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Der Geruch von Regen vermischte sich mit dem Gestank von einem ungewaschenen Körper, altem Urin und Eiter. Ich hielt mir die Nase zu und atmete ganz leise durch den Mund. Aus meinem Versteck beobachtete ich einen Griewer, der auf und ab lief. Das ging nun bestimmt schon eine halbe Stunde so. Er war einfach nicht wegzukriegen, fast so, als konnte er meine Angst riechen und wollte deshalb nicht weg.

Weit war ich nicht gekommen. Nun gut, ich musste mich auch zuerst orientieren, wohin ich überhaupt musste. Okay, ich musste zu Sektion sechs, weil sie sich heute in der Nacht öffnete, aber wie ich dahin kam, konnte ich noch nicht sagen. Hoffentlich leitete mich das Schicksal für den Anfang, bis ich mich wieder zurechtfand. Logischerweise rannte ich blindlinks los, als die Mauern sich geschlossen hatten. Absolut durchdacht war das von mir, sonst wäre ich ja nicht ich.

Während ich den Griewer dabei beobachtete, wie er nun schon zum hundertsten Mal den Gang hoch und runter lief, entdeckte ich hinter einer anderen Ecke einen zweiten Griewer. Beinah hätte ich laut aufgestöhnt, konnte mich aber gerade noch so beherrschen. Ein Ton von mir und ich war so tot wie der Tod persönlich. Die Griewerspikes klackerten über den Boden, an mir vorbei und dann – dann war es plötzlich ruhig.

Ich horchte bestimmt zwei Minuten in die Stille hinein und wartete auf Anzeichen, dass der Griewer zurückkam, doch nichts geschah. Ganz langsam rutschte ich aus meinem Versteck, um den Gang besser sehen zu können. Keine Spur von Griewer eins und Griewer zwei. Um sicher zu gehen, dass ich nun wirklich alleine war, drehte ich mich auf den Rücken, um nach oben zu sehen und hätte beinahe laut aufgeschrien.

Gelbgrüner Griewerschleim tropfte von der Wand und war kurz davor mein Gesicht zu treffen. Blitzschnell schob ich mich wieder unter den Mauervorsprung, unter dem ich nun schon eine ganze Weile zusammengekauert an die Wand gepresst lag. Mein Herz trommelte wie wild gegen meine Brust und drohte dort zu zerspringen. Ich war also doch noch nicht alleine.

Die Griewerspikes klackerten kaum zwei Sekunden später über den harten Steinboden, ganz dicht an mir vorbei. Scheiße, hätte ich nur eine Sekunde länger geschaut, dann wäre ich jetzt vermutlich Abendessen eines Griewers geworden.

Frustriert drehte ich mich auf den Rücken, den Rucksack legte ich so, dass es mir nicht wehtat. Das lief gerade definitiv nicht nach Plan. Eigentlich sollte ich schon über alle Berge sein, aber der Griewer spürte meine Anwesenheit wohl ein bisschen zu sehr. Statt also Sektion sechs erkunden zu können steckte ich weiter hier fest.

༻༺

Mir tat jede einzelne Zelle meines Körpers weh, als ich meine Augen aufschlug. Ich musste wohl eine Zeit lang eingenickt sein. Jetzt war kein Ton mehr zu hören. Die Stille konnte mich mal kreuzweise. Vorhin, als es still war, klebte der Griewer quasi direkt über mir. Ganz vorsichtig schob ich mich ein Stück aus meinem Versteck. Blitzschnell sah ich nach oben. Nichts. Mein Herz machte einen erleichterten Satz. Rechts und links von mir, ebenfalls nichts.

Ich hatte freie Bahn.

Sofort schob ich mich vollständig aus meinem Versteck, kam taumelnd auf die Füße und bevor ich losrannte, schüttelte ich meine Körperteile aus. Alles war ganz steif vom Ewigen herumliegen auf dem harten Boden. Kaum war alles wieder gelockert, sprintete ich los, dabei versuchte ich so leise zu rennen, wie nur möglich.

An jeder Ecke hielt ich vorsorglich an, spähte in den neuen Gang und erst, als ich mir sicher war, dass ich weiterhin alleine war, rannte ich weiter. Während ich durch die Gänge joggte, entschied ich mich um. Sektion sechs war heute so oder so offen. Ich musste jetzt zu einer Sektion, die ansonsten geschlossen war. Schwach erinnerte ich mich, dass ich ziemlich in der Nähe von Sektion sieben sein müsste. Bis zur Sechsten wäre es noch ein weiter Weg, aber die Sieben lag näher. Statt also die nächste nach rechts abzubiegen, rannte ich nach links. Wenn mich mein Gefühl nicht täuschte, war ich auf dem richtigen Weg.

RUNNERS - Wir sind nie sicher ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt