Ivy
Dieser Blick war so intensiv. Ich wollte ihn gar nicht ansehen und doch schien es, als könnte ich die Augen nicht von ihm abwenden. Ich spürte Aidens Hände an meinen Wangen liegen. Ich merkte, wie er mit seinen Daumen leicht und beruhigend über meiner Haut kreiste. Es fühlte sich an, als hätte ich an meinem ganzen Körper eine Gänsehaut. Ein Kribbeln überzog mich, von meinem Haaransatz bis zu meinen Füßen. Aiden beugte sich weiter zu mir, auch mein Körper ging etwas nach vorne. Dann spürte ich aber, dass mich etwas zurückhielt. Der Gurt störte mich, holte mich aber auch wieder zurück in die Gegenwart.
„Halt", sagte ich zu meinem eigenen Erstaunen und Aiden hielt inne.
Erst wirkte er einfach nur überrascht, dann ein wenig gekränkt und schließlich zog er langsam seine Hände zurück. Trotzdem konnte ich noch immer seine Fingerkuppen auf meinen Wangen spürten. Sie fehlten mir sofort und schon ärgerte ich mich, dass ich ihn zurückgewiesen hatte.
Aiden räusperte sich kurz, fuhr sich mit einer Hand übers Gesicht und setzte danach wieder einen neutralen Blick auf, was mir erst recht einen Stich ins Herz versetzte. Ich wusste, dass ich ihn enttäuscht hatte.
„Entschuldige", sagte ich sofort, aber Aiden winkte ab.
„Schon gut", murmelte er und griff zu seinem Gurt, um sich wieder anzuschnallen.
„Du verstehst mich falsch", sagte ich und nun war ich diejenige, die ihn am Arm packte, bevor er den Schlüssel im Zündschloss umdrehen konnte.
„Ich glaube, ich habe dich schon richtig verstanden", sagte Aiden. „Du willst mich nicht küssen, schon okay."
„Das stimmt so nicht." Ich spürte, wie mein Herz raste, als ich das sagte. „Ich will dich küssen. Glaub mir, das will ich wirklich. Aber ich möchte dich nicht mit verschmierter Wimperntusche küssen."
Damit brachte ich Aiden immerhin zum Schmunzeln. „Du weißt, dass du perfekt aussiehst, oder?", sagte er sogar, was mir ein kleines Lächeln auf die Lippen zauberte.
„Ich meine ja nur", sagte ich, „dass das der falsche Zeitpunkt ist. Ich habe dir gerade von dem schlimmsten Moment meines Lebens erzählt und irgendwie würde es sich sicherlich falsch anfühlen."
„Also hat es dir doch was bedeutet – am Samstag." Aiden sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an und sein schelmisches Grinsen ließ mich nur den Kopf schütteln. Dieser Kerl war so dermaßen von sich selbst überzeugt.
„Du willst es unbedingt hören, oder?"
„Und du wirst mir den Gefallen vermutlich nicht tun, oder?", fragte er.
„Nein, werde ich nicht", antwortete ich lachend. „Aber du könntest mir den Gefallen tun, mich endlich nach Hause zu bringen."
Nickend drehte Aiden den Schlüssel um und fuhr vom Parkplatz. Er wusste, dass er nichts aus mir herausbekommen würde, aber ich war mir sicher, dass er nicht aufgeben würde.
Den Rest der Fahrt sagte keiner mehr ein Wort. Jeder schien seinen eigenen Gedanken nachzuhängen und irgendwie genoss ich tatsächlich, dass ich einfach schweigend neben Aiden sitzen konnte. Auch wenn es mir zuvor unangenehm war, ihm von der Sache mit Nelly zu erzählen, war ich doch froh, das alles mal losgeworden zu sein. Nur wenige wussten die Wahrheit. Aber vor allem waren es nur wenige, die mich je nach der Wahrheit gefragt haben. Von daher rechnete ich es ihm hoch an, dass er es hatte wissen wollen. Auch wenn die Frage an sich relativ spät kam.
Wir bogen in meine Straße ein, in der auch Aiden früher gewohnt hatte. Ich erinnerte mich daran, was er eben zu mir gesagt hatte. Ich war mir nie wirklich sicher gewesen, ob es ihm tatsächlich etwas ausgemacht hatte, als er hier weggezogen war. Aber er schien sich noch genau daran zu erinnern und er schien sich vor allem an uns zwei zu erinnern. Es hatte mir gefallen, dass er mir gesagt hatte, wie gerne er damals mit mir zusammen gewesen war.
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Torn - Die Liebe und alles dazwischen
RomanceAlles beginnt mit einer Party, auf der das Motto gilt, den größten Versager mitzubringen. Aiden gehört zu den beliebtesten Schülern seiner High School und beteiligt sich an dem Spiel, bis er feststellt, dass auch seine frühere Kindheitsliebe bloßges...