Kapitel 47

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Dienstag, 29.09.

Am nächsten Morgen wurde Matthias unsanft aus dem Tiefschlaf gerissen. Noch vollkommen übermüdet trank er einen Kaffee aus seiner neuen Maschine und sah seine Nachrichten durch. Doch die einzige Person, von der er eine Nachricht erhoffte, schwieg. Vielleicht hatte er Jonas schon vergrault, bevor er ihn richtig kennenlernen konnte. Er musste sich wohl oder übel bis Freitag gedulden, auch wenn es ihm schwerfiel. Doch jemand anders hatte ihm geschrieben. 

„Ich könnte jemanden zum reden gebrauchen", schrieb Oskar. Kurz schloss er die Augen, denn es war klar, dass er mit ihm über Johnny reden wollte. Doch würde er ihm absagen, könnte der Eindruck entstehen, er hätte noch immer Gefühle für ihn. Was nicht mehr der Fall war, wie ihm schlagartig bewusst wurde. Seit er Jonas getroffen hatte, waren die Gedanken an Oskar immer blasser geworden, bis sie zu einer Erinnerung in seinem Hinterkopf abgespeichert worden waren. 

„Wir können uns nach der Arbeit treffen. Wo soll ich hinkommen?"

Keine Minute später hatte Oskar ihm schon geantwortet. 

„Ich komme zu dir. So um sechs?"

Matthias schrieb ihm noch, dass er einverstanden war, dann stellte er sich unter die Dusche und fuhr zur Arbeit.

Natürlich hatte Diana alle Einzelheiten zu Jonas wissen wollen, doch wenn er ehrlich war, hatte er die Unterhaltung ziemlich abrupt beendet. 

„Meinst du, er will mich nicht kennenlernen, weil ich ein Kind habe?", fragte er sie und fuhr mit seinem Stuhl an ihren Tisch. 

„Das ist immer schwer einzuschätzen, wenn man jemanden noch nicht gut kennt. Aber ich bin mir sicher, dass du es am Freitag erfahren wirst."

„Wenn er sich überhaupt noch mit mir treffen will."

Diana seufzte. 

„Jetzt mal doch nicht alles so schwarz. Er wird schon kommen. Und wenn er dich versetzt, dann war er es sowieso nicht wert. Aber denk dran, dass er dich nach Hause gebracht hat, obwohl ihr euch erst an diesem Abend kennengelernt habt", sagte sie und sah ihn dabei eindringlich an. Sie schien es ernst zu meinen, denn sie drückte ihm kurz die Hand, so als wollte sie ihm Mut zusprechen. Doch schneller als erwartet wurde ihre Unterhaltung von Franziska unterbrochen, die auf klackernden Absätzen zu ihnen herüber kam. 

„Wie ich sehe seid ihr schwer beschäftigt", sagte sie in einem vorwurfsvollen Ton und mit einer fließenden Bewegung fuhr Matthias wieder zu seinem eigenen Arbeitsplatz. Strammen Schrittes marschierte sie an ihm vorbei und verschwand im Aufenthaltsraum. Er warf Diana einen zerknirschten Blick zu, dann wandten sie beide sich wieder der Arbeit zu. Einige Minuten später kam Franziska zurück und blieb kurz neben ihnen stehen. 

„Wo ist Philipp?", fragte sie und zu seiner Schande musste Matthias gestehen, dass er sein Fehlen noch nicht bemerkt hatte. Er und Diana sahen sich kurz an, dann zuckten sie die Schultern. 

„Falls er sich bei euch meldet, schickt ihn bitte zu mir", sagte sie noch, dann verschwand sie wieder in ihr Büro. 

„Merkwürdig, dass er noch nicht da ist", hörte er Diana neben sich sagen, doch er selbst hatte ganz andere Sorgen. 

„Sag mal, spinnt deine Mouse auch?", fragte er sie und bewegte die Mouse hin und her, doch der Zeiger bewegte sich keinen Millimeter. 

„Nein, wieso...", brach sie ab, dann stieß sie einen überraschten Laut aus. 

„Nicht nur die Mouse, bei mir ist gerade alles schwarz geworden", erklärte sie und drückte einige Tasten auf der Tastatur. Matthias sah zu ihr herüber und sah aus dem Augenwinkel, dass sein Bildschirm erst flackerte und sich dann ebenfalls schwarz färbte. 

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