Kapitel 16

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Total versteift, steht Ann dort in der Eingangshalle.

Immer noch umschlingt der Gorilla sie mit seinen Pranken. Er ist knapp zwei Köpfe größer als sie. Allein diese Tatsache schüchtert sie mächtig ein. Hinzu kommt, dass sie diesen Kerl nicht kennt, der sie unverhohlen umarmt.

Und wäre das Ganze nicht schon nicht schlimm genug, riecht dieser Kerl auch noch deutlich hörbar an ihren Haaren. Angewidert verzieht sie ihr Gesicht.

Was für ein Freak riecht denn bitte an den Haaren einer fremden Person, denkt sie sich. Aber vielleicht ist er auch einfach nur geisteskrank und denkt sie wäre eine gute Freundin. Ja wahrscheinlich ist er einfach nur geisteskrank.

Dennoch stimmt sie ihr Ergebnis nicht ruhiger. Sie möchte weg von ihm. Deshalb sucht sie eine Lösung, wie sie aus dieser misslichen Lage so schnell wie möglich fliehen kann.

Sie versucht ihre Arme zu heben, die unter seinen vergraben sind, damit er seinen Griff lockert. Dennoch macht der Gorilla keine Anstalten sich auch nur ansatzweise darauf einzulassen. Ganz im Gegenteil, sein Griff festigt noch etwas mehr. Also muss sie wohl eine andere Methode wählen.

Langsam hebt Ann den Kopf um einen Blick auf diesen Typen zu erhaschen. Das und um einschätzen zu können mit was einem Typ Mann sie es hier zu tun hat. Er scheint viele Muskeln zu haben, dass ist ihr schon bei einem Blick auf seine Arme aufgefallen. Gewalt wäre also die womöglich schlechteste Lösung. Dennoch braucht sie einen kleinen Blick auf seine Augen um sehen zu können, ob aus diesen der pure Wahnsinn spricht oder ob er ganz normal ist und sich einfach nur geirrt hat.

Als Ann ihren Blick zu diesen hoch wirft, bleibt ihr vor Schreck der Atem weg.

Diese blauen Augen.

Die Augen, die sich in ihr Gedächtnis gebrannt haben.

Die, die sie bisher mit nichts weiter, als Hass angeschaut haben.

Diese sehen sie jetzt mit etwas anderen in ihnen an.

Könnte das..? Nein, das kann nicht sein. Jace würde sie niemals mit einem liebevollen Blick anschauen. Das hat sie sich bestimmt nur eingebildet. Wahrscheinlich hat er nur etwas eingenommen und ist gerade nicht er selbst. Ja das muss es sein. Er steht gerade nur neben sich.

Oder will er ihr doch wieder Gewalt antun? Jetzt wo er durch ihre Unachtsamkeit nah genug an sie herangekommen ist.

Ihre Atmung setzt wieder ein. Doch diesmal schneller als zuvor. Ihr wird klar, wo seine Hände liegen und sie verschnellert sich noch mehr.

Sie haben sich an ihren Rücken gelegt.

Was ist, wenn er ihr jetzt weh tun wird? Er könnte sie einfach mit seinen Armen erdrücken. Wie einen Käfer den man mit seinen Finger zerquetschen kann. Einfach so. Blitzschnell und dann hätte er sie endlich aus seinen Augen.

Die blanke Panik packt sie. Hektisch versucht sie mit aller Kraft sich aus seinen Armen zu befreien. Leider ohne Erfolg. Er knurrt nur unzufrieden und drückt sie noch fester an sich. Die Panik in ihrem Körper wird dadurch von Sekunde zu Sekunde mehr.

Was ist, wenn er jetzt da weiter macht, wo er damals aufhören musste?

Und was ist wenn er jetzt, als Rache für ihr Verschwinden, sich noch härtere Methoden ausgedacht hat?

Es sind einige Jahre vergangen. Genug Zeit, um sich einiges einfallen zu lassen. Die Folter würde Ann zwar eine Zeit lang verkraften, aber so wie bei jedem Menschen würde irgendwann die imaginäre Schutzmauer über sie zusammenbrechen und sie womöglich auch noch unter ihrem Schutt begraben. Dann gibt es kein Entrinnen mehr. Sie wäre gefangen in ihrem eigens erbauten Trümmerschloss.

Hysterisch versucht die Brünette Sauerstoff in ihre Lungen zu pumpen. Zu jedem kurzen Luft entlassen, kommt ein noch längeres Luft holen. Ihr Körper ist vollkommen überfordert mit dieser Situation.

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