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Außer dem Keuchen der Jungs war nichts zu hören. Sie trugen Alby zwischen sich, liefen aber gebückt. Ich joggte etwas vor, um Thomas und Minho vor Gefahren warnen zu können, falls in einen der Gänge ein Griewer lauerte. Immer wieder sah ich mich zu ihnen um, aus Angst, ich könnte sie verlieren.

»Alles gut bei euch?«, fragte ich zum wiederholten Male, worauf ich nur ein unverständliches Grunzen als Antwort erhielt. »Luft ist rein!«

Wir kamen nur langsam voran und die Idee, alles zu erkunden schwand regelrecht dahin. Es wurde bereits dunkler und ich konnte die Umgebung nicht mehr so gut erkennen, wie noch vor einer Stunde.

An der nächsten Ecke sah ich den beiden an, dass sie eine kleine Pause brauchten. »Setzt ihn hier ab, dann sehen wir weiter«, ordnete ich an, bevor ich mich unsicher umsah.

Minho ließ Alby langsam an der Wand runtergleiten und tauchte mit seinem Kopf unter Albys Arm durch, der wie ein nasser Sack an seinen Körper zurückfiel.

»Und was machen wir jetzt?«, wollte Thomas wissen.

Ein lauter Schrei unterbrach die Unterhaltung sofort. Wir schauten schon fast gleichzeitig in den Gang, aus dem der Schrei gekommen sein musste.

»Das wird nicht funktionieren! Wir müssen weg!« Minho fluchte und sprang auf.

»Was?!« Thomas sah genauso verängstigt aus, wie Minho. »Warte, wovon redest du?«

Ich konnte regelrecht dabei zusehen, wie die Panik und die Angst zwischen Minho und Thomas hin und her sprang. Um nicht ebenfalls kopflos herum zu tigern, wie Minho es gerade tat, sprang ich auf und machte zwei Schritte von unserer kleinen Gruppe weg. Langsam atmete ich ein und aus. Wenn wir jetzt anfingen, zu streiten, war uns nicht geholfen und Alby genauso wenig.

Müde ließ ich meinen Blick durch die Gänge gleiten. Wo sollten wir nur hin, mit Alby im Gepäck? Auf der einen Seite gab ich Minho recht; wir schafften das nicht. Nicht, wenn die Jungs noch jemanden tragen mussten.

»Wir müssen was unternehmen!«, hörte ich Thomas sagen, »ihn verstecken, oder so.«

»Wo?!«, blaffte Minho. Er klang so verachtend, dass ich mich zu ihm umdrehte.

»Weiß ich nicht ... Minho, denk nach! Willst du sagen, es gibt hier nicht ein Ort, wo wir ihn verstecken können?« Thomas Blick glitt, während er redete, immer wieder zu Alby rüber.

Gerade als ich einschreiten wollte, packte Minho Thomas am Kragen und drückte ihn gegen die Wand. Rasend vor Wut starrte er ihn an. Meine Augen weiteten sich. Wenn sie sich jetzt zusammenschlugen, waren wir verloren.

»Jungs, es-«

»Jetzt hör mir mal ganz genau zu!«, fauchte Minho. Sein Gesicht schwebte nur einige Zentimeter vor Thomas Nase. »Sieh dich hier mal um, du Strunk! Wir können nirgendwo hin!« Minho ließ Thomas los, fast schon etwas erschrocken. Als wäre er eben nicht bei Sinnen gewesen. »Du checkst es einfach nicht ... wir sind schon längst tot.«

Thomas saß neben Alby, an der Wand gelehnt und starrte einige Sekunden lang Minho an, der schwer atmend vor ihm stand. Ich wollte mich weiterhin zurückhalten, aber mir ging Minhos Einstellung absolut am Arsch vorbei.

»Könnt ihr beide jetzt einfach mal die Fresse halten? Minho, dreh dich um, dann siehst du den lebenden Beweis, dass eine Nacht im Labyrinth nicht so schlimm ist, wie ihr euch immer erzählt! Mit Betonung auf lebend!«, blaffte ich die beiden an. Es konnte ja wohl nicht sein, dass keiner der Jungs es schaffte auch nur für ein paar Sekunden die Klappe zu halten, ohne sich gegenseitig an den Kragen zu gehen.

Thomas Blick ging auf einmal an Minho und mir vorbei. Für den Bruchteil einer Sekunde dachte ich, er sah einen Griewer und starrte deshalb auf den Fleck. Aber als ich den nötigen Mut aufbrachte, mich um zu wenden, war da nur eine Wand, dicht mit Efeu bewachsen. Ich spürte, wie er mich sanft zur Seite schob und an mir vorbeilief. Mit der Hand fuhr er über die Blätter, bevor er zu uns sah. In seinem Blick lag etwas Entschlossenes.

RUNNERS - Wir sind nie sicher ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt