Kapitel 1

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Das waren die letzten! schwer atmend stellt mein Bruder die letzte Umzugskiste in mein Auto.
Heute würde es also los gehen. Der Sprung in ein neues Leben.

„Fahrt Vorsichtig!" meine Mutter schaut mir besorgt hinterher.

„Mach dir nicht so viele Gedanken Mama. Ich schreibe dir, wenn wir angekommen sind!".
Ein letztes mal umarme ich sie und steige dann zu meinem Bruder ins Auto.
„Freust du dich schon?" fragt er mich, als wir gerade auf die Autobahn Richtung München auffahren.
„Natürlich! Ich bin schon gespannt wie Serge so ist. Als wir geschrieben haben, kam er ja ganz nett rüber."
Schulterzuckend sehe ich aus dem Fenster.
Die letzten Monate habe ich damit verbracht, eine WG in München zu suchen, weil ich mich entschlossen habe, mein Studium dort an der Uni fort zu setzen. Bis jetzt habe ich online von zuhause gelernt, aber dieses Semester wird mein letztes sein und ich denke, es ist besser wenn ich vor Ort bin.

Nach ewiger Suche habe ich dann auch ein Angebot gefunden. Serge, der Besitzer der Wohnung und ich haben die letzten Tage alles formelle geklärt und nun steht dem Leben in München nichts mehr im Weg.

Die restliche Fahrt bleibt es still zwischen meinem Bruder und mir. Wir hängen beide unseren Gedanken nach.

Desto näher wir München kommen, desto aufgeregter werde ich. Bis jetzt kenne ich meinen neuen Mitbewohner nur über Telefonate und Nachrichten, die wir ausgetauscht hatten.

In der Tiefgarage, die zu dem Haus gehört angekommen stelle ich mein Auto ab und gehe mit meinem Bruder bis ganz nach oben. Die Wohnung befindet sich im letzten Stock.
Meine Hände zittern etwas, als ich die Klingel drücke. Ich habe Angst das Gnabry ganz anders ist, als er es vorgibt.
Allerdings verfliegen meine Sorgen schnell, als sich die Tür öffnet.
Hey ihr beiden! Wie war eure Fahrt? Ich hoffe ihr seid gut angekommen!" vor uns steht Serge. Er trägt einen Pulli und eine kurze Hose. Seine Haare hat er in mehreren Zöpfen nach hinten geflochten. Zur Begrüßung zieht er uns beide in eine Umarmung.
Wie wärs wenn ich euch erst einmal die Wohnung zeige?" aufgeregt nicke ich. Ich kann es kaum erwarten mein neues Zuhause live zu sehen. Auf den Bildern sah alles sehr modern und groß aus. Genau mein Stil.
Naja, für mich ist es ja nicht so wichtig. Ich würde dann schon einmal die ersten Kartons hoch tragen.". Mit einem zuversichtlichen Zwinkern in meine Richtung verschwindet mein Bruder nach unten zum Auto.
Gemeinsam mit Serge beginne ich den Rundgang durch die Wohnung.

Hier ist die Küche, ehrlich gesagt benutze ich die aber nicht so oft. Ich koche zwar gerne, finde aber fast keine Zeit dazu." der Raum ist groß und durch ein breites Fenster wird er mit viel Tageslicht durchflutet.
Mitten drin steht eine Koch Insel, an der Wand befindet sich noch ein großer Kühlschrank und ein paar andere Schränke.
Als nächstes gehen wir ins Wohnzimmer, welches direkt an der Küche anschließt. Auch dort befindet sich ein großes Fenster und es ist alles total modern eingerichtet.
Bei dem gesamten Rundgang durch die Wohnung komme ich aus dem Staunen nicht mehr heraus.
und hier ist noch dein Zimmer. er öffnet eine Tür und zum Vorschein kommt ein großer, Licht durchfluteter Raum mit einem großen Bett in der Mitte. Neben diesem befindet sich, genau so wie in den anderen Räumen der Wohnung ein großes Fenster. An der gegenüber liegenden Seite steht ein Kleiderschrank und ein kleiner Schreibtisch.
Wow! Das ist unglaublich schön!"
Nie im Leben hätte ich mir vorgestellt, das es in München eine so tolle Wohnung gibt, bei der ich mir die Miete auch noch leisten kann.
Freut mich das es dir gefällt!" lächelnd steht Serge im Türrahmen.
Die Besichtigung hat länger gedauert als gedacht und in der Zwischenzeit hat mein Bruder alle meine Umzugskartons in mein Zimmer gebracht.
Danke Patrick, ich bin dir echt was schuldig." ein letztes mal umarme ich meinen Bruder und verabschiede mich von ihm. Es ist schon später Nachmittag und er muss mit dem Zug zurück nach Bochum fahren. Meine Eltern möchten nicht, das er mitten in der Nacht ankommt und deswegen muss er sich jetzt auf den Heimweg machen.
Für meine kleine Schwester mach ich doch alles!" sagt er, bevor er durch die Tür nach draußen verschwindet.
Zwischen meinem neuen Mitbewohner und mir herrscht peinliche Stille.
Also, äh, wenns okay ist würde ich meine Sachen einräumen." unterbreche ich diese.
Serge, der in der Küche gegenüber von mir sitzt nickt.
Ja äh kein Ding, ich würde was zu essen kochen, willst du auch was?" fragend sieht er mich an.
Oh ja! Das wäre nett!" nach der langen Fahrt habe ich einen Mordshunger.
Nickend steht Serge auf und dreht sich zum Kühlschrank, während ich in mein Zimmer verschwinde.
Aus meiner Tasche krame ich die Airpods. Aufräumen macht nur Spaß, wenn man die richtige Musik dazu hört.
Schnell habe ich die Kartons mit meinen Klamotten ausgeräumt und stürzte mich an die Deko.
An die Wand hänge ich ein paar Bilder mit meinen Freunden. Ich werde sie definitiv vermissen, aber hoffe, das ich hier in München auch neue finden werde.
Essen ist fertig. Kommst du? " Mein Mitbewohner streckt seinen Kopf durch die Tür.
Schnell lege ich die Bilder auf mein Bett und folge ihm in die Küche.
Das riecht aber gut! bemerke ich und lasse mich auf einen der Stühle fallen.
Glaub mir! Mein Essen riecht nicht nur gut, es schmeckt auch so.
sei mal nicht so überheblich!" bringe ich schmunzelnd hervor.
Allerdings stelle ich ziemlich schnell fest, das sein Essen wirklich sehr gut ist.
Erzähl mal bisschen was über dich. Schließlich möchte ich meine neue Mitbewohnerin kennen lernen. Serge stellt unsere Teller in die Spülmaschine und lässt sich lässig auf die Couch fallen.
Na toll. Noch so einer. Ich möchte nicht das meine Mitbewohner alles aus meinen Leben wissen. Es geht sie gar nichts an, was ich an meinen Wochenenden unternehme. Das war bei meiner letzten WG in Dortmund genau so.
Wird das jetzt so eine Art Vorstellungsgespräch?" frage ich mit einen sarkastischen Unterton und setzte mich neben ihn.
Nein, nicht falsch verstehen Linnea, aber wär schon irgendwie schön, wenn ich etwas über meine Mitmenschen wissen würde. Wie bist du zum Beispiel nach München gekommen?"
Ein Seufzer entfährt mir. Ich bin nicht gut auf diese Geschichte zu sprechen aber mein Gefühl sagt mir, das Serge nicht locker lässt, bevor er die Wahrheit kennt. Also beginne ich ihm zu erzählen, was mich hier hin verschlagen hat.
Ich bin damals nach Dortmund gezogen, weil ich es Zuhause nicht mehr aus gehalten habe. Die Trennung von meinem Ex Freund war hart für mich und alles Zuhause in Bochum hat mich an ihn erinnert. Deswegen wollte ich dort ein neues Leben anfangen. Ich bin zu Freunden in die WG gezogen und habe von dort mein Online Studium begonnen. Ein Jahr ging das auch ganz gut, bis Phil in unsere Wohnung gezogen ist. Er war der Freund von Julie, der die Wohnung gehörte und somit konnten wir nichts gegen ihn sagen, ohne das sie uns mit einem Rausschmiss gedroht hat. Phil hat angefangen das Leben meiner Freundin Thea und mir zu kontrollieren. Er wollte bestimmen, wann wir am Wochenende zuhause sein müssen, wollte wissen wo wir hin gehen und hatte uns sogar feste Tage vorgeschrieben, an denen wir einkaufen durften.
Lang hab ich diesen Kontrollfreak nicht ausgehalten und bin schnell wieder zurück zu meinen Eltern gezogen, aber so richtig bin ich noch nicht über meinen Ex, Leon, hinweg. Ich wollte weiter weg etwas neues versuchen und mein Studium beenden. So bin ich hier bei dir gelandet..
Serge zieht scharf Luft ein. Wow. Das ist ja wirklich ein absoluter Freak gewesen. Bei mir musst du dir da wirklich keine Gedanken machen. Ich bin tolerant was Besuch angeht und am Wochenende bin ich eh nie Zuhause. Das einzige was mir wichtig ist, ist das du dich gut mit meinen Freunden verstehst, oder sie zumindest akzeptierst. Sie kommen oft vorbei und Leon hängt eigentlich den ganzen Tag bei mir rum.. Ich nicke.
Das ist kein Problem."
Mit dieser Regel kann ich mich sehr gut anfreunden. So muss ich mich nicht einmal darum bemühen, neue Freunde zu finden.
Was machst du eigentlich an den Wochenenden, wenn du nicht zu Hause bist?" neugierig sehe ich meinen Mitbewohner an.
Dieser zieht eine Augenbraue nach oben. Du kennst mich nicht?".
Dieser Idiot, woher soll ich ihn den kennen?! Der scheint sich ja für ganz schön wichtig zu halten.
muss man das etwa?!" frage ich, in einem schärferen Ton, als ich es wollte. Sofort sehe ich zu Serge und halte mir erschrocken eine Hand vor den Mund.
Doch dieser nimmt die Sache entspannt. Ist schon gut Linnea, das war meine Schuld. Hier in München kann ich nicht mal ohne Sonnenbrille vor die Tür gehen, weil ich sonst von tausend Menschen aufgehalten werde. Unter diesen Umständen vergesse ich manchmal, daß es auch Leute gibt, die mich nicht erkennen.
Also lass uns einfach noch einmal von vorne beginnen. er macht eine kleine Pause.
Hey, ich bin Serge David Gnabry und spiele Fußball für den FCBayern.". Lächelnd streckt er mir die Hand entgegen.
Hey Serge! Ich bin Linnea, kannst mich aber gerne Lins nennen. Schön dich kennen zu lernen. grinsend nehme ich diese an.
Du schaust also gar kein Fußball?
Ich zucke mit den Schultern.
Nein nicht wirklich. Als ich noch mit meinem Ex zusammen war, habe ich ihm zu liebe ein paar Spiele von Bochum angesehen aber so richtig verfolgt habe ich das ganze nie.".
Das müssen wir schnell ändern!" meint Serge.
heute aber nicht mehr. Ich bin ziemlich müde." gähnend stehe ich von der Couch auf und gehe in die Richtung meines Zimmers. Gute Nacht Serge." murmele ich und bekomme ein Gute Nacht Linnea." als Antwort.
Schnell räume ich die letzten Kartons von meinem Bett und ziehe meinen Pyjama an.
Ich schreibe noch meiner Mutter, das alles gut ist, als es leise an der Tür klopft.
Ja?"
Hey, ähh die Jungs würden dich sehr gerne kennenlernen und ich wollte fragen ob es okay für dich ist, wenn wir sie morgen zum Essen einladen?" Serge sieht mich fragend an.
Ja klar, warum nicht? " antworte ich etwas verwirrt. Es sind seine Freunde und seine Wohnung, im Grunde darf er selbst entscheiden wer zu Besuch kommt. Trotzdem finde ich es schön, das er gefragt hat, ob das auch für mich okay ist.
Schnell verschwindet er auch wieder und in meinem Zimmer kehrt Ruhe ein.
Ich bin froh endlich einen netten Mitbewohner gefunden zu haben. Ich verstehe mich gut mit ihm und denke, das wir auch gute Kumpels werden können.
Mit einem guten Gefühl im Bauch schlafe ich ein.

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