Kapitel 7

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Donnerstag, 20.08.

Die Sonne prallte unbarmherzig in sein Gesicht. Mit zusammengekniffenen Augen klappte er die Sonnenblende in seinem Wagen herunter. Auch wenn es heute fast 30 Grad waren schwitzte er ungewöhnlich stark. Er war nervös. Gleich würde er Zeit allein mit Esra verbringen. Bereits jetzt meldete sich sein schlechtes Gewissen. Er hatte zumindest eine andere Person geküsst, und zwar ganz schön leidenschaftlich, wenn er sich richtig erinnerte. Das mit Oskar zählte nicht, es war ja eher ein Überfall gewesen. 

Je weiter er die Straße entlang fuhr, desto drängender wurde der Gedanke, dass er Esra alles erzählen sollte. Lieber sagte er es ihr selbst, bevor sie es über Dritte herausfand. Und so etwas kam immer heraus, früher oder später. 

Sein Herz wurde ihm noch schwerer, als er an Esras letzte Beziehung dachte. Sie war lange Jahre mit Max zusammen gewesen, doch er hatte eine Affäre gehabt. Sie war so verletzt gewesen, dass sie ihn kurzerhand vor die Tür gesetzt und aus Einsamkeit etwas mit ihm angefangen hatte. So war er wieder ins Spiel gekommen. Das war vor knapp einem Jahr gewesen. Ein Kuss war zwar etwas ganz anderes als eine Affäre, aber trotzdem würde sie es als Verrat sehen.

Missmutig parkte er seinen Wagen neben ihrem in der Auffahrt. Er war nicht ganz pünktlich, aber immerhin nur sieben Minuten zu spät.

„Da bist du ja", begrüßte sie ihn und schlang die Arme um ihn. Sehnsüchtig sog er ihren Duft ein. 

„Du riechst so gut", murmelte er und schob sie drängend in Richtung Schlafzimmer. Als sie es betraten stellte er fest, dass Esra schon einiges vorbereitet hatte. Die Jalousien waren heruntergelassen, über das Bett hatte sie eine weiße Tagesdecke ausgebreitet und auf dem Nachttisch flackerten Kerzen. Aufreizend ließ sie sich auf die Decke fallen. 

„Oh, was hast du denn vor?", säuselte er und setzte sich neben sie. 

„Wonach sieht es denn aus?", hauchte sie zurück und bot ihm ihren Hals an, den er sofort mit Küssen übersäte.

Eine Stunde später lagen sie nur in Unterwäsche auf dem Bett. Sie lagen auf der Seite, die Gesichter einander zugewandt. Sanft strich er ihr über die Wange. Sie sah glücklich aus. Sein Entschluss, ihr von seinem Fehltritt zu erzählen bröckelte mit jeder Sekunde mehr. 

„Über was denkst du nach?", fragte sie plötzlich in die Stille hinein und er fühlte sich augenblicklich ertappt. 

„Gar nichts", sagte er schnell, doch er sah in ihrem Blick, dass sie ihm nicht glaubte. 

„Warum redest du nicht über deine Gefühle mit mir?", hakte sie nach. 

„Weil ich das nicht so gut kann", war seine knappe Antwort. Er sollte sie lieber schnell von der Idee wieder abbringen, tiefer in ihm zu graben. 

„Du hast nur keine Lust, dich damit auseinanderzusetzen."

Er erwiderte nichts. Sie rutschte näher an seine Brust heran und kuschelte sich an ihn. 

„Also ich denke über uns nach", sagte sie schließlich ein wenig trotzig. 

„Ach ja?", fragte er etwas beunruhigt, doch sie lachte leise. 

„Ich finde, wir sollten endlich den nächsten Schritt wagen und zusammenziehen. Du könntest hier einziehen, Platz haben wir hier genug."

Sein Herz rutschte ihm in die Hose. Fragte sie ihn ernsthaft, ob er bei ihr einziehen wollte? Hatte er im Moment nicht schon genug Probleme? Reglos lag sie da und erwartete eine Antwort. 

„Ich... weiß nicht. Meinst du nicht, dass das alles ein bisschen schnell geht?", sagte er und noch bevor er es ausgesprochen hatte, wusste er, dass sie etwas anderes erwartet hatte. 

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