»Zehn Minuten noch! Wir sind zu langsam!«, schrie Minho.
Die Zeit zerfloss uns fast in den Fingern. Den ganzen Weg, den wir über den Tag zurückgelegt hatten, mussten wir nun sprinten. Ich zweifelte, dass wir das überleben würden. Wenn sich die Mauern schlossen, dann waren wir hier eingesperrt und wie Minho so schön sagte, noch nie hatte jemand eine Nacht da draußen überlebt. Ich wollte weder die erste sein, noch wollte ich sterben. Mein Blick klebte immer wieder für ein paar Sekunden auf Ben, der immer mal wieder zurückfiel, dann aber doch aufholte. Ich sah ihm deutlich an, dass er nicht mehr lange durchhalten konnte. Auch Minho schien Bens sonderbares Verhalten bemerkt zu haben, denn auch er schielte immer wieder nach hinten zu Ben.
»Scheiße, Minho, ich klatsch dir gleich eine! Hör auf zu gaffen und renn lieber!«, blaffte er, als Minho ihn zum wiederholten Male besorgt musterte. Schnell wandte er seinen Blick wieder nach vorne und lotste uns um eine Ecke. Aus dem Augenwinkel sah ich immer mal wieder Efeuranken auf dem Boden liegen. Wir mussten dem Ausgang näher sein, als wir dachten.
Minho holte tief Luft und rannte schneller. »Verdammt, schneller! Wir sprinten jetzt! Es ist nicht mehr weit! Von hier müssen wir noch zwei Mal rechts, einmal links, einmal rechts und dann sind wir auch schon im letzten Gang! Und jetzt LOS!«
Sofort wusste ich, dass er das wegen mir sagte. Die beiden Jungs kannten sich hier ja aus, ich aber nicht. Und ich war schneller als sie, wenn ich wirklich schnell rannte. Aber falls Minho jetzt wirklich dachte, ich wäre zu feige und würde sie zurück lassen, dann hatte er sich geschnitten und zwar gewaltig.
Unsere Füße schlugen hart auf dem Steinboden auf, Staub wirbelte rechts und links auf, nach jedem Schritt, den wir machten. Mir tat inzwischen alles weh. Der Muskelkater von gestern machte die ganze Sache auch nicht viel besser. Immer wieder sog ich neue Luft in meine Lungen. Ich hatte das Gefühl, nicht richtig atmen zu können. Unsere Zeit war knapp bemessen und ich wurde den schrecklichen Geschmack nicht los, dass wir es nicht rechtzeitig schafften.
Ein leises unscheinbares Klackern ließ mich aufhorchen. Suchend wandte ich meinen Kopf in diverse Richtungen, sah aber nichts, außer Leere. Doch da – plötzlich tauchte ein wulstiges Wesen, voller Schleim und Glibber hinter einer der Ecken hervor. Meine Augen weiteten sich, blanke Panik zerfraß mir die Gehirnzellen. Ein Griewer. »Oh mein Gott«, hauchte ich. »MINHO?!«
»Was?!«, blaffte er mich an, doch als er zurückblickte, klappte ihm der Mund auf. »Oha ... scheiße! LAUFT!«
Verdammt, dachte ich angespannt. Das schafften wir niemals. Doch da kam mir eine Idee. Eine absolut hirnrissige Idee, die einem Selbstmordkommando glich, aber es war eine verdammte Idee. »Bring Ben auf die Lichtung. Lass ihn untersuchen.«
»Was hast du vor?!«, fragte er, während wir zu dritt nebeneinander her sprinteten.
»Ich verschaffe euch Zeit.«
»Frischling – nein!«
»Frischling, doch.« Damit ließ ich mich zurückfallen und drehte den Jungs meinen Rücken zu. Einen Teil des Weges joggte ich zurück und dann war er da: Groß, schleimig und verdammt nochmal richtig schnell. Er kam mit rasender Geschwindigkeit auf mich zu gesaust. Ich kniff die Lippen zusammen und bereute meine Entscheidung augenblicklich. Die Idee war absolut saublöd. Trotzdem schluckte ich meine Angst runter.
»Wenn du mich haben willst, dann musst du mich erstmal kriegen, du fettes widerliches Vieh!«, schrie ich dem Griewer entdecken. Oh, und ob er mich kriegen würde. Direkt neben mir ging ein Gang zurück ins Labyrinth. Ich riss meinen Dolch aus der Halterung der Lederweste, drehte mich um und sprintete los. Im Anbetracht der Tatsache, dass sich die Tore schon bald schließen würden und mir ein Griewer dicht auf den Fersen war, standen meine Chancen zu Überleben nicht gerade gut. Immer wieder ließ ich die scharfe Klinge über den Efeu gleiten und hoffte inständig, später den Weg wieder zu finden. Jetzt konnte ich aber einfach nur sprinten. Ob und wie ich rauskommen wollte, darüber konnte ich mir später Sorgen machen.
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RUNNERS - Wir sind nie sicher ✔
FanfictionTRILOGIE | BAND 2 ❛❛ »Ich weiß nicht, was die da draußen machen, aber das will ich auch.« »Du hast keine Ahnung, wovon du redest«, knurrte Chuck und rollte sich auf die andere Seite. »Jetzt schlaf.« Ich war völlig überzeugt davon, ob...