Kapitel 6

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„Oh lala, warum so schnell unterwegs die Dame? was hast du den vor?".
Auf dem Weg das Treppenhaus nach unten zur Haustür begegne ich Joshua.
„Ich treff mich mit jemandem!" entgegne ich schnell und schlüpfe an ihm vorbei.
Ich bin schon spät dran und möchte Max nicht direkt beim ersten mal warten lassen.

„Hey! Sorry, das ich bisschen spät dran bin, ich hab nicht bedacht, das ich mit der U Bahn so lange brauche. Schließlich lebe ich jetzt noch nicht so lange hier in München!" etwas außer Atem komme ich im Café am Marienplatz an und lasse mich auf den freien Platz gegenüber des blonden Jungen vom Trainingsgelände fallen.
„Ist schon okay! Ich bin auch noch nicht lange hier!" grinsend sieht er mich an und schiebt mir eine Tasse Cappuccino hin.
„ich hab für uns beide bestellt.".
Dankend nehme ich den Kaffee an.

„Und wie war dein Tag so? ".
„Ach das übliche. Bin zur Zeit etwas im Lernstress. Die Uni fängt in 4 Wochen an und ich möchte gut auf alles vorbereitet sein. ".
Wir unterhalten uns eine Weile. Max erzählt mir viel über die Uni, seine Hobbys und natürlich dem Job bei Sky. Er reist durch ganz Deutschland und sieht jedes Wochenende andere Bundesliga Spiele. Ein Traum. Zumindest für jeden Fußball Fan.
Ich interessiere mich eigentlich nicht für sowas. Allerdings tue ich Max den Gefallen und höre Aufmerksam zu. Zumindest versuche ich so zu wirken, während ich mit meinen Gedanken ganz wo anders bin.

„Kommst du jetzt öfters zum Training?".
Die Frage holt mich wieder zurück ins hier und jetzt.
„Ähh ja ich denke schon, also wenn Serge mich mit nimmt!".
Auf dem Gesicht meines Gegenübers bildet sich ein breites grinsen.
„Naja ich muss jetzt auch los. Aber wir sehen uns bestimmt bald mal wieder!". Er steht auf und zieht seine Jacke an.
Auch ich stehe auf und wir gehen noch gemeinsam bis zur U Bahn Station.
„Komm gut Zuhause an!" sein Blick haftet auf mir. Das Gefühl ist mir unangenehm. Als wir uns zum Abschied umarmen, fühlt es sich an, als würde sich mein Magen umdrehen.
Ohne noch etwas zu sagen gehe ich Richtung U Bahn Gleis.
Ihn so verloren stehen zu lassen, tut mir zwar leid, aber ich hätte dieses unangenehme Gefühl keine Minute länger ausgehalten.

„ich bin wieder da!".
Keine Antwort.
In der kompletten Wohnung ist es dunkel, nur aus dem Wohnzimmer höre ich die Geräusche des Fernsehers.
Serge ist bestimmt wieder in ein Fußballspiel vertieft. In diesen Momenten checkt er gar nicht, was um ihn herum abgeht.
Ich betrete das Wohnzimmer und sehe drei Jungs auf der Couch schlafen.
Es sind, wie erwartet, Serge, Joshua und Leon.
Die drei haben anscheinend gemeinsam einen Film gekuckt und sind dabei eingeschlafen.
Es sieht lustig aus, wie sie da liegen. Arm in Arm. Joshua hält noch die leere Popcorn Schüssel in der Hand.
Auf Zehenspitzen schleiche ich mich zu ihnen und schalte den Fernseher aus.
Gerade will ich wieder umdrehen, als ich bemerke, das die Decke von Leon auf dem Boden liegt.
Vorsichtig, um ihn ja nicht zu wecken, hebe ich sie auf und decke ihn zu.

Dann mache ich mich so leise wie möglich im Bad fertig und gehe in mein Zimmer. Wir haben zwar erst 21 Uhr aber ich möchte die Jungs nicht wecken. Sie haben jeden Tag ein anstrengendes Training vor sich und das kleine bisschen Ruhe absolut verdient.
Gerade krame ich meinen Block hervor, um ein paar Sachen für die Uni zu machen, als sich meine Tür öffnet.
Leon steht dort.
Kurz überlege ich, ob ich so tun sollte, als hätte ich ihn nicht gesehen. Allerdings würde ihn das jetzt auch nicht mehr vertreiben.
„Danke fürs zu decken." seine Stimme klingt noch sehr verschlafen.
„Wir wollen ja nicht das du dich erkältest!" ich sehe bei dem Satz nicht von meinem Schreibtisch auf.
Nach einer Weile, in der es ruhig zwischen uns war, räuspert sich Leon.
„Kann ich rein kommen?".
Ich nicke. Leon schließt vorsichtig, um die anderen beiden nicht zu wecken, die Tür hinter sich und setzt sich auf mein Bett.
„Können wir jetzt reden?".
Seufzend lege ich meinen Stift zur Seite und drehe mich zu ihm um.
„über was willst du den so dringend reden Goretzka?".
„Du weißt, ich hasse es, wenn du mich so nennst!" bemerkt Leon und ich muss grinsen.
„Du hast dich nicht verändert!" ich lasse mich neben ihn auf mein Bett fallen.
Gerade fühle ich mich bereit mit ihm zu reden, das zu klären, was zwischen uns schief gelaufen ist, als wir uns vor zwei Wochen das erste mal wieder gesehen haben.
Allerdings reden wir nicht. Eine Weile sitzen wir einfach nur da und starren an die Wand.
„du hast es noch!" Leons leise Stimme unterbricht die Stille.
Meine Augen folgen seinem Blick und ich sehe, das er das Bild von uns beiden auf dem Weihnachtsmarkt in Bochum meint.
„Ich hab nie übers Herz gebracht es weg zu werfen." meine ich leise.
„Ich auch nicht ". Erstaunt sehe ich Leon an.
„Ach wirklich?“.
„Ja Linnea, manchmal ist es nicht so, wie man denkt. Aber ich bin nicht deswegen hier. Das weißt du auch. Wir haben gemeinsam abgeschlossen. "
„warum bist du dann da?".
Er macht eine Pause.
„Wie wars mit Max?".
Erstaunt sehe ich ihn an.
„Willst du jetzt wieder die Eifersuchts Nummer ab ziehen oder was?" meine Stimme wird energisch und ich muss mich etwas zurück halten, um Serge und Jo nicht auf zu wecken.
Leon hingegen bleibt ruhig.
„Nein. Ich wollte dich fragen wie es gelaufen ist. Ich würde mich freuen, wenn du jemanden findest, der dich glücklich machen kann.".
Ich stocke kurz.
„Naja, er ist ja ganz nett und eigentlich find ich ihn auch ganz süß.". Erzähle ich ihm.
„Das freut mich!".
Wieder bleibt es still.
Jetzt habe ich sie. Die Möglichkeit, die Frage zu stellen, die mich schon seit knapp drei Jahren beschäftigt.
„Wie läuft es bei dir? Gibt's jemanden?" frage ich mit zittriger Stimme und sehe ihn an.
Sein Blick wird traurig.
„Nein. Nicht wirklich.".
Da habe ich die Antwort.
Ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob ich mich jetzt freuen soll oder nicht.
„Das tut mir leid für dich. Ich hätte mir auch jemanden für dich gewünscht, der dir geben kann, was du brauchst." vorsichtig sehe ich Leon von der Seite an.
Auf seiner Wange entdecke ich eine kleine Träne.
Sofort fühle ich mich schlecht.
Er ist traurig. Wegen mir.
„Das wollte ich nicht" flüstere Ich und nehme ihn in den Arm.
Es fühlt sich gut an, sich zumindest etwas versöhnt zu haben. Und die Umarmung von ihm fühlt sich auch verdammt gut an. Das unangenehme Gefühl, das ich bei Max hatte, ist nicht da.
Alle meine Sorgen sind auf einmal verschwunden.

Wir reden noch lange über die vergangenen Jahre. Gegen 0 Uhr verabschiedet sich Leon ins Gästezimmer, während die anderen beiden immernoch tief und fest auf der Couch schlummern.
Ich schreibe Max noch schnell eine WhatsApp Nachricht und wünsche ihm eine Gute Nacht.

Die Müdigkeit holt mich schnell ein und ich kann zum ersten mal seit Wochen ohne Probleme einschlafen.
Die Aussprache mit Leon hat mir sehr gut getan.

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