11 - Das Feuer in ihren Augen

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Kalt.

Es ist so unendlich kalt.

Luana verfügt über kein Gefühl mehr in ihren Gliedmaßen. Besitzt sie überhaupt noch einen Körper?

Fühlt sich so der Tod an?

Leere und Dunkelheit sind alles, was sie umgeben. Doch die Stille bringt auch etwas Gutes mit sich. Frieden. Keine schmerzhaften Erinnerungen mehr. Keine schrecklichen Gefühle, die von ihrem Hass zehren.

Nichts.

Bloß die wohltuende und unausweichliche Ruhe, welche jedes Fünkchen der Wahrnehmung unter einer dicken Schicht der Finsternis begräbt.

Allerdings währt dieser Frieden nicht sehr lange.

Eine Stimme. Sie klingt gedämpft. Als befände Luana sich in einem anderen Raum. Diese Stimme würde sie jedoch unter tausenden wiedererkennen. Sie hatte Luana immerzu ein Gefühl der Sicherheit gegeben. Ein Gefühl der Wärme.

Mai.

Das Knarren einer Tür erklingt. Luana versucht sich zu bewegen, aber nichts geschieht. Noch immer wird sie von vollkommener Dunkelheit verschlungen.

,,Hey Lu, ich bin wieder Zuhause."

Plötzlich dringt die Stimme ihrer Schwester kristallklar zu ihr durch.

,,Lu? Wo steckst du?" fragt Mai in die Finsternis hinein.

'Ich bin hier', würde Luana in diesem Augenblick nur zu gerne sagen, doch kein Wort verlässt ihre Lippen. Weder kann sie ihre Schwester sehen, noch erkennen woher ihre Stimme überhaupt stammt. Sie ist wie gefesselt. Zur vollkommenen Stille gezwungen. Die zuvor angenehme Ruhe verwandelt sich in einen schrecklichen Alptraum.

,,Hmm, sie scheint nicht hier zu sein," erklingt die Stimme erneut. Dann Schritte.

Nein. Luana versucht nach ihr zu rufen, zu schreien, sie auf sich aufmerksam zu machen. Dunkelheit. Nichts als Dunkelheit. Was geschieht hier?

Tränen rinnen ihre Wangen hinab.

Kälte. Ihr Herz wird in eisige Kälte gehüllt.

Sie ist alleine.

Schon wieder.

Ohne Vorwarnung wird Luanas Blickfeld in gleißendes Licht gehüllt. Es sieht aus als würde sich eine Tür direkt vor ihren Augen öffnen. Endlich werden ihre Sinne wiederbelebt.

,,Dachte ich es mir doch, dass du dich hier versteckt hast," lächelt Mai breit und sieht zu ihr herunter. Die weichen Gesichtszüge. Die kleinen Grübchen um ihren Mund herum, wenn sie ihr dieses Lächeln schenkte. Und nicht zu vergessen, der liebevolle Ausdruck in ihren Augen. Es handelt sich ohne Zweifel um ihre Schwester.

,,Na komm." Sie streckt Luana ihre Hand entgegen. ,,Ich habe alle Zutaten besorgt, um dein Lieblingsessen zuzubereiten. Du kannst mir dabei helfen."

...

,,Luana! Hey, wach auf!"

Dies ist definitiv nicht Mai's Stimme. Sie versucht an dem Bild von ihr festzuhalten. Doch es hat keinen Sinn. Die andere Person wird energischer, ihre Stimme lauter.

Und so kommt Luana endlich zu sich. Ein bekanntes Augenpaar starrt direkt in ihres und lässt sie erschrocken die Luft einziehen. Es dauert einen Moment, ehe Luana versteht was zuvor geschehen war. Nun erinnert sie sich auch wieder an den herabstürzenden Ast. Sie muss das Bewusstsein verloren haben.

To Be Hated By HerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt