13.Kapitel

2.7K 149 260
                                    

00:01 Uhr

Setze mich erschöpft auf die Bank. Mein Körper fühlt sich gelähmt an. Ich weiß nicht genau wieso. Der Kampf von Azra und mir war nicht allzu lange. Die Erschöpfung kann nicht genau von dem Kampf entstehen sein. Atme leise aus und fahre über die losen Strähnen, die sich von meinem Zopf während dem kämpfen gelöst haben. Strenge Zöpfe erschaffen mir nach paar Stunden Kopfschmerzen, weshalb ich langsam den Zopf löse und mit beiden Händen durch meine Kopfhaut fahre. Wie gut das tut. Mit geschlossenen Augen fahre ich weiter durch meine Haare. Mein Kopfansatz war verschwitzt gewesen, jetzt nur noch ein bisschen. Und jetzt sitze ich auch noch in der Kälte. Die Möglichkeit besteht, dass ich mir was einfangen werde. Hoffentlich nicht. Ich will nicht krank werden.

Ich hebe mein Shirt etwas hoch und erkenne die Schnittwunde auf meiner Haut. Getrocknetes Blut erkenne ich an meinem Bauch und frisches Blut in der Wunde. Es hat wohl noch nicht aufgehört zu Bluten. Schließe tief ausatmend meine Augen, öffne sie dann aber wieder und presse mein Shirt, das auch schon mein Blut aufgesaugt hat, an die Wunde. Ich habe nichts bei mir, mit der ich meine Wunden desinfizieren oder versorgen kann. Später. Ich mach es später, wenn ich nicht einschlafe. Schlaf würde mir sehr guttun, auch wenn ich die Nächte nicht durchschlafen kann, immerhin paar Stunden. Auch etwas, womit ich mich zufriedengebe. Ich hebe mein Shirt an meiner Schulter hoch und schlucke leise. Die Wunde ist hier breiter und länger. Hier tropft auch noch frisches Blut. Keine Lust mehr. Presse mein Shirt auch darauf.

Dieser Moment. Genau dieser Moment, nachdem die Wut rausgelassen wurde und man jetzt nichts mehr spürst. Keine Gefühle, keine Emotionen, keine Bedürfnisse. Die Leere, die in mir als Mitbewohner lebt, vergrößert sich in diesen Moment nur noch. Ich weiß nicht. Ich habe gewonnen, ich habe Zufriedenheit und Befriedigung gespürt.- Aber jetzt? Warum fühle ich diese Leere immer wieder aufs Neue? Ich will das nicht. Ich will konstante Zufriedenheit spüren! Um dies zu erlangen, muss ich meine Rache verwirklichen. Ich bin mir sicher. Wenn ich mit ihm fertig bin, dann werde ich vollständig befriedigt sein. Dann wird Efsane leben können.

,,Eiskönigin? What are you doing here?" fragt Daran und kommt mit schnellen Schritten auf mich zu. ,,Ach, scheiße! Deine Wunden! Komm, lass uns kurz ins Krankenhaus und dann feiern gehen." sagt er und nickt zu den Autos. Krankenhaus? Feiern gehen? Die Erschöpfung in mir sagt nein. Die Leere hingegen will, dass ich mitmache. Meiner Erschöpfung folgen, um nachhause zu gehen, duschen und danach zu schlafen? Oder meiner Leere folgen, um mit den anderen in ein Club zu gehen und meinen Sieg feiern? ,,Denk nicht immer so lange nach. Es wird dir guttun mal etwas anderes zu machen und deine Hüften zu bewegen. Vertrau einfach und komm jetzt." sagt Daran ungeduldig und zieht mich von meiner Hand nach oben. Entferne meine von seiner und ich sehe, wie Emirhan, Eda und Okan die Halle verlassen. ,,Was ein Kampf, Alter! Mein Video auf Insta hat jetzt schon mehr als 10.000 Likes." erzählt Okan grinsend und verbeugt sich einmal mir gegenüber. ,,Dank dir, Eiskönigin." Er hat mich auf Instagram hochgeladen? Super. ,,Gehen wir zu Berkan?" fragt Daran und ich spüre Edas Blick auf mir, weshalb ich zu ihr schaue. ,,Aber die Wunden von Efsane müssen versorgt werden." spricht sie dazwischen und ich will abstreiten, dass wir in ein Krankenhaus müssen, aber Emirhan kommt mir zuvor. ,,Ich fahre Efsane erst in ein Krankenhaus und danach nach Hause." Es nervt so sehr. Er soll sich nicht um mich kümmern.

,,Wir fahren zu Berkan's Club. Ich muss in kein Krankenhaus." Ohne auf eine Antwort von irgendjemanden zu warten, schultere ich meine Sporttasche über meine unverletzte Schulter und laufe schon mal auf die Autos zu. ,,Efsane. Saçmalama." (Rede kein Unsinn.) höre ich Emirhan hinter mir rufen und seine Schritte folgen als Erstes. ,,Deine Wunden können sich entzünden und alles nur schlimmer machen. Sei nicht so stur, verdammt nochmal!" Mein linkes Ohr nimmt sein Gesagtes auf und durch mein rechtes Ohr verwinden sie wieder. Ich höre ihm nicht mehr zu. Ich...ich muss irgendwie...irgendwie was machen. Die Schritte hinter mir werden schneller, als ich den Wagen von Daran erreiche und schon mal auf ihn warte. Er öffnet den Wagen, weshalb ich die Tür von hinten öffne. Ich muss nicht zu Emirhan schauen um zu sehen, dass er sehr genervt ist. Er läuft auf mich zu. Es nervt mich, dass er genervt ist. ,,Efsane-" ,,Was, Efsane, was?!" Knalle die Tür wieder zu und mache einen Schritt auf ihn zu. ,,Was willst du von mir?! Es sind nicht deine verfickten Wunden, es sind meine und sie stören mich nicht! Wenn ich will, lasse ich sie einfach so oder ich schneide mir noch mehr Wunden!" schreie ich schon fast gegen sein Gesicht und atme laut aus. ,,Was machst du überhaupt hier?! Geh doch zu deinen Brüdern! Geh zu ihnen und verbringe die Zeit mit ihnen, die du früher nicht hattest, weil du ja abgehaut bist! Was willst du hier? Was willst du von mir?" Mit großen Augen schaue ich in sein Gesicht, das keine Emotionen zeigt. Meine Stimme hat sich so laut erhebt, dass ich mir sicher bin, dass der Typ, der nur zwanzig Meter entfernt und eine Zigarette raucht, uns gehört hat.

TURKISH REVENGEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt