Kapitel 16

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Samstag, 29.08.

Matthias hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Erst als nur noch eine Handvoll Leute im Club waren, beschlossen sie, sich auf den Heimweg zu machen. Als sie nach draußen gingen, empfing sie bereits die Sonne, die aufging. Am Bahnsteig ließ Oskar sich auf den Boden sinken. 

„Alles okay?", fragte Matthias besorgt, doch Oskar nickte. 

„Ich habe so viel getrunken", nuschelte er und hielt sich den Kopf. 

„Komm schon, steh auf!"

Matthias zog ihn hoch und legte den Arm um ihn. Während der Fahrt spürte er, wie die Wirkung des Alkohols nachließ. Oskar saß mit geschlossenen Augen neben ihm, der Kopf war auf Matthias Schulter gesunken. 

„Geht's dir gut?", fragte er ihn leise, woraufhin Oskar nickte, dann schlug er die Augen auf und sein Blick war klarer, als er es erwartete hatte. 

„Dreht sich bei dir noch alles?", fragte Matthias und grinste. 

„Geht wieder", antwortete er und lachte.

„Ich bin wohl etwas aus der Übung."

„Du wirst alt", erklärte Oskar und stupste ihn mit der Schulter an. 

„Scheint so!"

Mit einem Lächeln im Gesicht dachte er an die Zeit zurück, als er 18 gewesen war. Fast jedes Wochenende war er mit Oskar in die Disko gegangen. Für einige Monate hatte Oskar ihn hängen lassen, als er seinen ersten Freund hatte. Genauso war es gewesen, als Oskar Johnny kennengelernt hatte. Doch ziemlich schnell musste Johnny sich damit abfinden, dass er Oskar teilen musste. Zwar nicht in dem Sinne, dass er und Oskar etwas miteinander gehabt hätten, aber sie verbrachten ziemlich viel Zeit miteinander.

„Wir müssen aussteigen", riss Oskar ihn aus seinen Gedanken. Etwas verwirrt blickte er sich um und stellte fest, dass er recht hatte. Allmählich erhob er sich und folgte seinem Freund zur Tür. 

Als sie den Bahnsteig betraten, war dieser menschenleer. Obwohl niemand da war, der sie hätte beobachten können hielt Oskar einige Zentimeter Abstand von ihm. Matthias spürte das Verlangen, seine Hand zu nehmen, doch er wagte es nicht. 

Einige Zeit gingen sie schweigend nebeneinander her. 

„Kommst du noch mit zu mir?", fragte Oskar schließlich und wirkte ziemlich verunsichert. Matthias sah ihn einige Augenblicke an. 

„Klar."

Er lächelte, doch er schien nervös zu sein. 

„Was ist?"

„Ich will dir noch was zeigen", sagte er, als sie an seiner Haustür angekommen waren. Mit zitternden Fingern schloss er auf und ging geradewegs in die Küche. Wortlos folgte er ihm und beobachtete, wie Oskar die Tür zur Terrasse öffnete. Im Türrahmen blieb er stehen und zog ihn zu sich heran. 

„Ich habe den Whirlpool vorhin angemacht. Müsste jetzt ziemlich warm sein."

Matthias schluckte. Im Garten hatten sie sich einen Whirlpool bauen lassen, versteckt unter einer Art Holzpavillon, der von außen nicht einsehbar war. 

„Klingt entspannend", neckte er ihn, woraufhin Oskar ihn am Ellbogen anstupste. Matthias wusste, was er vorhatte. Er wollte ihn verführen. Deswegen war er auch schon den ganzen Abend so nervös. Einen Moment zögerte er. Was hatte er schon zu verlieren? Mit Esra war es sowieso schon lange vorbei und es fühlte sich richtig mit Oskar an. Dieser wartete ab, dass er den nächsten Schritt machte. 

„Ja", sagte er schließlich und grinste in sich hinein, denn Oskar schien nicht zu begreifen. Matthias griff in seine Gürtelschlaufen und zog ihn zu sich, dann küsste er ihn. 

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