Kapitel 4

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Montag 17.08.

Es war ungewohnt, nicht zur Arbeit zu fahren. Doch Matthias wollte seine Krankschreibung nutzen. Er könnte ein paar Tage einfach nichts tun und sich entspannen. Und das tat er auch. Die Stunden plätscherten dahin, ohne dass er irgendetwas Produktives tat.

Am Abend trafen sie sich bei Oskar zu Hause. Matthias hatte gewartet, bis er zu Hause war und war dann schnell auf Socken zum Nachbarhaus hinübergeflitzt. Gut, dass Johnny nicht da war, der würde direkt wieder einen Anfall bekommen, dass doch jetzt sein weißer Teppich dreckig werden würde. 

Als Oskar ihm die Tür öffnete, erschrak Matthias beinahe. Sein Freund sah aus, als hätte er geweint und er war leichenblass. 

„Alles in Ordnung?", fragte er nach, doch Oskar antwortete nicht, sondern trat nur einen Schritt beiseite, damit er hineinkommen konnte. Er folgte ihm ins Wohnzimmer und ließ sich etwas weniger schwungvoll als sonst auf die graue Couch fallen. Fast behutsam setzte Oskar sich und zog die Knie unters Kinn. 

„Was ist?", versuchte Matthias ihn erneut aus der Reserve zu locken, doch Oskar schwieg. Matthias rutschte ein Stück näher an ihn heran. 

„Du vermisst ihn, oder?", fragte er vorsichtig und wie auf Kommando sah er eine Träne Oskars Wange hinunterlaufen. Schnell wischte er sie weg, nahm seine Brille ab und rieb sich über die Augen. 

„Ich frage mich immer, ob er mich auch so sehr vermisst", schluchzte er und legte seine Brille auf den Glastisch vor ihnen. 

„Bestimmt. Aber er kommt doch bald wieder. Mach dir nicht so viele Gedanken", versuchte er weiter, ihn zu beruhigen, doch es schien nicht zu helfen. Wie ein Stein ließ Oskar sich zur Seite fallen, sodass Matthias ihn auffangen musste, damit er nicht gegen ihn knallte. Er schlang die Arme um ihn und ließ ihn eine Weile weinen. 

„Hast du Lust, Pizza zu bestellen?", fragte Oskar nach einigen regungslosen Minuten. 

„Klar! Du bist eingeladen. Doktoranden sind doch arm, oder nicht?", scherzte er und knuffte ihn in die Seite. 

„Ach, weißt du, ich habe reich geheiratet!", gab er zurück und es erschien eine Spur des Lächelns auf seinen Lippen.

Knapp 45 Minuten später hatte jeder von ihnen einen Pizzakarton auf dem Schoß. 

„Stell dir mal vor, Johnny würde uns hier so sehen", scherzte Oskar, als er sich ein Stück in den Mund schob. 

„Besser nicht, der würde einen Anfall kriegen. Fettflecken auf dem Sofa und so", schmatzte Matthias. 

„Stimmt."

„Weißt du was?", fragte Oskar nach einigen Minuten. Matthias warf ihm einen fragenden Blick zu. 

„Wenn ich mit meiner Doktorarbeit fertig bin, wollen wir richtig Urlaub machen. Ein paar Wochen irgendwo hinfahren, wo wir nur Zeit für uns haben", fuhr er fort. 

„Klingt doch gut. Wohin wollt ihr?"

Oskar zuckte die Schultern. 

„Weiß noch nicht. Irgendwo in die Sonne. Vielleicht zu unserem zweiten Hochzeitstag, wie zweite Flitterwochen."

„Das wäre doch cool. Esra will nächstes Jahr wieder in die Türkei. Ich soll mit, hat sie schon gesagt", erzählte Matthias. 

„Wieso denn nicht? Ihr wart noch nie zusammen im Urlaub."

Matthias legte sein angebissenes Pizzastück zurück in den Karton. 

„Zwischen uns ist es auch irgendwie anders als bei euch. Ihr seid so... ich weiß auch nicht."

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