16.Kapitel

2.1K 136 130
                                    

Mittwoch, 10:03 Uhr

Gähnend mache ich mir einen Kaffee. Meine Augen sind auf die schwarze Brühe vor meinen Augen fokussiert, doch meine Ohren hören Lale zu, die ohne eine Pause einzulegen über den Streit zwischen ihr und Osman redet. Aufmerksam bin ich nicht sonderlich, weil ich noch zu müde bin. Oh man. Heute Nacht werden definitiv Schlaftabletten benutzt. Definitiv. ,,Und weißt du was er danach gesagt hat? Das ich über reagiert habe! Ich! Lale! Will er mich veräppeln? Ich habe nicht über reagiert. Meine Reaktion war gerechtfertigt! Und wie sie es war!" sie atmet hörbar aus und schmeißt ihre offenen Haare hinter ihre Schultern. ,,Dieses verdammte ... verdammte ... Ah!" Abrupt höre ich auf mir einen Kaffee zu machen und laufe sofort zu Lale, die mit ihren beiden Händen ihren Bauch festhält. Sie hat ihre Augen zusammen gepresst und ihr Gesicht ist verzogen. ,,Lale. Beruhig dich, endlich. Was ist los? Eine Wehe?" Ich lege meine Hände auf ihren beiden Oberarmen und sie atmet mehrmals hintereinander aus. ,,Oh mein Gott, ich...ich sterbe, glaub ich." Sie krallt sich an ihrem Oberteil und ich werde unruhig. Sollten wir ins Krankenhaus? Ist ihre Fruchtblase schon geplatzt?

Nach paar Minuten blickt sie seufzend auf ihren Bauch und schaut ihn grimmig an. ,,Welches Baby hat mich so fest getreten? Du etwa?" Sie pickst in ihre rechte Bauchseite. ,,Oder doch du?" Diesmal pickst sie in ihre linke Bauchseite. Atme erleichtert aus und versichere mich, dass es ihr wieder gut geht, bevor ich nach der Milch greife, um einen kleinen Schuss in meinen Kaffee reinzumachen. ,,Stress tut dir nicht gut. Eins von den Babys will dir das sagen." sage ich ihr und stelle meine Tasse auf den Tisch und greife nach dem leeren Wasserglas, das ich für Lale noch vor paar Minuten auf den Tisch gelegt habe. Sie hat es leer getrunken. Gut so. Gleich noch eins. Fülle es wieder auf, stelle es vor ihr ab und setze mich zu ihr. ,,Und was ist danach passiert?" frage ich sie interessiert und trinke einen Schluck. Genüsslich schließe ich die Augen. Ja man. Genau das brauche ich gerade. ,,Danach habe ich einfach meine Sachen gepackt und habe mir ein Taxi bestellt, damit ich zu dir kann. Ich konnte ihn einfach nicht mehr sehen. Wie kannst du mit deiner schwangeren Frau so reden? Vor allem hören unsere Babys uns zu! Meine armen Babys bekommen schon in meinem Bauch sowas mit." erzählt sie schmollend und streicht sich über ihren Bauch. Ich beobachte sie dabei, wie sie ihr Kinn drauf abstellt und ihre Wange daran schmust. ,,Entschuldigung, meine Babys. Mami wird mehr auf euch aufpassen. Verzeiht mir, ja? Mami hat euch ganz dolle lieb."

Es ist schön mit anzusehen, wie eine Mutter werdende Frau ihren Kindern so viel Liebe gibt, obwohl sie noch in ihrem Bauch sind. Unbewusst schaue ich ihr dabei zu und meine Hände umgreifen die warme Tasse fester. Als ich jedoch ihre feuchten Augen sehe, rutsche ich mit meinem Stuhl mehr zu ihr rüber und lege meine Hand auf ihren Kopf. ,,Lale..." Ich streiche ihre eine schwarze Haarsträhne hinters Ohr und nähere mich ihr. ,,Ich meine...ist es nicht normal, dass ich mehr die Nähe von meinem Mann will? Er ist die ganze Zeit nicht erreichbar und wenn er mal zuhause ist, dann diskutieren wir nur oder ignorieren uns. Ich...ich weiß wirklich nicht mehr weiter. Woran liegt es, dass wir uns seit der Schwangerschaft so auseinander gelebt haben?" Sie schluchzt leise und ich streichele über ihren Hinterkopf. ,,Natürlich ist das normal, Lale. Du bist schwanger und in dieser Zeit verlangst du nach mehr Aufmerksamkeit, Liebe und Zuneigung. Selbst wenn du nicht schwanger wärst, du darfst so fühlen." antworte ich ihr möglichst sanft und sie hebt ihren Kopf. Sie schaut mich mit wässrigen Augen und ich schüttele seufzend mit dem Kopf. ,,Komm her." sage ich nur noch und als ob sie nur auf das gewartet hat, umarmen wir uns und ich drücke sie an mich. Ich würde Osman gerne eine verpassen. Nein, nicht nur eine.

,,Ich bin natürlich immer noch sauer auf ihn, aber...ich will ihn trotzdem so gerne bei der Geburt dabei haben. Ich habe so Angst, dass er wirklich nicht da sein wird und ich dort ganz alleine bin." gesteht sie leise an meinem Ohr. Es macht mich sauer, dass sie sich darüber Gedanken macht. Und es macht mich noch mehr sauer, dass Lale nicht die einzige Frau ist, die sich mit so welchen Gedanken ihren Kopf zerbricht. Überall auf der Welt gibt es Frauen mit so welchen Gedanken. ,,Ich werde mit Osman reden, okay? Und selbst wenn er nicht dabei sein wird: Ich verspreche dir voll und ganz, dass ich da sein werde." Umarme sie fester, was sie mir gleichtut. ,,Oh, Efsane. Du bist so eine gute Freundin, Schwester und ein Mensch. Ich weiß nicht, was ich ohne dich wäre." murmelt sie und ich schließe die Augen. Ach, Lale, ach. Hoffentlich bekommst du deine Kinder gesund zur Welt.

TURKISH REVENGEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt