Kapitel 36

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„Mensch Linnea, Leon war so ein netter. Schade das du ihn gehen lassen hast!" mit einer Mischung aus Vorfurf und Mitleid in ihrem Blick sieht meine Mutter mich an.

„Es hat einfach nicht funktioniert zwischen uns beiden. Da kann er gar nichts dafür!" schulterzuckend lasse ich mich auf meinen Stuhl auf der Terrasse sinken und nehme einen Schluck von meinem Wein.
„Manchmal soll es einfach nicht sein" bemerkt meine Cousine und legt einen Arm um meine Schulter.
Gemeinsam sitzen wir im Garten und genießen die letzten Sonnenstunden des Oktobers.

Seit der Trennung mit Leon ist inzwischen schon ein Monat vergangen.
So richtig verdaut habe ich alles noch nicht. Aber ich denke, das es der richtige Schritt war.

Ich lebe immer noch bei Serge in der WG. Er hat sogar so viel Rücksicht vor mir genommen, das er sich mit Leon nur dann bei uns getroffen hat, wenn ich nicht da war. Ansonsten war er immer bei Leon in der Wohnung, wenn die beiden was gemacht haben.
Lina hat mich auch total unterstützt und mir bei vielen Dingen geholfen.
So habe ich mich inzwischen an ein Leben ohne Leon gewöhnt.

Dieses Wochenende bin ich für den Geburtstag meines Bruders nach Hause gefahren.
Meine ganze Familie ist zu Besuch. Ich habe mich schon ewig gefreut, endlich meine Großeltern und meine Cousine Mia wieder zu sehen.
Mia ist wie eine Schwester für mich. Weil wir beide mit einem großen Bruder aufgewachsen sind, mussten wir an Familienfesten immer zusammen halten. Dadurch hat sich auch eine unglaubliche Freundschaft entwickelt.
Wir sehen uns zwar nicht oft, aber wenn, wir es endlich mal schaffen, dann ist es so, als wäre der andere nie weg gewesen.

„Ich gehe eurer Oma dann mal mit dem Essen helfen!".
Meine Mutter stellt ihr Glas auf dem Tisch ab und verschwindet im Haus.
Erleichtert atme ich auf. Sie hat mich die letzte halbe Stunde nur über Leon ausgequetscht. Anscheinend hat Sie an ihm echt einen Narren gefressen.

„Jetzt erzähl! Wie war Spanien?!" auffordernd sehe ich Mia an. Sie hat im letzten Jahr ein Auslandsemester in Barcelona verbracht. Seit ihrer Rückkehr im September haben wir uns noch nicht gesehen und es wird höchste Zeit, das sie mir alles über ihr Abenteuer erzählt.
„Oh, es war so schön!" sofort fängt Sie begeistert an alles über ihr Semster zu erzählen.

Als sie am Ende ihrer Erzählungen angekommen ist, sehe ich sie gespielt vorwurfsvoll an.
„Wie konntest du das nur alles ohne mich durchziehen!" gespielt beleidigt verschenke ich meine Arme vor der Brust.
„Ach komm Linnea du kannst mir nicht erzählen, das es in München so scheiße war. Abgesehen von Leon hast du doch so viele neue Leute kennengelernt! Du musst mir unbedingt erzählen wie es ist, mit einem Profifußballer zusammen zu leben!" neugierig sieht sie mich an.
Schulterzuckend nehme ich noch einen Schluck aus meinem Glas.
„Serge ist ganz okay."
„Komm schon, du hast mehr auf Lager!" Mia gibt mir einen Klaps auf den Hinterkopf.
„Du hast Recht" murmele ich und fange an, die lustigsten Geschichten, die ich mit meinem Mitbewohner erlebt habe zu erzählen.
Und da gibt es einige.

„Oh Gott. Hat er nicht gemacht?!"
„Doch!"
Mia und ich brechen in Gelächter aus, nachdem ich ihr von dem Tag erzählt habe, an dem Serge fast unsere Küche abgefackelt hat, weil er sein Essen auf dem Herd vergessen hatte und dann ins Bad gegangen ist, und ewig gebraucht hat, ein Outfit zu finden. Das ist typisch Serge.
Ein Glück, das ich im Wohnzimmer saß.

„Über wen lästert ihr schon wieder?!" lässig lehnt Mein Bruder im Türrahmen der Terassentür und sieht uns zu.
„Niemanden." antwortet Mia.
„Na dann. Gibt essen. Ihr könnt rein kommen!".
„Super!" sofort springe ich auf und sprinte in unser Esszimmer, wo eine große Tafel aufgebaut ist, damit auch jeder einen Platz findet.
Es ist schön, daß endlich alle mal wieder zu Besuch sind.
Wir genießen das Essen, das meine Oma mit Hilfe meiner Mutter gekocht hat und unterhalten uns.

Mein Onkel ist total begeistert von meinem Job bei Audi und Mia erzählt stolz, das sie nächstes Jahr ihr Studium abschließen wird.
Diese Abende mit der Familie lassen mich alle anderen Sorgen vergessen. Auch Leon ist komplett aus meinem Gedanken verschwunden.
Zumindest für diesen einen Abend.

„Bis morgen! War schön dich mal wieder gesehen zu haben Linnea!" meine Oma nimmt mich zum Abschied fest in den Arm.
Wir haben nach dem Essen gemeinsam aufgeräumt und eine Runde Monopoly gespielt.
Jetzt haben wir schon 20 Uhr und meine Großeltern, meine Tante und mein Onkel fahren in das Hotel, wo sie übernachten.
Nur Mia bleibt hier, sie wird bei mir im Zimmer schlafen.
Wenn wir uns schon so selten sehen, müssen wir die Zeit miteinander ausnutzen. Außerdem errinert so ein 'Sleepover' uns an die unbeschwerten Zeiten, wo wir noch keine Jungs - Probleme hatten und uns keine Sorgen über unsere Beachlorarbeit machen mussten.
Das waren gute Jahre.

Den restlichen Abend verbringe ich noch mit meiner Cousine und meinem Bruder auf der Couch.
Wir kucken alle gemeinsam Fußball.
Bayern spielt gegen Leipzig.
Ich versuche natürlich meinen Fokus auf die Mannschaft zu legen, aber er fällt immer wieder auf Leon.
Er gibt auch in diesem Spiel sein bestes. Und es macht mich stolz, ihm dabei zu zu sehen.
Seufzend lege ich meinen Kopf auf Mias Schulter.
Es war die richtige Entscheidung.
Leon kann sein bestes geben. Ohne das ihn jemand dabei aufhält.
Am Ende des Spiels gewinnt Bayern 2-0. Was mich besonders freut ist, das Serge eines der Tore geschossen hat.
In letzter Zeit war er etwas in der Krise gesteckt und wurde vor allem von der Presse stark kritisiert.
Aber im heutigen Spiel hat er gezeigt, das die Zweifel an ihm umsonst sind. Er hat ein richtig gutes Spiel gemacht.

Glückwunsch! Ich wusste, du hast es drauf! :).

„Mit wem schreibst du da?" sofort wirft meine Cousine neugierig einen Blick auf mein Handy.
„Mit Serge! Sei nicht immer so neugierig!" lachend lege ich mein Handy weg und gebe ihr einen sanften Hieb in die Seite.
„Hätte ja auch sein können, das du mit dem da schreibst!" schelmisch grinsend zeigt sie auf den Bildschirm.
Dort ist Leon zu sehen, wie er gerade ein Interview gibt.
Schon lange habe ich seine Stimme nicht mehr gehört. Sie löst ein angenehmes Gefühl in mir aus. Das will ich nicht zulassen.
„Ich geh hoch" murmele ich und verschwinde in mein Zimmer.

Als Mia zu mir kommt liege ich schon im Bett und starre zur Decke.
„Tut mir leid. Ich wollte dich nicht runterziehen".
„Ist schon gut Mia. Ich weiß das du es nicht so gemeint hast.".

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