47.Kapitel

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,,ne dense döndük birbirimize sürünerek"

Seit meiner Kindheit habe ich tief in meinem Inneren eine Leere gespürt. Eine tiefgreifende, schwerwiegende Leere. Sie ist in mir drin. Mit jedem weiteren Tag ist sie größer geworden. Mit jedem weiteren Schlag meines Vaters hat sie sich an mich genäht. Mit jeder weiteren Abwesenheit meiner Mutter wurde sie stärker. Zwei kranke Menschen, die sich gefunden haben und Kinder erzeugt haben. Manchmal stelle ich mir vor, wie es wäre, wenn meine Mutter und mein Vater sich nie getroffen hätten. Meine Mutter wäre vielleicht eine unabhängige Frau gewesen. Ohne Kinder, ohne einen gewalttätigen Mann. Meine Mutter wäre glücklicher ohne uns gewesen. Aber mein Vater? Er war doch nie glücklich gewesen. Ich habe ihn nie aufrichtig lächeln sehen. Ich habe ihn nie meine Mutter lieben sehen. Wie es eigentlich so, wenn man zwei liebende Eltern hat, die nicht das Leben der eigenen Kinder zerstört haben?

Ich weiß nicht, wie man liebt. Wenn man mich fragen würde, ob ich meine Brüder liebe, würde ich sofort Ja sagen. Ich liebe sie mehr als mich. Die Bindung, die wir hatten, hatte bestimmt keine andere Geschwistergruppe. Wir waren die Kinder, die sich aneinander gebunden haben. Wir waren die Kinder, die nachts gemeinsam geschlafen haben, während im Hintergrund die Schreie waren und die Türen geknallt haben. Wir waren die Kinder, die sich erst gegenseitig geliebt haben, statt die eigenen Eltern. Ich vermisse meine Brüder. Jeden einzelnen. Ich lehne mich mehr an Emirhan. Meinen Kopf lege ich auf seine Schulter ab und spüre seinen Arm um meine Schulter. Währenddessen schauen wir aus dem kleinen Fenster vom Privatjet raus.

Es sind 24 Stunden vergangen, seit mich Atakan gerettet hat. Nach dem kleinen Gespräch auf der Terrasse in seinem eigenen Hotel habe ich mich Schlafen gelegt. Ob ich auch wirklich geschlafen habe, ist die andere Frage. Ich kann nicht schlafen. Ich kann nicht essen. Ich kann nicht träumen. -Ohne an ihn zu denken. Er hat alles, alles, alles manipuliert, was man manipulieren kann. Wie soll ich normal denken? Wie soll ich normal leben? Wie soll ... wie soll ich überhaupt noch leben?

Ich höre Schritte von hinten, weshalb ich stumm meine Augen schließe. Meine Atmung muss ich sowieso nicht regulieren, um zu zeigen, dass ich schlafe. Die zwei Monate bei Yankar haben mir einiges beigebracht. Wenn du schläfst, lässt er dich in Ruhe. Manchmal. Die Schritte stoppen neben Emirhan und ich spüre Atakans Präsenz. Seine Augen schauen zu mir, doch ich will ihm nicht zeigen, dass ich wach bin. Bemerkt er es? Oder doch nicht?

,,Du hast dich an die Hoffnung festgehalten, die ich dir gegeben habe. Wir halten uns gemeinsam fest. Wir müssen es gemeinsam machen. Wir müssen gemeinsam diesen Weg gehen."

Atakan so voller Hoffnung zu sehen, zeigt mir nur, wie schwach ich bin. Ich habe keine jegliche Hoffnung mehr. So sehr auch die Wahrheit, dass Atakan mich nicht betrogen hat und eventuell hinter dem Tod von Muso was anderes steckt, mich erleichtert hat, spüre ich nichts mehr. Wie gelähmt. Wie gefühlskalt. Wo sind meine Gefühle? Wo ist die starke Efsane?

Wo ist mein wahres Ich?

...

,,Abla!" Bevor ich überhaupt die Treppen runterlaufen kann, höre ich schon die Stimme von Halil auf dem Landeplatz. Sind ... sind sie etwa hier? Ich dachte, dass ich sie zuhause überraschen werde? Wer hat ihnen Bescheid gegeben? Drehe meinen Kopf nach hinten und sehe zu Atakan, der mich schon beobachtet. Ein kleines Lächeln breitet sich in seinem Gesicht aus, als er mein überraschtes Gesicht sieht. Er war es. Er hat meine Brüder hierher geholt.

Als die Tür sich vollständig öffnet, sehe ich meine Brüder von Weitem. Der starke Wind lässt ihre Haare nach rechts wehen. Sie stehen dort, aber als sie mich sehen, rennen sie schnell los. Unbewusst lächele ich klein und laufe genauso schnell die Treppen runter. Ehe ich mich versehen kann, spüre ich schon, wie ich in eine Gruppenumarmung gezogen werde. Ihr vertrauter Duft kommt in meine Nase und ich spüre den Drang vor Freude zu Weinen. Ich habe sie zu lange nicht gesehen. Ich hatte so Angst, dass ich sterben werde und nicht mehr ihren vertrauten Duft einatmen kann.

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