Gestern verbrachten wir regelrecht Stunden damit, jedes Eck von Sektion sieben aufs Genauste zu durchkämmen. Die mühsame Arbeit schien sich jedoch nicht gelohnt zu haben: Obwohl wir sogar zu viert unterwegs waren, landeten wir immer wieder in einer Sackgasse nach der nächsten.
Auch heute wollte ich mich wieder Sektion sieben widmen. Weder Ben, noch Minho wussten so genau, ob sie mir folgen wollten oder nicht. Noch hatten sie Zeit, aber die Mauern öffneten sich jeden Moment.
Müde lehnte ich mit dem Rücken an Jaspers Brust. Seine Hände ruhten auf meiner Hüfte. Wir standen etwas abseits, um unsere Ruhe zu haben, bevor mein Arbeitstag begann. Gedankenverloren schmiegte ich mich an ihn. Wann wir wohl dazu kamen, uns über das Vergangene zu unterhalten? Zwar waren seine Erklärungen für mich sinnvoll, jedoch klaffte zwischen uns immer noch ein Abgrund; ein kleiner, aber er war noch da. Ob es jemals wie früher werden konnte und ob ich meine Vorurteile endlich zurückstecken konnte? Als er mir erklärte, wie es ihm erging, da glaubte ich ihm ja schließlich auch. Nur, ich wollte es langsam angehen lassen. Vielleicht sollte ich dieses Vorhaben einfach über den Haufen schmeißen und zulassen, dass wir gemeinsam daran arbeiteten.
Ich drehte mich in seinen Armen zu ihm um. Grinsend neigte er den Kopf zur Seite. »Was ist los?«, fragte er leise. Sein Flüstern strich sanft über meinen Hals und sandte Schauer über meinen Rücken. Statt ihm zu antworten, schlang ich meine Arme um seinen Bauch und drückte meine rechte Wange gegen seine Brust. Sein Herz schlug beruhigend gegen seinen Brustkorb und spendete mir für den Moment Sicherheit.
Jasper lehnte sein Kinn an meinem Kopf ab und lachte leise, als ich einen seligen Seufzer ausstieß. Vielleicht wusste er ja auch, wie sehr er mir eigentlich fehlte. Nur wollte ich das bisher entweder nicht wahrhaben oder ich vertraute mir selbst nicht mehr. Aber diese Umarmung – ich hatte sie gebraucht. Sie fühlte sich an, wie ein frischer Atemzug in einer lauwarmen Sommernacht, vollkommen und frei. Ein Atemzug, den ich schon lange nicht mehr spürte.
Das war unsere Chance, unsere Vergangenheit, das, was kaputt war, gemeinsam zu reparieren. Ich spürte, wie mich die Umarmung viel ruhiger werden ließ. »Du hast mich nie aufgegeben und ich bin dir dafür so dankbar«, flüsterte ich. Langsam löste ich mich ein Stück und sah ihm in die Augen. Diese verdammten Augen, die so blau waren, wie das Meer ... diese verdammten Augen, in denen ich mich so gerne verlor.
Jasper fuhr mit seinem Zeigefinger meine Konturen nach, betrachtete mein Gesicht so, als hätte er es noch nie gesehen oder wollte es sich besonders gut einprägen. Als seine Fingerspitze über meine Lippe strich, erschauderte ich wohlig.
»Jasper?«
»Ja?«
»Küss mich.«
Und er tat es. Ich spürte seine weichen Lippen auf meinen, zum ersten Mal seit einer halben Ewigkeit. Die Schmetterlinge in meinem Bauch tobten umher, die Welt um mich herum verschmolz zu einem einzigen Gedanken, den ich für immer festhalten wollte: Jasper und ich, gegen den Rest der Welt. Ich vergrub meine Finger in seinen weichen Haaren und lehnte mich an ihn. Er schmeckte nach Sehnsucht. Nach Sommer. Nach Liebe. Dieser Kuss bedeutete mir so viel, zugleich löste er Glücksgefühle in mir aus, die ich schon so lange nicht mehr spüren konnte.
Minho räusperte sich lautstark. Sofort fuhren wir auseinander, auch wenn es mir schwer viel. »Habt ihr's dann?« Minhos Stimme klang amüsiert, aber auch hart. Ich wusste, dass es an der Zeit war, arbeiten zu gehen.
»Nein«, murrte ich und schlang meine Arme erneut um Jaspers Bauch. Zwar hatte ich mir die Stelle als Läuferin hart erkämpft, aber jetzt wollte ich nichts lieber als bei Jasper sein.
»Meine Fresse, ihr zwei Strünke könnt einem wirklich auf die Nerven gehen. Abschiedskuss und dann los! Wir müssen jetzt gleich rennen.« Mit einem Kopfschütteln trat Minho an das Labyrinth, beobachtete uns zwei aber weiterhin.
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RUNNERS - Wir sind nie sicher ✔
FanfictionTRILOGIE | BAND 2 ❛❛ »Ich weiß nicht, was die da draußen machen, aber das will ich auch.« »Du hast keine Ahnung, wovon du redest«, knurrte Chuck und rollte sich auf die andere Seite. »Jetzt schlaf.« Ich war völlig überzeugt davon, ob...