Forgive

Kapitel 58

"Das wird sie nicht! Sie ist nicht deine Mate! Sie gehört nicht zu dir! Und außerdem verstößt du gegen das Gesetz. Man darf einem anderen Wolf nicht die Mate wegnehmen! Du kennst die Strafe dafür!" Zum Ende hin knurrt er lautstark.

Nero lacht verächtlich. Ann erschreckt sich deswegen leicht.

Noch nie hat sie Nero so erlebt. Aber wahrscheinlich muss er so als Alpha sein.

"Ja das kenne ich und es ist mir egal! Ich liebe sie! Und sie liebt mich!" Brüllt Nero verteidigend.

"Du liebst sie gar nicht, Jerchow. Du liebst nur dich selbst und den Titel, den du nicht verlieren willst" Er geht einige Meter auf sie zu, bleibt dann aber doch stehen.

Nero schnauft aufgebracht.

"Du redest Unsinn. Ich liebe sie mehr als du jemals könntest."

"Wie du willst. Du weißt ja, was das bedeutet." Droht Jace. Dabei fletscht er mit seinen Zähnen.

Die beiden Alphas erdolchen sich mit ihren Blicken.

"Ich weiß. Und ich nehme es an." sagt Nero entschlossen.

Dies ist der Moment, wo Ann merkt, dass Nero alles für sie tun würde. Sie würde am liebsten seufzen, aber die Situation lässt dies nicht zu.

"Nun gut, dann heißt es Krieg!"

Augenblicklich verwandelt Jace sich. Sein majestätischer Wolf rennt auf ihn zu. Nero fokussiert ihn durch zu Schlitzen verengten Augen.

"Sag den Rest, Ann." presst er gestresst hervor.

Ann blickt ängstlich hin und her.

Hinter Jace rennen nun auch die Krieger los.

Nero verwandelt sich ebenfalls mit einem letzten bittenden Blick auf sie. Der schöne Anzug fällt dabei in Fetzen zu Boden. Asher und die wölfischen Gäste tun es ihm gleich.

Nero rennt Jace entgegen.

Zwei schwarze Schatten.

Mit dem einzigen Unterschied, dass Nero einen weißen Punkt am Ohr hat.

Sie treffen sich in der Mitte der Wiese. Es bildet sich ein schwarzes Knäuel. Man kann nicht erkennen, wer die Oberhand hat.

Auch die restlichen Wölfe fangen an miteinander zu kämpfen.

Man hört überall Knurren, Winseln, Jaulen oder Hecheln.

Und Ann bleibt in ihrer Schockstarre an Ort und Stelle stehen.

Sie löst sich erst aus dieser, als jemand ihre Hand umgreift. Es ist Emily.

In ihren Augen schimmert Angst.

"Mach es!" schreit sie ihr über die Kampfgeräusche hinweg zu.

Ann nickt mechanisch. Ihre Mimik wechselt von Angst zu Entschlossenheit. Sie ist sich zwar nicht sicher, ob es den Kampf zu einem vorzeitigen Ende bringt, aber einen Versuch ist es dennoch wert.

Sie dreht sich zu dem Pfarrer, der noch an seinem Platz steht, um. Ernst blickt er sie an.

"..und nehme dich zu meinem mir angetrauten Mann und Alpha." schreit sie machtvoll.

Ihre Stimme übertönt die Kampfgeräusche merklich. Jeder der Anwesen scheint es gehört zu haben, denn die Kämpfe enden augenblicklich, als sie das letzte Wort ausgesprochen hat. Alle halten in ihrer Bewegung inne. Keiner macht auch nur einen Laut. Alle Augen sind auf sie gerichtet.

In den Wölfen aus Neros Rudel kann sie Stolz erkennen.

In Jace' Wölfen allerdings, sieht sie Trauer und Verrat. Es versetzt ihr seltsamerweise einen Stich ins Herz.

Einige tote Wölfe liegen auf dem Boden verteilt. Ihr Blut färbt das satte Grün in ein leuchtendes Rot.

Zu ihrem Bedauern sieht sie Neros Eltern ebenfalls zwischen ihnen. Allerdings hat sie in diesem Moment nicht die Chance zu ihnen zu rennen, um sie eventuell doch noch retten zu können, falls doch noch ein Hauch Leben in ihnen steckt.

Die beiden Alphas bewegen sich als erstes und verwandeln sich wieder zurück.

Jace kniet gebrochen, aber auch wütend einige Meter von ihr entfernt.

Auf Neros Lippen bildet sich ein siegessicheres Grinsen.

"Sie dürfen sich jetzt küssen." redet der Pfarrer.

Nero stürmt schnellen Schrittes auf sie. Bei ihr angekommen, hebt er sie hoch und schwingt sie im Kreis, dabei küsst er sie stürmisch.

Nach zwei Umdrehungen lässt er sie wieder vorsichtig runter. Verliebt sehen sie sich in die Augen. Beide in ihrer eigenen kleinen Welt gefangen. Durch ein Knurren, dass hinter Nero ertönt, werden sie kurze Zeit später aber wieder unsanft hinausgeworfen. Beide drehen sich zu ihm. Jace steht dort mit geballten Fäusten. Wütend atmet er hörbar ein und aus.

"Und du meinst, du kommst so einfach davon?" fragt Jace Nero.

"Sieh es doch ein, Silver, sie will dich nicht." sagt Nero mit einem ernsten Blick.

"Niemals!" brüllt er. Blitzschnell verwandelt er sich wieder und stürmt auf ihn zu.

Doch diesmal stellt Ann sich dazwischen. Wild entschlossen diesem verrückt gewordenen Wolf zu stoppen.

Mit verschränkten Armen steht sie zwischen den Männern. Jace stemmt die Vorderpfoten in den Boden. Kurz vor ihr kommt er zum Stehen. Mit giftigen Blick schaut sie ihn an.

"Wenn du jetzt nicht gehst mit deinem Rudel, dann werde ich alles dafür tun, dass du mich bis zu deinem Lebensende nie wieder siehst. Ich weiß, dass du das brauchst, um deinen Wolf zu beruhigen. Sei dir sicher, fängst du Krieg an, dann werde ich dich leiden lassen." zischt sie ihm leise entgegen.

Ein Winseln ertönt von ihm. Er verwandelt sich.

"Bitte tu das nicht. Bitte vergib mir." Er geht vor ihr auf die Knie. Alles unter den Augen der anderen Wölfe und Menschen.

Anns Blick bleibt ernst.

"Vergebung kriegt nur derjenige, der sie sich auch redlich verdient hat."