Kapitel 17

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Der Alpha kommt langsam wieder aus seiner Trance.

Wie als hätte er sich verbrannt, geht er einen großen Schritt nach hinten. Sie atmet weiterhin schnell und unkontrolliert. Jace wird bewusst, was er angerichtet hat. Ihre Hand hat sich an ihre Brust gelegt. Schwach hält sie sich noch auf ihren Beinen. Ihr Atem klingt verzweifelt. Es schmerzt ihm dies zu hören.

Seine Mate hat gerade eine Panikattacke.

Wegen ihm.

Nur, weil Jace seine Emotionen nicht im Zaum halten kann.

Sein Wolf wird langsam panisch. Nicht wollend, dass ihr was passiert.

"Hey, alles gut. Ganz ruhig." Selbst panisch werdend, versucht Jace Ann zu beruhigen.

Sie sieht ihn, wie auch schon zuvor, mit einem panischen Ausdruck in den Augen an.

Die Beiden stehen sich einen halben Meter gegenüber. Beide schauen sich nur gegenseitig in die Augen.

Es scheint zu wirken, denn ihre Atmung wird ruhiger.

Keiner sagt auch nur ein Wort.

Beide sehen sich einfach nur intensiv in die Augen.

Einige Minuten des Anblickens später verändert sich ihre Haltung. Ihre Panik verschwindet augenblicklich, wie als ob sie nie da gewesen ist.

*************

Ann realisiert, dass er sie gerade einfach angefasst hat.

Er.

Er, der sie Jahre lang schikaniert hat.

Er, der sie wie das hässlichste Wesen auf diesem Planeten fühlen lassen hat.

Innerlich stachelt die junge Frau sich weiter an.

Ihre Hände ballen sich zu Fäusten. Ihr Kiefer mahlt aggressiv.

Er hingegen kriegt große Augen.

Nicht verstehend, warum sich ihre Haltung, so plötzlich geändert hat.

"Hör zu Jace. Ich weiß nicht, wer dir das recht gibt mich einfach so anzufassen. Aber sei dir sicher, auf dich falle ich nicht rein. Lass mich gefälligst in Ruhe!" Presst sie langsam und aggressiv hervor. Ihre Fingernägel bohren sich in die Innenflächen ihrer Handflächen. Sie spürt den stechenden Schmerz dessen, aber ignoriert ihn.

Er ist ganz verdutzt. Bringt keinen einzigen Ton über die Lippen.

"Und jetzt halt mich nicht weiter davon ab zu meinem Unterricht zu laufen. Auf nimmer wiedersehen, blödes Arschloch." beendet sie ihre Ansprache.

Ann dreht sich ohne ihm auch nur die Chance zu geben etwas zu erwidern um. Im Gehen hebt sie ihren rechten Arm und zeigt ihm ihren Mittelfinger.

*********

Jace sieht ihr verdattert hinterher, bis sie um eine Ecke gebogen ist.

Ihr hinterherrennen würde jetzt nichts bringen. Es würde ihre Wut auf ihn nur noch weiter entfachen und das wäre alles andere als gut. Schließlich will er sie ja für sich gewinnen und nicht verlieren.

Deswegen macht er sich missmutig auf den Weg zu seinem Auto, um ohne Umschweife zum Rudelhaus zu fahren.

So hatte er sich das erste Wiedertreffen nicht vorgestellt. Dennoch war es schön sie, wenn auch nur kurz, sie sicher in seinen Armen zu wissen. Ihren kleinen Körper an seinen zu schmiegen. Auch wenn sie dies nicht erwidert hat. In seinem verliebten Kopf ist es so etwas wie in kleiner Sieg.

**********

Unsicher steht Ann vor dem Raum wo ihr Unterricht schon längst gestartet hat.

Sie zögert.

Ann ist vom dem Vorfall gerade eben noch sehr aufgewühlt.

Was fällt diesen Idioten ein so etwas zu tun?

Ist er in ihrer Abwesenheit geisteskrank geworden?

Oder warum sollte er sie sonst so plötzlich umarmen?

Hat er sie überhaupt erkannt?

Er hat sie bestimmt nur für jemand anderen gehalten. Das würde auch sein sprachloses Gesicht erklären, als sie ihn anschrie.

Das muss es sein.

Er hatte sie schlichtweg einfach nicht erkannt, redet sie sich ein. Denn geisteskrank ist er gewiss nicht geworden. Außerdem hat Ann sich äußerlich schon sehr verändert. Kein Wunder, dass er sie nicht sofort erkennt.

Ihr Blick ist starr auf die hellbraune Klassenzimmertür gerichtet, während sie in ihren Gedanken gefangen ist. Langsam schwinden diese, und alles was bleibt ist die Angst vor dieser Tür. Sie hat Angst in diesen Raum zu gehen und angestarrt zu werden. Nicht, dass sie denkt sie würde das nicht schaffen. Ganz im Gegenteil. Dennoch sind ihr die ganzen Blicke, die auf ihr liegen werden, sehr unangenehm.

Sie fängt an die Hände zu Fäusten zu ballen.

Ann Janson. Du schaffst das. Das hast du schon immer. Spricht Ann in Gedanken zu sich selbst.

Einmal atmet sie noch tief ein und aus. Nur um dann mit festen Schritt direkt vor die Klassentür zu schreiten. Davor bleibt sie stehen und klopft zweimal. Ein kurzes "Herein." erklingt daraufhin einige Sekunden später von einer weiblichen Stimme. Auf dieses Stichwort öffnet Ann die Tür.

Wie von ihr erwartet, liegen sofort viele neugierige Blicke auf ihr.

Ann richtet ihren Blick allerdings nach vorne. Dort hängt anstatt einer Tafel, ein White Board. Vor diesem steht eine kleine zierliche Lehrerin. Ihre blonden Haare reichen ihr bis zur Brust. Tragen tut sie eine blaue Jeans, schwarze Converse und ein dunkelblaues Hollister T-Shirt.

Ihre blauen Augen blicken ihr freundlich entgegen.

"Wie kann man dir helfen?" fragt sie. Ihr Kopf legt sich leicht schief.

"Ähm.. ich bin neu hier." antwortet Ann schüchtern.

Als würde bei der Lehrerin ein Licht aufgehen, schießen ihre Augenbrauen in die Höhe.

"Ah genau! Warum ist mir das nicht gleich eingefallen. Wie dumm von mir. Also, ich bin Frau Walters. Du darfst dich gerne hier vorne hinstellen und dich vorstellen."

Kurz nickt Ann. Mit festen Schritten läuft sie nach vorne zu Frau Walters.

Das Ganze wird genauesten von ihren Klassenkameraden beobachtet.

Mittig vor dem White Board bleibt sie stehen. Ihr Blick schweift einmal durch die Menge.

Einige Jungs haben einen schmachtenden Blick. Der Rest sieht sie entweder neugierig oder freundlich an.

Mit fester Stimme erzählt Ann:,, Hey, ich bin Ann Janson. Ich bin neunzehn Jahre alt und mache dieses Jahr mit euch meinen Abschluss."

"Möchtest du etwas über deine Hobbys erzählen?" fragt Frau Walters.

"Nein, möchte ich nicht." verstehend nickt die Lehrerin.

Es würde sowieso nichts bringen ins Detail zu gehen. In einem halben Jahr hat sie ihren Abschluss. Dann würde Ann wegziehen, um aufs College zu gehen. Wahrscheinlich sogar zusammen mit Emely.

"Ok. Dann darfst du dich nach dort hinten zu Melanie setzen." Sie zeigt auf ein Mädchen mit langen schwarzen Braids und gebräunter Haut.

Sofort macht Ann sich auf den Weg zu ihr. Währenddessen sieht sie ein Mädchen besonders intensiv an. Sie ist zierlich und hat schulterlange glatte schwarze Haare. Ann schaut ein wenig verwirrt zurück, läuft aber weiter.

An ihrem Platz angekommen, nimmt sie Platz und legt ihre Tasche neben sich auf den Boden. Das Tablet zieht sie vorher allerdings hinaus und legt es vor sich auf den Tisch.

"Hey." flüstert ihre Sitznachbarin zu ihr. Ihr Augen zeigen allerdings nach vorne, wo der Unterricht bereits weitergeführt wird von Frau Walters.

"Hey." flüstert Ann genauso zurück. Auch ihr Blick liegt geradeaus auf ihrer Lehrerin.

"Magst du mit mir und meinen Freunden in der Pause zusammen essen?"

"Klar. Wieso nicht."

"Super." Beide drehen ihren Kopf kurz zueinander und lächeln sich an.

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