28.Kapitel

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A T A K A N

Es fühlt sich endlos erdrückend an, meine Seele dem Warten zu überlassen, um eine erleichternde Nachricht meiner Frau zu kriegen.

Die Kugel hätte mich treffen soll. Sie hätte mein Leben nehmen soll, statt das Leben meiner Frau. Sie hätte meine Haut durchlöchern soll, statt die zarte Haut meiner Grünäugigen. Die Kugel hätte mein Blut fließen lassen sollen, statt das reine Blut meiner Efsane. Was bin ich für ein Mann, der es nicht vorhersehen konnte? Meine Frau liegt dort drinnen, weil ich sie nicht schützen konnte. Meine Frau wird wegen mir operiert. Meine Hände können nicht still bleiben und fahren durch meinen Haaransatz. Das getrocknete Blut hängt noch dran. Das Blut meiner Frau.

Ich werde Blut fließen lassen.

Aber nicht so viel, wie das geflossene Blut von Efsane. Mehr. Viel mehr. Sein ganzes Körperblut wird fließen. Jeder kleine Tropfen. Bis zum letzten Tropfen. Mein Kiefer zuckt vor Wut, die teilweise auch auf mich ist. Ich bin ein Bastard, wenn ich nicht die Person und seine Anhänger folternd Sterben lassen werde. Ihr werdet das kriegen, was ihr meine Frau angetan habt. Nur schmerzhafter, animalistischer, erbarmungsloser. Man legt sich mit meiner Frau an? Niemand wird lebend rauskommen. Man schaut meine Frau respektlos an? Dann werde ich euch auf meiner Art und Weise Respekt beibringen. Jemand traut sich meine Frau anzufassen? Euer letzter Atemzug gehört mir.

Bevor ich das alles machen werde, brauche ich erst die Bestätigung, dass Efsane lebt und es ihr, den Umständen entsprechend, gut geht. Davor werde ich nichts machen, außer hier warten zu müssen. Einen anderen Weg kann ich gerade nicht gehen. Warten, warten, warten. Mein Blick fällt auf mein Pullover und ich betrachte das Blut. Mein ganzes Oberteil ist mit ihrem Blut, teilweise auch auf meiner Hose. Wie kann man jemanden so sehr vermissen, dass ich sogar das Blut von mir nicht entfernen möchte, nur weil es das Blut meiner Frau ist? Efsane. Ihr Name lässt mich meinen Kopf in den Nacken legen und die Augen schließen. Meine Efsane, mein güzelim.

Mit dem Schließen meiner Augen, taucht erneut das Bild von ihr auf, wie sie ihr Bewusstsein verliert. Es ist wie eine Quälerei. Wie ihre Augen zuklappen und mir die Sicht in das Grüne wegnehmen. Verdammt, das Zuklappen ihrer Augen hat sich ein für alle Mal angefühlt. Als ob sich ihre Lider nie wieder öffnen werden. Abrupt erhebe ich mich und laufe durch den langen Gang. Nein. Schon der Gedanke daran lässt meinen Puls rasant erhöhen. Diese Wahrscheinlichkeit besteht nicht. Mein Kopf zuckt nach rechts. Ihre Augen werden sich wieder öffnen. Ihr wird es wieder gut gehen. Alles mit der Zeit. Sie wird wieder aufstehen und sich erholen. Dafür werde ich sorgen. Mein Grün wird wieder blühen, auch wenn der Weg mir endlos lang vorkommt.

Stütze mich ausatmend an die Wand und schließe meine Augen. Es sind schon Stunden vergangen, aber immer noch habe ich keine Nachricht von irgendjemanden hier erhalten. Auch wenn Geduld nicht meine größte Stärke ist, werde ich auf die Probe gestellt. Erst nach wenigen Sekunden nehme ich den Klingelton meines Handys wahr. Langsam hole ich es aus meiner Hosentasche heraus und lese den Namen von Zehir. Nachdem ich seinen Anruf angenommen habe, hebe ich mein Telefon an mein Ohr. Stumm höre ich zu. ,,Beyim. Er hängt an der Wand und macht Anzeichen darauf, dass er verprügelt werden will." ertönt seine gedämpfte Stimme und im Hintergrund höre ich die Stimme des Hurensohns. Allein seine Stimme lässt das Feuer und die Wut in mir zu einer gefährlichen Kombination verschmelzen. ,,Tob' dich aus, Zehir." erwidere ich nur kalt und blicke die OP-Türen an. ,,Mach, was du willst, bis ich komme. Wenn ich komme, soll er nicht bewusstlos sein." ,,Tamam, Beyim." Erwarte, dass er auflegt, damit ich es nicht machen muss, doch seine zögernde Stimme ertönt jetzt. ,,Geht ... geht es ihr gut?" Meine linke Hand ballt sich zu einer Faust nach seiner Frage und der Drang wächst meinen Kopf gegen diese beschissene Wand zu knallen, um mir selber Schmerzen hinzuzufügen. ,,Weiß ich noch nicht." Und damit schmeiße ich das Handy gegen den Boden, das in der nächsten Sekunde in Teile zerbricht.

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