Kapitel 59

26 6 63
                                    

Sonntag, 16.05.

„Steh auf, sonst kommen wir zu spät", hörte Matthias Jonas Stimme an seinem Ohr, doch er ließ die Augen geschlossen. Ein Lächeln schlich sich ungewollt auf seine Lippen, was ihn verriet. 

„Ich schlafe noch", murmelte er und drehte sich auf die andere Seite. Er spürte, wie Jonas sich an ihn kuschelte. 

„Jetzt stehe ich bestimmt nicht mehr auf", lachte er und fing an, ihn zu küssen. Doch ziemlich schnell löste Jonas sich von ihm und stand auf. 

„Ich meine es ernst, wir müssen bald los", mahnte er ihn und zog ihm die Decke weg. 

„Noch fünf Minuten", bettelte er, doch Jonas blieb hart. 

Eine halbe Stunde später saßen sie in Jonas Twingo, Matthias Haare waren noch leicht feucht und er noch ziemlich verschlafen. Seufzend warf er Jonas einen Blick zu. 

„Du musst nicht mitkommen. Ich schaffe das auch allein", sagte er, doch er wusste, dass er ihn eigentlich schon dabei haben wollte, doch er wollte ihm keine Umstände machen. Immerhin war es sein Kind und auch für Jonas würde sich einiges ändern, wenn Aaliyah bei ihm war. 

„Ich komme aber mit. Sie ist praktisch meine Stieftochter, also... sollte sie sich direkt an mich gewöhnen", gab er zurück, doch er hatte den Blick gesenkt. Matthias versuchte, seine Gedanken zu lesen, doch es war unmöglich.

 Nach ein paar Sekunden lachte er kurz und freudlos, als wäre ihm ein ziemlich absurder Gedanke gekommen, doch er sprach ihn nicht aus. Schnell startete er den Motor und fuhr los. Erst als er aus der Ausfahrt gefahren und sich in den Verkehr eingefädelt hatte, wagte Matthias, ihn anzusprechen. 

„Was denkst du?", fragte er vorsichtig, denn er spürte, dass Jonas über etwas nachdachte. Es dauerte noch ein paar Sekunden, bis er antwortete. 

„Ich hab nur Angst, dass du dich wieder in sie verliebst", sagte er leise und starrte dabei stur auf die Straße. Matthias schluckte. Er wusste, dass Jonas eifersüchtig war, doch er musste sich wirklich keine Sorgen machen. 

„Mach dir keine Sorgen. Das wird nicht passieren. Ich liebe dich, nicht sie. Auch wenn wir zwei Kinder haben", sagte er und wandte sich ihm zu. Zögernd legte er ihm die Hand aufs Knie, doch er seufzte nur. 

„Ich meine es ernst. Du kannst immer dabei sein, wenn wir uns sehen. Ich habe keine Gefühle mehr für sie. Oder sonst irgendjemanden als dich", fuhr er fort und er glaubte, den Hauch eines Lächelns auf Jonas Lippen zu sehen. Trotzdem schwieg er die restlichen Minuten, bis sie vor Esras Haustür parkten. 

Jonas schaltete den Motor aus und stieg aus, doch Matthias Beine wollten sich keinen Millimeter bewegen. Plötzlich war er so nervös, dass seine Hände anfingen zu schwitzen. Schnell wischte er sie an seiner Jeans trocken, doch es funktionierte nicht wirklich. 

Gleich würde er seine kleine Tochter auf dem Arm haben. Würde sie spüren, dass er ihr Vater war? 

Erschrocken bemerkte er, dass Jonas die Beifahrertür geöffnet hatte und mit verschränkten Armen vor ihm stand. Zögerlich sah er zu ihm hoch und zwang sich zu einem Lächeln. 

„Ich hab Schiss", gab er zu, doch Jonas seufzte und hielt ihm eine Hand hin. 

„Komm schon. Falls sie auf Streit aus ist, bin ich ja auch noch da", versuchte er ihn aufzumuntern, doch nur widerwillig nahm er seine Hand und stieg aus. Sein Magen grummelte unangenehm und obwohl er gleichzeitig wegrennen und zu seiner Tochter wollte, musste Jonas ihn hinter sich her ziehen. 

„Komm schon, Schatz", mahnte Jonas ihn, als er den Finger auf die Klingel legte. 

„Sie ist deine Tochter", fügte er an und keine Sekunde später wurde die Haustür geöffnet und Duygu kam auf ihn zugestürmt. 

Slice of Life - A New ExperienceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt