Die restliche Nacht verbrachte Jeno an der Reling des Schiffes. Niemand der anderen Besatzung war erwacht und Jeno nahm an, dass Donghyuck, Jaemin, Renjun und Jisung schlafen gegangen waren. Jaemin hatte sich mit Jisung in Jisungs Kajüte zurückgezogen und wie er Donghyuck kannte, wenn er sagte, er ginge schlafen, suchte er sich die nächste Nische, die er finden konnte und schlief dort, als wäre es sein Zuhause.
Als die ersten Sonnenstrahlen über das dunkle Meer strichen und die kalte Nachtluft durchleuchteten, schrak Jeno aus seinem Starren heraus und blinzelte sich die ansteigende Müdigkeit aus den Augen, bis er spürte, wie Energie in seinen Körper floss.
Es dauerte nicht lange, bis das Schiff zum Leben erwachen schien. Menschen kamen aus dem Schiffsinneren nach oben, streckten sich und gähnten. Nach kurzer Zeit trat Donghyuck neben ihn und sah hinunter ins Wasser.
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Der Hafen Aloseas war lebhafter als der Tizoths. Die Luft war frischer, frische Seeluft und Fischgeruch, keine vergammelte, drang durch die Gassen und Straßen und ließ das Hafenviertel somit als offensichtliches wohlhabendste Viertel dastehen (anders, als in vielen anderen Städten (unter anderem auch Tizoth), in welchen das Hafenviertel oftmals der meist versiffte Stadtteil war).
Die fünf standen noch einige Minuten im Hafen und hörten sich schweigend das Gespräch zwischen Jaemin und Jisung an, welches leise ausgetauscht wurde.
»Komm mit uns, Jisung. Das ist die Gelegenheit, aus diesen Geschäften von Seeleuten herauszukommen. Dein Vater würde vermutlich gar nicht einmal bemerken, dass du verschwunden bist, bis er vom Kapitän angebrüllt wird, du solltest die Fischnetze flicken.«
Jisung zögerte und biss sich auf die Unterlippe. Er ließ seine Augen abwechselnd auf Jaemin und den Boden hin- und her schweifen, trocknete seine schwitzigen Hände an seiner Jacke.
Jeno seufzte und ließ den Kopf in den Nacken fallen, während er seine Hände in den Taschen seines Mantels vergrub.
»Ich weiß. Ich würde auch mit euch kommen, aber...« Er hob den Blick und sah Jeno einen kurzen Moment an, doch als Jeno nicht anders konnte, als Jisung durchdringend anzustarren, wandte er seinen Blick sofort wieder ab. »Ich weiß nicht, ob er dafür wäre.«
Jaemin sah Jeno fragend an, da er sofort verstand, wen Jisung mit er meinte. Jeno nickte nur. Solange Jisung ihm nicht wie Klotz am Bein hängen würde und Jaemin ihm vertraute, war es kein Problem für ihn.
Schließlich nickte Jisung und Jaemin stieß einen erleichterten Seufzer aus, während er Jisung in den Arm nahm und ihn fest an sich drückte.
»Ich möchte diesen Moment nicht zerstören, aber es wäre sinnvoll, wenn wir uns langsam auf den Weg machen. Am besten stehlen wir uns Pferde, zumindest bis zum nächsten Dorf«, sagte Donghyuck und zog die Aufmerksamkeit der anderen vier auf sich.
»Warum nur bis zum nächsten Dorf? Wollen wir nicht durch die Täler in den Süden?«, fragte Jaemin.
Jeno schüttelte sofort den Kopf. »Ich möchte in die Haupt- und Großstädte von Vraudron. Da finden wir wahrscheinlich mehr Hinweise, die uns zu diesen bringen. Mit Pferden die Berge zu überqueren, würde uns vermutlich so sehr verlangsamen, wie bis dahin zu Fuß zu gehen.« Jeno legte seinen Blick auf Renjun. »Und wir sollten vermutlich vermeiden, in die Nähe der Grenzgebiete an Zruginia zu kommen, wenn wir es nicht müssen. Dass man dich noch immer sucht ist unwahrscheinlich, aber nicht auszuschließen.«
Renjun nickte und Jeno sah, wie Erleichterung seine Gesichtsmuskeln entspannen ließ.
»Ich fühle mich jetzt schon so, wie auf einer Schatzsuche von einem Kindergeburtstag«, grummelte Donghyuck.
»Wir teilen uns auf. Zu fünft sind wir zu auffällig, um Pferde zu stehlen. Donghyuck, Jaemin Jisung: ihr geht zu dritt, Renjun, du kommst mit mir. Wir treffen uns westlich außerhalb der Stadt in einer Stunde.«
Binnen Sekunden hatten sie sich getrennt und liefen ohne ein weiteres Wort in unterschiedliche Richtungen davon.
Renjun blieb dicht neben Jeno, während sie durch das Gewirr der Straßen liefen und bald darauf am Rand eines Marktplatzes standen. Menschen riefen über viele Meter und Köpfe Preis hinweg in die Menge, Früchte, Brot, Fleisch und Gewürze wurden verkauft und getauscht, am gegenüberliegenden Rande des Marktplatzes standen ein paar Pferde, manche mit Sattel und Geschirr, andere ohne. Doch überall waren Menschen, die immer wieder die Blicke zu ihren Tieren schweifen ließen.
»Wie genau hast du dir das vorgestellt, Jeno?«
»Ich lass mir etwas am Weg zu den Pferden einfallen. Komm.«
Jeno ging voran durch die Menschenmenge und spürte Renjuns warme Präsenz direkt hinter sich. Sie kamen an einer rundlichen Frau vorbei, die mehrere kleine Geldsäckchen an ihrem ledernen Gürtel mit glänzend geölter Schnalle hingen hatte und ohne die Frau auch nur direkt anzusehen, löste Jeno im Vorbeigehen einen Faden eines der Säckchen in der Mitte und ließ ihn in seiner Manteltasche verschwinden.
Sie drängten sich weiter hindurch und als die Pferde in Sicht kamen, blieb Jeno abrupt stehen und Renjun rannte gegen ihn.
»Was ist los?«, fragte Renjun und sah über Jenos Schulter.
»Nichts«, antwortete Jeno und drehte sich zu Renjun um und beugte sich zu ihm und flüsterte in sein Ohr. »Geh du schon zu den Pferden, ich komme nach. Sobald du Unruhe in der Menge bemerkst, löst du die Zügel von zwei Pferden.« Renjun nickte ohne zu zögern und drückte sich an Jeno vorbei.
Jeno wartete, bis Renjun von der Menge verschluckt wurde. Er sah sich die vorbei drängelnden Menschen genauer an, bis ihm ein grimmig dreinschauender Mann mit einem gefüllten Geldbeutel in Sicht kam. Schnell bahnte er sich einen Weg zu ihm und zog den Geldbeutel von seinem Gürtel, steckte ihn in die Seite eines anderen Mannes Gürtels. Er stupste den Mann, dessen Geld er in den Gürtel eines anderen Typen gegeben hatte, sodass er sich umdrehte, doch nicht Jeno ins Visier nahm, der schnell ein paar Schritte weitergegangen war, sondern den Mann, an dem er sofort seinen Geldbeutel erkannte.
»Ein Dieb!«, schallte es über den halben Marktplatz und das nahm Jeno als Stichwort, so schnell wie möglich zu Renjun zu gelangen.
Als Renjun in Sicht kam, hielt er bereits zwei lose Zügel zweier schwarzer Pferne in den Händen und als er Jeno schnell näher kommen sah, führte er sie ein wenig abseits in eine Nebenstraße, wo weniger Leute waren.
Auf dem Marktplatz war Trubel losgebrochen, Menschen schrien sich an, schlugen sich und immer mehr Menschen wurden in den Trubel hineingezogen.
Als Jeno nur noch ein paar Schritte von den Pferden entfernt war, verlangsamte er seine Schritte, damit die Pferde sich an ihn gewöhnen konnten und nicht zurückschreckten. Er ließ sie an sich schnuppern, dann nickte er Renjun zu und nahm ihm die Zügel des Pferdes, was ihm näher stand, aus der Hand.
Sie stiegen in den Sattel und machten sich, ohne sich auch nur einmal umzudrehen, auf den Weg zu ihrem ausgemachten Treffpunkt.
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Wie findet ihr die Update-Geschwindigkeit eigentlich? Es sind ziemlich lange Kapitel, deshalb ist es für mich so schwer abzuschätzen, wann ich ein Kapitel veröffentlichen soll. Ist es zu schnell oder zu langsam oder passt es?
Und habt ihr das Update vom letzten Kapitel bekommen, wo Renjun und Donghyuck miteinander reden? Weil irgendwie verkackt Wattpad mit updaten 😭
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sᴛᴀʀᴛ ᴀ ғɪʀᴇ | norenmin
FanfictionEin geheimer Auftrag. Geld. Ein alter Bekannter und Verbindungen. Jeno wurde auf Todesstrafe aus der Stadt verbannt, doch für ein Geschäft kehrt er zurück, wo er Verbündete trifft. Der Auftrag: einen entführten Geliebten zurückzuholen. Eine Aufgabe...