39 - Ein Abschied seiner Gefühle

218 25 10
                                    

Gedankenversunken lässt Scaramouche seinen Blick durch den Raum schweifen. Noch immer befindet er sich im Versuchslabor des Doktors.

Il Dottore hatte sich mit seinen grausamen Methoden mal wieder selbst übertroffen. Er spürt den brennenden Schmerz in seinem Rücken, welcher von dort aus durch seinen gesamten Körper pulsiert weiterhin. Solange es ihn allerdings zu seinem Ziel führt, spielen die Konsequenzen für den Balladeer keine Rolle.

Nur das Ergebnis zählt.

Wäre da jedoch nicht die schwache Stimme in seinem Hinterkopf, welche etwas anderes behauptet. Oder viel mehr... ein schwacher Atem.

Eine leichte Berührung zieht seine Aufmerksamkeit sich. Luanas Kopf ist auf seine Schulter hinab gesunken. Ihr warmer Atem streift über seine nackte Haut.

Sie ist eingeschlafen.

Normalerweise würde er ein respektloses Verhalten, wie dieses, ihm gegenüber niemals dulden, doch statt einer wütenden Grimasse, schleicht sich nun lediglich ein Lächeln auf sein Gesicht. Die verhärtete Miene des Harbingers löst sich auf. Seine Schmerzen verblassen im Hintergrund.

Ein Moment des Aufatmens. Des Friedens. Ein Blick in seine Gefühlswelt, welche er zumeist vor allen versteckt hält.

Ebenso wie auch Schatten und Licht voneinander abhängig sind, so sind die Schicksale von dem Menschen und der Puppe unwiderruflich miteinander verbunden. Noch immer ist Scaramouche nicht über seine Verlustängste hinweg. Diesmal allerdings hatte er sich abgesichert. Seine Assistentin ist nicht mehr in der Lage ihm zu entkommen.

Letztlich ist er doch zu egoistisch, um ihre Gefühle zu berücksichtigen. Um das zu tun, was für sie am besten wäre.

Die Augen des Balladeers ruhen weiterhin auf dem Gesicht Luanas. Die Art, wie es sich an seine Schulter schmiegt. Der leicht geöffnete Mund. Ihr flacher Atem. Sein Schmunzeln wird größer.

Wie kann sie an einem Ort wie diesem, trotz seiner Anwesenheit einfach so einschlafen?

Ist es nicht komisch, dass sie nach allem was geschehen ist... nach allem, was er ihr angetan hatte, die Einzige ist, welche ihn weiterhin wie einen Menschen behandelt? Dass sie ihn nicht mehr als das Monster ansieht, was er offensichtlich ist?

Nicht einmal sein Äußeres konnte Luana abschrecken.

Sie fragte ihn sogar, ob er Angst hatte.

Diese Frau verpasst wirklich nie eine Gelegenheit, um ihn zu irritieren. Aber das ist es vermutlich auch, was sie so sehr von anderen Menschen unterscheidet.

Der Harbinger schüttelt langsam mit dem Kopf. Er versucht all die störenden Gedanken aus seinem Geist zu vertreiben. Nichts würde ihn davon abhalten können zum Archon zu werden.

Nicht einmal sie.

Allerdings muss er sich eingestehen, dass es ihm in ihrer Nähe schwerer fällt sich auf sein Ziel zu konzentrieren, als für gewöhnlich. Er sollte etwas mehr Abstand nehmen, solange die Transformation noch nicht vollständig abgeschlossen ist.

Wenn es vorüber ist, werden diese lästigen Emotionen endlich verschwinden. Dann ist er in der Lage sich mit all den wichtigen, neuen Aufgaben zu befassen, welche ihm bevorstehen.

Mit einer neuen Ära in der Geschichte Sumerus.

Vorsichtig entfernt der Dunkelhaarige nun Luanas Kopf von seiner Schulter und legt ihren Körper sanft auf dem Metalltisch ab, ehe er aufsteht. In einem Anflug von Schwermut betrachtet er schließlich das friedliche Gesicht seiner Assistentin.

Plötzlich fühlt es sich wie ein Abschied an.

'Davon, dass du nicht mehr du selbst sein wirst, wenn du die göttlichen Wissenskapseln verwendest.'

To Be Hated By HerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt