13 | Jasper

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Alea zu sehen war ein sehr schönes Gefühl.

Zu wissen, dass sie aber nicht mich sah, sondern einen fremden Jungen, tat weh.

Ob es jemals wie früher werden konnte? Bevor wir diesen ganzen Horror mitmachen mussten? Ich wusste es nicht. Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Mir machte das Vielleicht ein bisschen Angst. Was, wenn sie uns keine Chance geben konnte, weil sie mich nicht mehr liebte? Wie sollte ich sie dann noch von uns überzeugen? Wenn nicht ... es gäbe nicht einen Tag, an dem ich aufhören würde, sie zu lieben.

Sie war mein Ein und Alles, egal, ob wir wieder zueinander fanden oder nicht. Ich liebte sie.

Schon mehrfach wollte ich mich zu ihr setzen und mit ihr reden. Sie war so in Gedanken versunken, dass hin und wieder einzelne Tränen über ihre Wange liefen. Mit ihrer Trauer kamen auch bei mir die Bilder zurück: Das Leid, dass Janson und Erik ihr zufügten, die Schmerzen, die Wut, die Tränen. Sie brauchte eigentlich eine ganz feste Umarmung, aber sie starrte nur vor sich hin und machte mal wieder alles mit sich selbst aus, wie immer, wenn sie nachdenklich war.

Jeder, der ihr zu nahekam, wurde mit bösen Blicken abgeworfen. Keiner traute sich näher an sie heran, als sie es zuließ. Ich sah den Jungs an, dass sie mit Alea reden wollten, aber ich sah auch, dass Alea nicht reden wollte. Auch ich verlor mit der Zeit meinen Mut. Was, wenn sie mich nicht mehr brauchte? Nein - sie hatte mich noch nie gebraucht, um zu leben. Sie wollte mit mir ihre Zeit verbringen, nicht weil sie jemanden brauchte, sondern weil sie sich verliebt hatte. Das war ein Unterschied.

Ich stieß einen tiefen Seufzer aus und akzeptierte gleichzeitig, wie sich meine Brust schmerzhaft zusammenzog, als ich wieder in ihre Nähe kam. Sie würdigte mir nicht einen Blick. Verstohlen wischte ich mir eine Träne aus dem Augenwinkel. Ich rief mir immer wieder in den Kopf, dass man mich gewarnt hatte. Es war meine Entscheidung, hier zu sein und es war meine Entscheidung das alles über mich ergehen zu lassen. Es gab nichts, dass ich nicht tun würde, um sie wieder zurück zu gewinnen, ihre wunderschönen Augen zum Strahlen zu bringen, ihr die schönste Zukunft schenken, die sie sich nur erträumen konnte.

Minho schlenderte an mir vorbei, nickte mir freundlich zu und setzte sich Alea dann gegenüber. Er war niemand der anderen. Er hatte keine Angst vor diesem Engel. Doch als er sich vor sie setzte, zuckte sie kaum merklich zusammen. Ich wollte hingehen und sie in den Arm nehmen. Ihr sagen, dass alles gut werden würde, dass es wirklich einen Ausgang gab.

Newt riss mich aus meinen Gedanken, als er mir freundschaftlich gegen meine Schulter boxte. Fragend sah ich ihn an. Hatte das ehrlich sein müssen? Sanft rieb ich über die Stelle die er getroffen hatte. Auch wenn er nicht so aussah, er war verdammt stark.

»Was'n das für ein trübes Gesicht, Frischling? Was ist los?«, wollte er wissen. Er klang fröhlich und unbeschwert, klar, ihn plagten nicht die gleichen Gedanken wie mich. Wir wollten alle hier raus, aber er musste nicht täglich mit einer ehemaligen Liebe konfrontiert werden, bei der er wusste, es könnte nie wieder so sein, wie es mal war.

»Nichts«, murmelte ich leise. Es war nichts, was ich mit Newt besprechen wollte. Oder mit sonst irgendwem außer Alea.

»Aja. Und dein ›Nichts‹ sitzt da drüben und quatscht grade mit Minho, stimmt's oder hab ich recht?«

Statt zu antworten, verdrehte ich meine Augen. Reden wollte und konnte ich jetzt nicht. Ich musste mit Alea reden ... bald. Bisher schob ich es nur vor mir her, aber ich wusste, dass bald die Zeit kommen musste. Länger als nötig würde ich jedenfalls nicht warten.

»Keine Antwort, ist auch eine Antwort, Mann. Komm, wir lassen die beiden mal in Ruhe. Alea sieht gerade nicht so aus, als wollte sie mit jemanden reden. Minho scheint das egal zu sein, aber er ist schon groß. Wenn er das will, soll er doch. Ich halte ihn sicher nicht auf.« Newt zog mich an meinem Arm mit sich und somit weg von Alea und Minho, die sich gerade ganz leise unterhielten. Wenn ich richtig sah, dann weinte Alea.

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