Kapitel 35

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Donnerstag, 17.09.

Matthias hatte wieder in seinem eigenen Bett geschlafen. Es tat ihm so gut, dass sie sich alle wieder vertragen hatten und er wusste, auf wen er zählen konnte.

Sein Wecker riss ihn aus dem Schlaf und bevor er aufstand, schlummerte er noch ein paar Minuten. Seine Gedanken wanderten unfreiwillig zu Oskar, wieder einmal. Immer wieder hallten in seinem Kopf seine Worte, dass er Johnny mehr liebte als ihn. Er schaltete seinen Wecker aus, der ein zweites Mal klingelte und schaute dann auf sein Handy. Er hatte eine neue Nachricht. Neugierig las er, was Johnny ihm heute Nacht um halb drei geschrieben hatte. 

„Er ist so ein Arsch. Ich hasse ihn!", schrieb er. Matthias konnte nicht glauben, dass Oskars Version noch immer von seiner abwich. Nie im Leben hätte er gedacht, dass er sich so in einem Menschen täuschen konnte. 

„Was hat er dir erzählt?", antwortete er ihm, dann stand er auf und machte sich fertig. Wieso konnte Oskar nicht einfach zugeben, dass er sich einsam gefühlt hatte und Gefühle für jemand anders entwickelt hatte? 

Noch immer darüber grübelnd parkte er einige Zeit später seinen Wagen auf dem Parkplatz vor dem Caritas-Gebäude. Heute achtete er darauf, dass er einen Parkplatz wählte, der auch tatsächlich einer war. Er wollte nicht schon wieder ein Knöllchen bekommen. 

Bevor er ausstieg, sah er noch einmal auf sein Handy, doch Johnny hatte sich nicht gemeldet. Seufzend schob er es in seine Hosentasche, dann stieg er aus und ging in das Gebäude.

Als er sich an seinen Platz setzte, begrüßte Diana ihn freudestrahlend. Wie konnte sie nur immer so gut gelaunt sein? 

„Ich habe mit meinem Bruder gesprochen!", verkündete sie und ihm fiel wieder ein, dass sie ihn nach einer Wohnung für ihn fragen wollte. 

„Und?", fragte er neugierig und wurde plötzlich ganz aufgeregt. 

„Wenn du Interesse hast, könntest du dir eine Wohnung ansehen. Ist allerdings die einzige, die im Moment frei ist. Hab dir eine Mail geschickt mit den Eckdaten und einem Grundriss. Auch seine Telefonnummer, ruf ihn einfach mal an, wenn du willst", sagte sie und lächelte. 

„Danke!", strahlte er und fuhr seinen Computer hoch. 

„Hast was gut bei mir", fügte er an, woraufhin sie diabolisch grinste. 

„Also... eigentlich wäre ich diese Woche mit Post sortieren dran."

Matthias salutierte. 

„Post wird sortiert!", lachte er und öffnete sein Mailprogramm. Gespannt sah er sich die Mail von Diana an. Der Grundriss sah auf jeden Fall gut aus. Es gab ein großes Wohnzimmer, ein Schlafzimmer und sogar ein kleines drittes Zimmer, das er für Duygu einrichten konnte. Er beschloss, Dianas Bruder in der Mittagspause anzurufen.

Er konnte sich bereits heute Abend die Wohnung angucken kommen. Er war nicht das erste Mal dankbar für sein Vitamin B. Als er nach der Arbeit in seinem Auto saß, rief er leicht panisch seinen Vater an. Sie verabredeten sich vor der Wohnung, die er sich ansehen wollte. Er war froh, dass er ihm helfen würde. Schließlich hatte er keine Ahnung, auf was er achten musste.

Bevor er zu der Wohnung fuhr, holte er sich noch einen kleinen Snack beim Bäcker, dann machte er sich auf den Weg. Die Wohnung lag ganz in der Nähe von Villes Laden, zu Fuß etwa zehn Minuten entfernt. Er parkte seinen Wagen ein Stück die Straße runter in einer engen Lücke. An diese ewige Parkplatzsucherei würde er sich noch gewöhnen müssen. 

Er stieg aus und betrachtete das Haus von außen. Es war ein Mehrfamilienhaus, drei Stockwerke hoch und ziemlich schick. Es war weiß gestrichen, doch in der Mitte der Fassade war es mit waagerecht stehenden Glasfenstern versehen. Es sah so aus, als wären Fenster in der Mitte gedreht, sodass sie offen waren, doch bei näherer Betrachtung fiel auf, dass man die Scheiben nicht bewegen konnte. Dahinter befand sich ein Treppenhaus mit Laubengängen in jeder Etage. Die Wohnung, die er sich ansehen würde, lag im obersten Stockwerk. „Hi, da bist du ja schon!" begrüßte sein Vater ihn, der sich neben ihn stellte. Er hatte ihn gar nicht kommen sehen. 

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