Kapitel 60

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Montag, 17.05.

An diesem Morgen hatte Jonas ihn kaum gehen lassen wollen. Es war offensichtlich, dass er insgeheim wirklich eifersüchtig auf Esra war. Doch vielleicht würde er es sogar schaffen, vor ihm zu Hause zu sein. Matthias beschloss, etwas früher als verabredet zu Esra zu fahren. Doch zuerst musste er zur Arbeit.

„Hey!", begrüßte Diana ihn freudestrahlend und gleichzeitig schien sie ziemlich aufgekratzt zu sein. Sie wusste, wo er am Freitag gewesen war. Kaum dass er sich auf seinen Platz gesetzt hatte, kam sie auf ihrem eigenen Stuhl zu ihm herangefahren. Neugierig starrte sie ihn an, doch er grinste nur. 

„Und? Wie war das Ergebnis?", drängte sie ihn und fing an, ihm auf die Schulter zu schlagen. Matthias holte tief Luft und spürte, dass er stolz auf seine Tochter war. Es war ihm bisher noch nicht wirklich bewusst gewesen, doch er war auch erleichtert, dass er der Vater war. So wusste er immerhin, dass Aaliyah jemanden hatte, der sich um sie kümmerte und sie liebte. 

„Ich bin es", sagte er nur und konnte nicht anders, als vor sich hin zu grinsen. Diana lachte laut, dann fiel sie ihm um den Hals. 

„Und wie geht's dir damit?", wollte sie wissen, doch bevor er antwortete, schob er sie von sich weg. 

„Ganz gut, denke ich. Heute Nachmittag gehe ich sie besuchen", sagte er und sie grinste übers ganze Gesicht. Doch nach einigen Sekunden wurde ihre Miene ernster. 

„Und mit Jonas ist alles in Ordnung?"

„Ja", erwiderte er und lächelte. 

„Er hat es ziemlich gut aufgenommen. Besser als ich", sagte er und Diana nickte. 

„Wie sagt ihr jungen Leute immer? Läuft bei dir?", lachte sie und boxte ihm noch einmal leicht gegen den Arm. 

„Ja, klar", erwiderte er, doch dann wandte er sich seinem Bildschirm zu. Er würde sich heute ein bisschen beeilen müssen, wenn er früher gehen wollte. 

„Guten Morgen!", ertönte eine allzu vertraute Stimme und augenblicklich überkam ihn ein schlechtes Gewissen. Er hatte ganz vergessen, Louisa Bescheid zu sagen. Sie kam auf ihn zu, die Arme verschränkt und setzte ein gespielt beleidigtes Gesicht auf. 

„Du hast mich gar nicht angerufen!", beschwerte sie sich, doch dann lächelte sie. 

„Er ist der Vater", sagte Diana trocken, doch Louisas Reaktion war ähnlich wie ihre. Sie umarmte ihn fest und quietschte. 

„Das ist so toll!", lachte sie, dann setzte sie sich auf ihren Platz. Seit letztem Monat war sie seine neue Kollegin. Matthias konnte noch immer nicht glauben, wie sie sich entwickelt hatte. Sie hatte sich in der Hochschule im Abendkurs eingeschrieben und arbeitete tagsüber mit ihm zusammen bei der Caritas.

Den Vormittag verbrachten die beiden Frauen damit, sich über seine Vaterqualitäten auszulassen, doch er ignorierte sie. Er würde heute früh Feierabend machen, damit er Jonas überraschen konnte. 

Matthias schaffte tatsächlich seine Arbeit schneller, als gedacht. Um kurz nach drei machte er sich auf den Weg und rief im Auto kurz noch Esra an, bevor er losfuhr. Sie schien sich zu freuen, dass er früher kam, als erwartet. Doch er fuhr nicht wegen ihr hin, sondern wegen seinen Kindern. 

Eine Viertelstunde später parkte er seinen Wagen neben Esras und stieg aus. Plötzlich war er seltsam nervös, doch er straffte die Schultern und legte den Finger auf die Klingel. Fast augenblicklich wurde die Tür aufgerissen, doch nicht von Duygu, wie üblich, sondern von Esra. 

Sie hatte die kleine Aaliyah auf dem Arm und strahlte ihn an. Etwas verunsichert wegen ihrer überschwänglichen Laune kratzte er sich am Kopf und erwiderte ihr Lächeln. 

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