24 | Alea

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»Jeff? Wie siehts aus?« Newt klang so besorgt, dass es mir den Magen umdrehte. »Was ist los mit ihr? Warum wacht sie nicht auf?« Er, Minho, Thomas und ich standen um das Bett des Mädchens herum. Während ich damit beschäftigt war, meinen Blick nicht immer wieder zu Alby gleiten zu lassen, der in einem anderen Raum eventuell sogar um sein Leben kämpfte, starrte Thomas ins Leere. Vermutlich saß ihm der Schock von eben noch in den Knochen.

Das Mädchen ... ihre langen schwarzen Haare und ihre Arme lagen so, dass man meinen konnte, sie wäre tot. Aber sie lebte. Und sie schien Thomas zu kennen. Ob sie ihn in ihrem Zustand überhaupt wahrnehmen konnte? Vermutlich nicht. Das bedeutete aber, dass sie ihn kannte.

Nun glitt mein Blick doch zu Alby. Arme waren an die Pritsche fixiert, ebenso seine Füße. Schweiß rollte an seiner Stirn und seiner nackten Brust über seine Arme auf die Pritsche. Schnell sah ich wieder zu dem Mädchen.

Ich konnte es nicht ganz fassen. Ein weiteres Mädchen bedeutete für mich, dass ich nicht mehr ganz alleine unter den Jungs war. Vielleicht freundeten wir uns ja an, wenn sie wieder bei sich war?

Jeff sah besorgt zu ihr. Er stand hinter ihrem Bett und schien mit irgendwas zu hantieren. »He, Mann. Ich bin genauso zu diesem Job gekommen, wie du.«

Vorsichtig machte ich einen Schritt auf sie zu. Ihr Haar lag über ihre Stirn verteilt und sie atmete ganz ruhig. Sie schlief. Erleichterung machte sich in mir breit. Wie sie wohl dazu kam, hier hoch geschickt zu werden? Im Schlaf sah sie so friedlich aus und ich konnte mir mit einem Mal gut vorstellen, dass wir gute Freunde werden könnten.

»Und, erkennst du sie?«, fragte Newt.

Ich brauchte einen Moment, um zu verstehen, dass diese Frage nicht an mich ging, sondern an Thomas. Abwartend sah ich über meine Schulter, um seine Antwort um keinen Preis zu verpassen.

Langsam schüttelte Thomas den Kopf. »Nein.«

»Wirklich? Denn sie scheint dich zu erkennen!« So ernst erlebte ich Newt wirklich selten und ich war schon etwas länger hier. Es war aber auch eine wirklich ernste Situation. Trotzdem fachte seine Wut einen winzigen Funken Mitleid an, der sich an Thomas richtete. Insgeheim gab ich Gally recht, aber nicht, weil ich Thomas nicht mochte. Aber seit er hier auf die Lichtung kam, ging es hier drunter und drüber; die Ereignisse häuften sich zunehmend.

»Und die Nachricht?«, lenkte er vom Thema ab und sah wieder zu dem schwarzhaarigen Mädchen. Mittlerweile bekam sie etwas Farbe im Gesicht, wirkte aber immer noch sehr blass.

»Tja, damit beschäftigen wir uns später«, antwortete Newt kühl und verschränkte seine Arme vor der Brust.

»Wir sollten uns sofort damit beschäftigen!«

»Im Moment haben wir genug zu tun.« Vorhin sprang Newt noch für ihn ein, aber jetzt, wo Gally nicht hier war, schien er ziemlich wütend zu sein. Ich verstand diesen Gefühlswechsel nicht, wollte ihn jetzt aber auch nicht unbedingt hinterfragen.

»Er hat recht, Newt«, sprang Jeff ein. Verwundert sahen wir zu ihm. Ich wurde kurz von Clint abgelenkt, weil er auf einmal neben mir stand, widmete meine Aufmerksamkeit jedoch sogleich wieder Jeff zu. »Wenn die Box nicht mehr zu uns raufkommt ... wie lange können wir dann noch durchhalten?«

»Das hat keiner gesagt!« Newts Augen glitzerten ängstlich, als er Jeff widersprach. Vielleicht musste es auch niemand aussprechen, aber Jeff hatte vermutlich recht. Die Box hing seit der Ankunft des Mädchens oben. Sie wurde nicht mehr runtergeholt und das bedeutete, dass diese Nachricht, die das Mädchen in ihrer Hand hielt, eine Warnung war. »Wir sollten keine voreiligen Schlüsse ziehen, wir sollten -« Newt seufzte, während er sich müde übers Gesicht fuhr. »Wir warten einfach, bis sie aufwacht. Mal sehen, was sie weiß. Irgendjemand muss hier ja ein paar Antworten für uns haben.«

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