15 - Ein Leid zu ihrem Vorteil

242 25 8
                                    

Das Fatui Camp nahe der Grenze von Liyue erreichen Luana und Scaramouche kurz nach Einbruch der Dunkelheit. Überraschendweise fordert der Harbinger mit ihrer Ankunft sofort einen der Agenten auf, die Verletzung seiner Assistentin zu behandeln und ihr ein Zelt zum Schlafen bereitzustellen.

Nach zwei nervenaufreibenden Tagen befindet Luana sich somit zum ersten Mal nicht unter der Aufsicht ihres Masters. Diese wenigen freien Stunden hätten jedoch auch deutlich angenehmer ausfallen können, wenn nicht ein jeder Fatui Soldat sie mit verächtlichen Blicken Strafen würde. Stellt sich heraus, dass auch an diesem Ort ihr Werdegang in der Organisation bekannt ist. Die meisten von ihnen arbeiten sicherlich bereits seit mehreren Jahren in den unteren Rängen und werden dementsprechend seitens des Balladeers wie unwichtiges Nutzvieh behandelt. Sie halten Luanas hohe Position für unverdient und ungerecht. Und dies bekommt sie nun auch mehr als deutlich zu spüren.

,,Glaub bloß nicht, dass du von mir eine Sonderbehandlung bekommst, nur weil du das Schoßhündchen eines Harbingers bist."

,,Tu es einfach," schnaubt Luana genervt. Der Geo Plänkler ihr gegenüber taucht einen Stofffetzen in eine durchsichtige Flüssigkeit, bei der es sich höchstwahrscheinlich um Alkohol handelt. Dann drückt er den Stoff auf die tiefe Fleischwunde an ihrer entblößten Schulter. Unweigerlich ballt sie ihre Hände zu Fäusten. Das Brennen ist wirklich übel, jedoch hatte Luana bereits schlimmere Schmerzen überstanden.

Anschließend zückt der weißhaarige Mann Nadel und Faden. Das Metall der Nadel erhitzt er über einer brennenden Kerze und im nächsten Schritt näht er ihre Wunde mit groben Stichen zusammen. Luanas Augen liegen unentwegt auf der Nadel, welche immer wieder ihre Haut durchsticht. Doch statt Schmerzen spürt sie nun bloß Taubheit. Zuletzt wickelt er großzügig einen Verband um ihre Schulter und Brust, um das Ganze zu stabilisieren.

,,Keine ruckartigen Bewegungen, sonst können die Nähte aufreißen," weißt der Fatui Soldat sie an und legt das Verbandsmaterial zur Seite. Luana nickt.

,,Danke."

Der Mann würdigt sie keines weiteren Blickes, als er von seinem Stuhl aufsteht und die restlichen Utensilien wegräumt. Dies erachtet sein Gegenüber als Aufforderung zu gehen. Also zieht Luana vorsichtig ihre Kleidung über die Schulter und verlässt das Zelt ohne ein weiteres Wort.

Sofort weht ihr der Geruch von Rauch und Essen entgegen. Über dem Grillfeuer im Zentrum des Camps hängt ein brodelnder Kochtopf.

Es gibt immer ein Licht am Ende des Tunnels, so sagt man.

Mit knurrendem Magen stellt sich Luana an der kleinen Schlange an, welche sich vor dem Feuer gebildet hat. Selbst der abwertende Blick der Cicin Zauberin, als sie ihr die Schüssel mit Eintopf überreicht, kann ihr nun nicht mehr die Vorfreude auf das Essen nehmen. Als sie jedoch nach dem Löffel greifen will, lässt ihr Gegenüber ihn früher los, sodass er vor ihre Füße fällt.

,,Oh, das tut mir wirklich leid," grinst die grünhaarige Frau daraufhin gehässig, weshalb Luana bloß mit den Augen rollt und den Löffel vom Boden aufhebt. Wenn sie tatsächlich denkt, dass sie deswegen eine Szene machen und noch größere Ungunst auf sich ziehen würde, ist sie wirklich noch dümmer, als erwartet.

Diesmal bemerkt Luana, dass ihre Gedanken wirklich ein wenig denen ihres Masters ähneln. Aus irgendeinem Grund beunruhigt sie diese Tatsache momentan jedoch herzlich wenig, viel mehr treibt es sogar ein kleines Lächeln auf ihre Lippen.

Nahe des Feuers lässt sie sich schließlich auf einem Baumstumpf nieder, um sich ihrem Essen zu widmen. Ihr gegenüber sitzen drei weitere Fatui Plänkler, welche ihr während dem essen hin und wieder verstohlene Blicke zuwerfen und lachend ein paar Worte austauschen. Diese ignoriert Luana allerdings gekonnt und konzentriert sich ganz auf das angenehme sättigende Gefühl in ihrem Magen, was ihren Hunger nach und nach vertreibt. Sie fragt sich, was Scaramouche in diesem Moment wohl tun mag. Immerhin konnte sie ihn seit einer Weile nirgendwo im Camp entdecken. Womöglich ruht er sich in seinem Zelt aus? Luana schüttelt diesen Gedanken jedoch möglichst schnell wieder ab. Sie sollte sich wirklich nicht auch noch in ihrer freien Zeit mit ihm befassen.

To Be Hated By HerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt