27.Kapitel

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,,Annem gülerdi, ya bende gülerdim,

yani derinden, derinden ..."


Die friedliche Landschaft voller wunderschönen Blumen zieht mich mehr als nur an. Die wunderschönen Blumen, die mich willkommen heißen. Die Sonne, die auf mich strahlt. Der Himmel, der mich mit seiner hellblauen Farbe anfreundet. Die kleinen, verschwommen Wolken, auf denen ich mich hinlegen und schlafen möchte. So weich wie sie aussehen, würde ich innerhalb von Sekunden sofort einschlafen. Die Wolken haben die gleiche Farbe wie mein Kleid. Das weiße, lange Kleid, das meinen ganzen Körper umschmeichelt. Es ist so lang, dass es über den Boden weiter verläuft. Die Landschaft strahlt eine gewisse Herrlichkeit und Willkommensein. Ich bin hier willkommen, ich darf mich wie zuhause fühlen. Zuhause? Das gleiche Gefühl, wie ich es bei einer bestimmten Person empfunden habe? Dieses Zuhause in dem ich mich gerade befinde, fühlt sich aber anders an. So endlos ... So als ob es kein Ende hat. Ein endloses Zuhause?

Hier will ich bleiben.

Mit meinen Händen streiche ich über die strahlenden Blumen, ohne sie zu verletzen und ohne eine Blüte Ausversehen abzureißen. Hier wird niemand verletzt, hier wird niemandem weh getan. So schön wie diese Aussicht hier ist, könnte man meinen, dass jeder Mensch hier seinen Seelenfrieden findet. Jeder findet seinen individuellen Frieden. Ich auch. Eine Efsane Yanmaz auch. Trotz meiner schwierigen Vergangenheit und meiner schmerzhaften Kindheit werde ich auch meinen Frieden bekommen. Vielleicht nicht wie andere Menschen auf einer grauenhaften Welt. Vielleicht nicht wie andere Menschen bei Personen. Und vielleicht auch nicht bei Geschwistern oder eigenen Kindern. So ist das Leben nun mal. So ist das Schicksal. Alles ist vorher bestimmt. Mein Leben, meine Vergangenheit, mein Tod.

Schuhe habe ich nicht an, weshalb ich barfuß auf der grünen Wiese laufe. Ich mag das Gefühl. Es fühlt sich gut an unter meinen Füßen die Wiese zu spüren. Keine kleinen Steine, die mich verletzen oder Dreck, der mich beschmutzt. Atme die herrliche Luft tief in mich ein und schließe für einen Moment meine Augen. So gut. Ich will hier nie wieder weg.

Vor allem als ich ein kindliches Lachen höre.

Ist das ... ist das nicht das Lachen meines Bruders? Muso? Das sind doch seine Lache. So lacht er immer. Öffne meine Augen und blicke mich um. Erst sehe ich nichts Auffälliges, bis ich mich umdrehe und von Weitem zwei Personen erkenne. Nur die Silhouetten, aber ich erkenne auch, dass die eine Person kleiner ist. Ich muss näher rangehen. Ich dachte, dass ich alleine hier wäre. So ist es wohl doch nicht. Langsam laufe ich näher, bedacht keine einzige Pflanze zu verletzen.

Je näher ich komme, desto stärker und schneller klopft mein Herz gegen meine Brust. Ich habe Hoffnung. Hoffnung, dass es mein Bruder ist und ich ihn sehen kann. Umarmen kann. Mit ihm Reden kann. Oh hoffentlich. Und ich höre es nochmal! Doch! Natürlich! Das ist mein Bruder! Ich laufe schneller und sehe ihn endlich genauer. Er ist es. Er spielt mit einem Ball auf der Wiese und lacht sorgenlos vor sich hin. Er ... Muso. Der kleine Körper meines Bruders rennt dem Ball hinterher und erleichtert atme ich laut aus, als sich ein Lächeln auf meinen Lippen bildet. Nach so vielen Monaten sehe ich meinen kleinen Bruder. Es fühlt sich unglaublich an. Tränen bilden sich in meinen Augen, aber keine Tränen aus Trauer, sondern aus Glücklichsein.

,,Muso!" rufe ich laut und es fühlt sich surreal an seinen Namen zu sagen. Dass mein Mund diesen Namen nochmal aussprechen würde, hätte ich mir nicht gedacht. Aber ich habe es gesagt und habe die Aufmerksamkeit von ihm bekommen. Zögernd dreht er sich um und blickt in meine Augen, bevor seine Pupillen sich weiten. ,,Abla?" Und es hat sich noch nie so erleichternd angefühlt wie jetzt, als ich seine Stimme höre. Nur zwei Sekunden später rennt er auf mich zu, was ich ihm sofort nachmache. Und es hat sich noch nie erleichternd angefühlt seine kleinen Arme um mich zu spüren wie jetzt. Schluchzend umarme ich ihn fest und drücke ihn an mich. Es fühlt sich unglaubwürdig an, aber es passiert gerade wirklich. Ich umarme meinen Bruder, der doch eigentlich tot ist. ,,Muso." flüstere ich leise und streiche über seine kurzen Haare und trenne mich von ihm, um sein Gesicht in meine Hände zu nehmen und ihn zu betrachten. Er lächelt mich breit an und ich liebe sein Lächeln, genauso wie das Strahlen seiner Augen. ,,Abla, ich habe dich sooo vermisst! Zum Glück bist du hier." Und es fühlt sich so erleichternd an, als ich diese wunderschönen Wörter aus seinem Mund höre. Ich habe seine Stimme so vermisst. Jemand hat mich vermisst. Mein Bruder hat mich vermisst, genauso wie ich ihn.

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