Kapitel 55

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"Ann. Das schaffst du. Du bist so weit gekommen. Aufgeben ist keine Option mehr." flüstert sie zu sich selbst.

Sie steht noch immer Mitten in dem Raum.

In ihrem Brautkleid.

Es fühlt sich so surreal für sie an. Gestern noch war sie eine ganz normale Schülerin der Highschool, in die sich beide Alphas der Stadt verliebt haben. Heute wird sie einen der beiden heiraten und somit zu seiner Luna werden. Einer Luna mit einem großen Rudel und noch größerer Verantwortung. Dennoch bleibt sie nebenher eine Schülerin.

Schwer liegt das Haupt, auf dem die Krone wohnt. Denkt sie sich, als sie an die ganze Arbeit denkt, die auf sie zukommen wird.

Nero ist vor einigen Minuten gegangen.

Nun klopft es wieder an der Tür.

"Ja?" fragt Ann.

"Ich bins." hört sie Clarissas Stimme. Kurz darauf tritt sie in den Raum.

Ihre Tante trägt ein dunkelblaues langes Kleid mit seitlichen Einschnitt.

"Prinzessin. Wir können uns auf den Weg machen. Bereit?" Clarissa hält ihr voller Elan einen Arm zum Einhaken hin. Ann läuft grinsend auf sie zu.

"Aber sowas von." Antwortet sie freudig.

"Na dann los." grinst Clarissa ebenfalls.

Ann hakt sich bei ihr ein. Gemeinsam schreiten sie durch die Tür in den lichtdurchfluteten Flur.

Die Wände sind schlicht weiß. In dem langen Flur befinden sich viele Türen. Am Ende des Flurs führt eine braune Holztreppe nach unten ins Erdgeschoss.

Langsam steigen sie diese nach unten. Darauf Acht gebend, dass sie nicht hinfällt, mit den hohen Schuhen und dem langen Kleid.

Nicht das die Tollpatschigkeit siegt.

Unten sieht der Flur ähnlich, wie der vorherige Flur aus. Allerdings gibt es hier nicht so viele Türen.

Weiterhin untergehakt laufen sie zu dem offenen Durchgang, der sich rechts von der Haustür befindet.

Ein riesiges Wohnzimmer erstreckt sich vor ihnen. Mit vielen dunkelgrauen Sofas, sowie einem monströsen Flachbildschirm. Die Sofas sind in einem Halbkreis vor diesem angeordnet. Unter ihnen liegt ein weicher weißer Teppich aus Fell. Die Wände sind, wie im Rest des Hauses, weiß gehalten.

Sie gehen an der Sofalandschaft vorbei zu der Fensterfront, die sich gegenüber von dem Durchgang befindet. Dort ist auch die Terrassentür.

Zittrig atmet Ann. Clarissa bleibt kurz vor der Tür stehen.

"Alles gut?" besorgt sieht sie sie an.

Ann blickt sie mit einem undefinierbaren Blick an.

"Ja, nur nervös." Ihre Tante nickt und tätschelt ihre eingehakte Hand.

"Das legt sich gleich."

"Bestimmt." Ann führt den Weg fort mit Clarissa.

Sie treten auf eine gemütliche Terrasse mit einer Hollywoodschaukel aus Holz und zahlreichen Blumen, in allen möglichen Farben.

Als Ann nach vorne schaut, fällt ihr Blick sofort auf den mit weißen Rosen verzierten Traubogen. Vor diesem steht ein breitgrinsender Nero. Er trägt einen schlichten schwarzen Anzug mit Krawatte.

Neben ihm steht sein Beta. Ann meint sich zu erinnern, dass er Asher heißt.

Asher hat die Arme hinter dem Rücken verschränkt. Seine braunen Haare sind zu einem Dutt gebunden. Er trägt auch einen schwarzen Anzug.

Vor ihnen sind weiße Stühle aneinandergereiht. Auf ihnen finden sich zahlreiche Rudelmitglieder wieder.

"Ok?" fragt Clarissa leise.

"Ok." nickt Ann.

Zusammen schreiten sie die drei Stufen der Terrasse hinunter zu der grünen Wiese.

Ihre Augen treffen wieder die von Nero. Es steckt so viel Liebe in ihnen. Allein durch diesen Blick wird ihr ein Großteil ihrer Nervosität genommen.

Mit ihrer Tante führt die baldige Luna den Weg zu dem Altar fort.

Staunend, aber auch ehrfürchtig sehen die anwesenden Rudelmitglieder sie an.

Emily steht von der vordersten Sitzreihe auf und stellt sich auf die Seite, wo sie gleich ebenfalls stehen wird. Beide lächeln sich an.

Es fehlen nur noch ungefähr zwei Meter bis zu ihrem Ziel, da fallen ihr zwei leere Stühle in der ersten Reihe rechts auf. Sie sind direkt neben Neros Eltern.

Sein Vater lächelt leicht, während seine Frau schon mit einem Taschentuch die Tränen wegwischt.

Als sie das Altar wenige Augenblicke später erreichen, löst sich Clarissa von Ann.

"Pass mir gut auf meine Kleine auf." sagt sie zu Nero.

"Immer." antwortet er ernst.

Anns Augen fallen wieder auf die zwei leeren Stühle, da sie sie jetzt von vorne sehen kann. Die strahlenden Gesichter ihrer Eltern sehen sie an. Auf jedem der Stühle steht ein eingerahmtes Bild von ihnen.

Rechts ihre Mutter. Links ihr Vater.

Tränen bilden sich bei ihr.

Sie sind doch dabei, wenn ihr Mädchen heiratet.

Ihr Kopf dreht sich zu Nero. Verträumt liegen seine Augen auf ihr.

"Danke." haucht sie leicht.

"Ich weiß doch, wie wichtig sie dir sind." haucht er ebenfalls.

Er nimmt ihre Hand und drückt sie leicht. Beide stellen sich gegenüber voneinander.

Jeder hat seinen Trauzeugen an seiner Seite.

Gerade als sie endet, fällt Ann auf, dass die ganze Zeit über eine sanfte Melodie gespielt wurde. Sie endet mit leichten sanften Töne.

Ein kleiner Mann mit weißen Haaren und Halbglatze betritt den Traubogen. Er trägt die typische Pfarrers Kutte.

Gleich ist es so weit. Gleich sind sie Mann und Frau, schreit ihr innere Stimme laut.

Gleich ist sie eine echte Luna.

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