6.Kapitel

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Panikattacke. Es war eine Panikattacke. Anders kann ich es mir nicht erklären. Es war eine Panikattacke. Eine verdammte Panikattacke. Röchele nach Luft und spüre wie sich meine Lungen endlich mit gebrauchter Luft füllen. Luft. Das Einzige was ich gerade brauche. Vorerst. Endlich schaltet sich das Licht auch wieder an. Tief atme ich ein und aus und lasse die Zeit ergehen. Ich muss mich beruhigen. Ich muss meine Atmung normalisieren. Ich muss meine Pupillen in ihre Ausgangsposition bringen. So wie sie geweitet sind, wird das etwas dauern. Ich brauche etwas Zeit. Atme wieder tief ein und aus. Meine Hände suchen Halt auf dem Boden, um nicht mit dem ganzen Körper weiter zu rutschen, aber sie sind so verschwitzt, dass ich nicht anders kann und weiter rutsche. Ich sitze nicht mehr auf diesem dreckigen Boden. Ich liege auf dem Boden. Ich liege hier und höre dem schnellen Schlagen von meinem Herz zu.

Er war hier.

Dieser Bastard war hier.

Wie kann das verdammt nochmal sein? Wie? Wie verdammt nochmal? Ich hätte das wissen müssen! Er lebt doch immer noch in der Türkei. Was macht er hier? Hier in Deutschland, obwohl ich doch das Land verlassen habe, damit ich von ihm so weit wie es geht entfernt bin. Und jetzt taucht er hier auf. Genau hier. Genau an diesem Abend. Genau in diesem Zeitpunkt. Genau in diesem Moment, in dem ich alleine auf dem Damenklo bin. Schüttele mit dem Kopf. Welcher Bastard hat ihm diese Informationen gebracht? Irgendjemand hat es ihm gesagt, aber außer mir und Yasin wusste niemand, dass wir uns heute Abend treffen werden. Zu Hakan habe ich auch nur gesagt, dass ich was vor habe. Den Grund habe ich nicht genannt. Überlege genauer. Yasin hat die Reservation gemacht. Vielleicht ein Angestellter, der hier in diesem Restaurant arbeitet. Kann das sein? Kann es einer von hier sein? Erhebe mich langsam. Aber wieso sollte jemand hier Informationen weitergeben? Vor allem an Aslanoğlu. In meinem Kopf ergibt das keinen Sinn. Schaue mich im Spiegel an und bin dankbar, dass meine Schminke nicht verschmiert wurde. Mein Gesicht ist auch nicht sehr blass. Halte mich am Waschbecken fest und beuge mich vor, um genauer in meine Augen zu schauen. Grüne, kalte Augen schauen mich an. Raff dich, Efsane.

Spritze kaltes Wasser auf meinen Hals und Nacken und gehe mit meinen Fingern nochmal durch meine Haare durch. Ja, ich war etwas aufgelöst, aber jetzt ist wieder alles normal. Mit einem letzten Blick in den Spiegel, greife ich nach meiner Handtasche und verlasse das Bad. Nehme einen tiefen Atemzug. Ich schaue einmal nach rechts und einmal nach links. Niemand zu sehen. Laufe los und komme langsam an unseren Tisch an, aber sehe, wie paar Menschen hin und her laufen und gestresst wirken. Yasin, der schon auf seinen Beinen steht, kommt auf mich zu und schaut mich besorgt an. ,,Geht es dir gut?" fragt er sofort und ist mir etwas zu nah. Will schon einen Schritt nach hinten gehen, aber seine Wörter fallen mir ein. Triff dich nie wieder mit Yasin, hörst du? Ich will dich nie wieder an seiner Seite sehen!  Sehe ich so aus, als ob ich seine Wörter ernst nehmen werde? Einen Scheiß. Nicke und lasse mich von Yasin am Oberarm anfassen. Auch wenn es sich etwas komisch anfühlt. ,,Was ist los?" frage ich. ,,Kurzzeitiger Stromausfall. Sie versuchen gerade den Grund herauszufinden und sind etwas gestresst." Hm. Der Stromausfall war also nicht nur auf dem Klo. Er war wohl überall. ,,Lass uns gehen. Komm." bestimmt schon Yasin, aber ich stoppe ihn. ,,Wieso denn?" Er wirkt etwas überrascht. ,,Willst du wirklich hier bleiben?" ,,Wieso nicht?" entgegne ich. ,,Es könnte nochmal ein Stromausfall geben, der uns nur stören würde." antwortet er. Zucke mit den Schultern. ,,Kann überall passieren." Yasin fährt sich durch seinen Bart und ist sich nicht sicher. Mir fallen wieder seine Wörter ein. Ich werde mich wieder mit Yasin treffen. Und wieder. Und wieder. Ohne zu überlegen greife ich nach Yasins Hand, weshalb er blitzartig seine Augen auf unsere Hände richtet. ,,Du wolltest mir doch dein Lieblingsessen zeigen, Yasin." erwidere ich leiser und ein kleines bisschen bittender. Meine Augen trennen sich nicht von seinen. Seine fangen an zu funkeln. Werden seine Wangen gerade rot?

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