterschlüpfen hielten sie sich bloß vorübergehend auf. Von den Informationen, die der Harbinger mit einigen der Soldaten austauschte, verstand Luana nur einige wenige Dinge. Und so hatte sie immerhin erfahren, dass ihr nächstes Ziel eine Fabrik für die Herstellung der teuflischen Augen war, von denen sie ebenfalls eines besitzt. Somit reisten sie zur Insel Yashiori und betraten das im Untergrund versteckte Gebäude.
Bereits, als sich die Tür vor ihnen öffnet, beschleicht Luana ein seltsam beklemmendes Gefühl. Dieser Ort ist sicher kein angenehmer. Die Räume sind finster und staubig. Eine unheimliche Atmosphäre liegt in der Luft. Und wie es zu erwarten war, ist es kein unbekanntes Gesicht, das ihnen am Ende des Flurs begegnet.
Es ist La Signora persönlich, welche die beiden mit einem unheilvollen Lächeln begrüßt, als sie den Raum betreten. Während die Dinge ihren Lauf nehmen, kann Luana allerdings lediglich daneben stehen und dem Wortgefecht lauschen, welches sich die beiden Harbinger liefern.
,,Eine heruntergekommene Fabrik und ein paar inkompetente Idioten, ist das etwa alles für mich? Wow, das wäre doch nicht nötig gewesen, my fair Lady," schnaubt der Dunkelhaarige herablassend, als er vor der blondhaarigen Frau zum Stehen kommt. Diese mustert ihn jedoch unbeeindruckt von oben bis unten. Luana hatte sich derweil entschieden diesen Austausch aus einer sicheren Entfernung zu verfolgen und blieb somit ein wenig abseits im Schatten des Balladeers zurück, um einer Konfrontation mit ihnen aus dem Weg zu gehen.
,,Welchen Gewinn ziehst du daraus deine untergeordneten Soldaten herabzusetzen? Du willst es vielleicht nicht zugeben, aber du bist ebenso ein Teil dieses Plans," seufzt die Blondhaarige daraufhin kühl, ,,möglicherweise hältst du die Kämpfe im Abgrund für einen sinnvolleren Nutzen deiner Zeit? Oh, aber natürlich verblasst selbst dies im Vergleich zu den Experimenten, welche der Doktor an dir durchführt."
Scaramouche lacht trocken auf. Von solch einem direkten Angriff würde er sich doch sicher nicht irritieren lassen.
,,Was für eine scharfe Zunge du doch hast. Wie komisch, dass deine Stärke noch nie im Verhandeln lag. Für die bevorstehende Aufgabe, schlage ich vor, du behältst deine wahren Gefühle für dich."
Mit verschränkten Armen starrt er seinem Gegenüber direkt in die Augen. Abschätzend. Luana kann seinen Gesichtsausdruck aus ihrem Blickwinkel zwar nicht erkennen, allerdings scheint er seine Wirkung nicht zu verfehlen. Denn der achte Harbinger wendet den Blick nun von ihm ab und schnaubt genervt.
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To Be Hated By Her
FanfictionDer Grad zwischen Liebe und Hass ist sehr schmal, so sagt man... Doch in Luanas Fall kann davon nicht die Rede sein. Sie hasst den Mörder ihrer großen Schwester mit jeder Faser ihres Körpers. Dies könnte ihr allerdings früher oder später zum Verhäng...