Kapitel 42

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Donnerstag, 24.09.

Matthias lag hellwach in seinem Bett. Theoretisch konnte er noch zwei Stunden schlafen, doch immer wenn er die Augen schloss, sprangen sie wie automatisiert wieder auf. Nachdem er verzweifelt versucht hatte, wieder einzuschlafen, gab er es schließlich um halb fünf auf. Er tastete nach seinem Handy, das er nachts immer auf seinem Nachtisch liegen hatte und fand es schließlich. Als er einen Blick darauf warf, schien es ihm wie ein schlechter Scherz. 

Es war, als hätte er nicht schlafen können, weil die Nachricht unbedingt gelesen werden wollte. Er klickte auf die Nachricht von Oskar und las sie. 

„Bitte, du musst mit helfen. Ich erreiche Johnny nicht, vielleicht ist ihm irgendetwas passiert. Er kommt nicht mehr nach Hause und er geht nicht an sein Handy. Weißt du, wo er ist? Kannst du versuchen ihn zu erreichen?"

Oskar schien wirklich verzweifelt zu sein, doch Matthias hatte eigentlich keine Lust, den Vermittler zwischen den beiden zu spielen. In seiner Brust bildete sich ein Knoten, wenn er daran dachte, wie Oskar ihn abgewiesen hatte. Doch allmählich schien die Wunde in seinem Herzen zu heilen. 

Zwar hatte er sich wirklich in Oskar verliebt und das auch ziemlich heftig, doch die Sache zwischen ihnen war doch ziemlich schnell, wenn auch unfreiwillig, beendet gewesen. Er seufzte, doch dann entschied er sich, ihm zumindest zu antworten. 

„Ich weiß nicht genau, wo er ist. Er wollte in ein Hotel, aber er hat nicht gesagt, in welches."

Augenblicklich erhielt er eine Antwort. 

„Könntest du versuchen, ihn zu erreichen?", wollte Oskar wissen und er ärgerte sich, dass er es anscheinend für selbstverständlich hielt, dass er ihm half, wieder mit seinem Ehemann zusammenzufinden. Er schluckte den Kloß in seiner Kehler hinunter. 

„Ich versuche es", antwortete er, dann schrieb er eine Nachricht an Johnny. Er erkundigte sich nur, wie es ihm ging. Absichtlich erwähnte er nicht, dass Oskar es ihm aufgetragen hatte, denn sonst würde Johnny auf gar keinen Fall antworten. Er starrte noch ein paar Minuten auf sein Handy, doch Johnny antwortete nicht. 

„Er antwortet nicht. Aber vielleicht schläft er noch", teilte er Oskar mit, dann legte er sein Handy wieder auf den Nachttisch und drehte sich auf die andere Seite. Doch schon ein paar Minuten später wälzte er sich wieder auf die andere Seite und griff nach seinem Handy. 

Er verspürte das Verlangen, seinem Freund zu helfen. Obwohl Oskar ihn ziemlich verletzt hatte, fühlte er sich ihm noch immer verbunden. Seit fast zwanzig Jahren hatten sie sich jeden Tag gesehen, das konnte man nicht einfach vergessen. Auch wenn sein Herz noch schmerzte, wusste er in diesem Moment, dass er ihm verzeihen würde. Jedoch nicht vergessen. 

„Ich denke, Johnny hat dir schon verziehen. Er will nur eine Entschuldigung. Und wahrscheinlich wird er dich noch sehr lange daran erinnern, vor allem, wenn er seinen Willen durchsetzen will", schrieb er ihm und konnte nicht anders, als dabei zu grinsen. Er konnte sich bildlich vorstellen, wie Johnny Oskars schlechtes Gewissen in vollen Zügen ausnutzte. Was auch sein gutes Recht war, er würde es an seiner Stelle genau so machen. 

„Wie soll ich mich bei ihm entschuldigen, wenn er mich ignoriert?", wollte Oskar wissen, doch er befürchtete, dass Johnny den Zeitpunkt bestimmte, wann er die Entschuldigung hören wollte. 

„Gib ihm noch ein paar Tage Zeit."

„Das ist einfacher gesagt, als getan."

„Ich weiß... Aber du schaffst das schon. Weißt du schon das Neuste?", schrieb er und bereute es sofort. Er kam in Plauderlaune, ohne an sein gebrochenes Herz zu denken. Er war doch noch immer verletzt, oder?

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