,,Na, wen haben wir denn da? Du hast dich also dazu entschieden mir freiwillig erneut unter die Augen zu treten."
Luana atmet tief durch und schließt die Tür hinter sich. Dann tritt sie an den Schreibtisch heran, woran der Balladeer sitzt und gelangweilt ein paar Dokumente überfliegt. Nicht Mal eines Blickes hatte er sie gewürdigt, als Luana die Tür öffnete. Und auch jetzt ruhen seine Augen weiterhin auf den Unterlagen vor ihm. Doch ihr sollte es Recht sein. Nun führte sowieso kein Weg mehr daran vorbei dem Harbinger die Worte mitzuteilen, welche sie sich bereits im Kopf zurecht gelegt hatte.
,,Du hast gewonnen," spricht Luana daher gerade heraus. Diese plötzliche Kapitulation verfehlt ihre Wirkung nicht. Zumindest scheint sie für ihren Gegenüber interessant genug zu sein, um ihr endlich seine Aufmerksamkeit zu schenken.
,,Ich gebe auf."
Scaramouche mustert ihre zierliche Gestalt von oben bis unten. Seine Gesichtszüge vollkommen verschlossen, der Blick in Kälte gehüllt.
,,Ist das so?" fragt der Dunkelhaarige sie daraufhin lediglich mit hochgezogenen Augenbrauen.
,,Ich werde die Fatui verlassen," erklärt Luana ihm mit einer ebenso undurchdringlichen Miene, ,,und damit für immer aus deinem Leben verschwinden."
Der Blick des Balladeers gibt keine einzige Emotion preis. Er tastet sich für einen Moment ihr Gesicht entlang. Prüfend, um herauszufinden, ob sie die Wahrheit spricht. Als er sich dessen versichert hat, bricht der Harbinger plötzlich in Lachen aus. Es verhallt schmerzhaft laut in Luanas Gedanken und verpasst ihrem Herzen einen Stoß. Als er schließlich wieder verstummt, sieht er ihr direkt die Augen.
,,Wie kommst du bitte darauf, dass ich dich einfach so gehen lassen würde?"
Ein Hauch von Unsicherheit wandert über das Gesicht seines Gegenübers. Es ist kaum zu übersehen. Die Überzeugung seiner Assistentin beginnt langsam zu bröckeln.
,,Was? Aber... nach allem, was zwischen uns geschehen ist, kannst du doch unmöglich wollen, dass ich weiterhin deine Assistentin bleibe?" fragt Luana ihn vollkommen verständnislos. Nachdem sie die letzten Wochen dauerhaft in seiner Nähe verbrachte und der Harbinger sie allmählich näher an sich heranließ, glaubte sie eigentlich daran, dass immerhin ein kleiner Teil seiner Persönlichkeit keine Lüge war. Dass sie sich nicht in seinen Augen geirrt hatte. Und, dass er zumindest ein klein wenig Verständnis für ihre Entscheidung haben würde. Aber da lag sie wohl falsch. Scheinbar ist sein gesamter Geist noch viel instabiler, als Luana sich hatte vorstellen können. Sein Verstand befindet sich nun kaum mehr nahe der Realität. Seine Welt unterscheidet sich mehr der ihrer, als jemals zuvor.
Und jedes Mal, wenn sie in diese wahnsinnigen und kaltblütigen Augen sieht, verfestigt sich ihre Meinung bloß noch mehr.
,,Oh Luana... meine süße, naive Luana," schmunzelt der Dunkelhaarige nun, während er sich von seinem Stuhl erhebt, ,,unsere gemeinsame Zeit hat doch gerade erst richtig begonnen."
Luana schluckt hart, als Scaramouche hinter dem Tisch hervor tritt. Ihre Kapitulation war keine Lüge. Kein neuer cleverer Schachzug, um seine Pläne zu zerstören. Nein. Nachdem Luana die ganze Wahrheit hinter Mais Tod erfahren hatte, wurde ihr klar, dass ihre Schwester sich dieses Leben sicher nicht für sie gewünscht hätte. Ein Leben in totaler Kontrolle, ohne Entscheidungsfreiheit oder eigenen Willen. Wann hatte sie sich bitte dazu entschlossen all ihre Freiheiten, um die Mai sie beneidete, aufzugeben?
Es mag eine reichlich späte Erkenntnis sein... jedoch hat Luana verstanden, dass es an der Zeit ist loszulassen. Und dies würde ihr nur gelingen, wenn sie sich aus den Fängen des Balladeers befreite und sich nie wieder nach ihm umdrehte.
DU LIEST GERADE
To Be Hated By Her
FanfictionDer Grad zwischen Liebe und Hass ist sehr schmal, so sagt man... Doch in Luanas Fall kann davon nicht die Rede sein. Sie hasst den Mörder ihrer großen Schwester mit jeder Faser ihres Körpers. Dies könnte ihr allerdings früher oder später zum Verhäng...