48.Kapitel

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Weder sehe ich einen perplexen noch verwirrten Gesichtsausdruck. Als ob er schon wusste, dass ich das sagen werde. Was spiele ich mir auch vor? Natürlich weiß er es. Er handelt mit Drogen. Er weiß, wie sich drogenabhängige Menschen verhalten. Er führt eine Mafia. Wenn es jemanden gibt, der sich damit bestens auskennt, dann ist es er; Atakan Aslanoglu.

Trete einen Schritt zurück. Ich sehe etwas in seinen Augen aufblitzen, aber kann nicht erkennen, was es ist. Was ist es? Was für ein Gefühl spürt er gerade? Was fühlt er, wenn er mich so sieht? Was denkt er gerade dabei, als er tief ausatmet und seinen Kopf schüttelt? Warte mal. Er schüttelt seinen Kopf. Das heißt, dass er mir nichts geben wird. ,,Nein." sagt er gedämpft.

,,Nein?" wiederhole ich ungläubig. Seine Augen starren in meine. Während ich mich unruhig bewege und versuche meine Körperhaltung stabil zu halten, steht er in voller Pracht vor mir und überragt mich mit seiner Körpergröße. Atakan bestätigt seine Antwort mit einem Augenschließen. ,,Atakan ... du- du sagst, dass du mir helfen willst. Du sagst, dass es dir leid tut, was mir angetan wurde. Du ... du nennst dich selber schuldig, aber willst mir nicht mal einen kleinen Schritt helfen?" Ich spüre ein Stechen an meinem Herz, was mich mein Gesicht leicht verkrampfen lässt. Fahrig bewege ich mich orientierungslos im Raum, lege meine Hand auf mein Herz und zucke mit meinem Kopf.

,,Efsane. Es ist normal, dass du jetzt denkst, dass du kein Leben ohne welche Rauschmittel leben kannst. Du warst ... zwei Monate bei ihm. Du hast eine körperliche oder seelische Abhängigkeit entwickelt. Aber das ist nichts Unlösbares. Es gibt viele Therapiemöglichkeiten: Wir können an einem ärztlich überwachtes Entgiftungsprogramm teilnehmen. Ich kann dir eine Therapeutin aufsuchen. Es gibt viele Selbsthilfegruppen, die dir dabei helfen. Oder einen Aufenthalt in einer Reha Klini-" Schreiend greife ich nach der Vase und schmeiße sie gegen die Wand hinter Atakan. In einem lauten Ton zerbricht sie in mehrere Teile. ,,Was erzählst du mir, Atakan?! Was erzählst du mir?! Ich brauche das alles, verfickt nochmal, nicht! Ich brauche diese ganze Scheiße nicht! Ich brauche nur eine Sache und du gibst sie mir nicht!"

,,Efsane-" Er will auf mich zukommen, doch unkontrolliert greife ich nach den Büchern im Bücherregal und schmeiße sie in seine Richtung. Ich bin wütend! Ich kann Atakan nicht glauben! Er will mir helfen, aber tut nicht das, was ich sage! ,,Willst du mich verarschen?! Willst du-" Greife nach der Fernbedienung und schmeiße sie so hart ich kann auf seine Brust. ,,-mir mit einer verdammten Reha-Klinik helfen?! WILLST DU MICH VERARSCHEN, ATAKAN?!" Unbeherrscht schmeiße ich schreiend das Bücherregal um und spüre, wie das Pochen meiner Schläfe unregelmäßiger wird.

,Du müsstest mir dankbar sein, dass ich dir Drogen gebe, Baby. Würde es Atakan tun?'

Die Stimme von Yankar macht mich nur explosiver. Meine zitternden Hände wollen immer weiter nach etwas greifen und kaputt schlagen. Ich spüre den Schweiß auf meiner Haut und etwas Komisches in meiner Bauchgegend. Meine Augen sehen eine weitere Vase. Reflexartig greife ich nach dieser, doch bevor ich sie überhaupt schmeißen kann, zerbricht sie in meiner Hand und lässt mehrere Schnitte in meiner Handinnenfläche entstehen. Tropfenförmig fließt frisches Blut aus den Schnittstellen. Ruckartig bleibe ich regungslos und sehe dem schnellen Fließen zu. Als ob sich ein Schalter umgelegt hat.

,,Efsane!" nehme ich hinter mir die besorgte Stimme von Atakan wahr. Ich bin in einer Starre gefangen. Höre noch kaum was. Ich sehe Atakan vor mir und wie er mehrere Tücher vorsichtig auf die offenen, blutigen Stellen drückt und. Sein Mund bewegt sich, aber ich höre nichts. Nur ein langgezogenes Piepen, das sich ins Unendliche zieht. Er ... er versucht auf mich einzureden. Höre neben dem lauten Piepen, das schnelle Rauschen meines Blutes. Kann mich nicht bewegen. Meine Gelenke sind irgendwie gelähmt, bis ich ein Drücken in meinem Bauch spüre. Mein ganzer Körper zittert, der kalte Schweiß fließt von meiner Stirn ab. Ich bin in einer Starre gefangen.

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