Torn - Die Liebe und alles dazwischen

Teil 37 - Ivy

Ivy

„Seid ihr jetzt so richtig zusammen?"

Lillys Gesicht war immer näher an die Kamera gerückt. Es war, als hielte sie ihr Smartphone so dicht wie möglich, um auch ja kein Wort von mir zu verpassen.

„Nein, noch nicht", antwortete ich ihr und beobachtete, wie meine Freundin die Augen verdrehte.

„Warum denn nicht? Das sieht doch mittlerweile jeder, dass da was zwischen euch ist."

Ich hatte Lilly angerufen – per Videochat – weil ich unbedingt mit jemandem über das sprechen musste, was heute in der Schule passiert war. Eigentlich hätte ich es ihr auch schon früher erzählen können, aber ich hatte die Gelegenheit verstreichen gelassen, weil entweder ständig andere Leute um uns herumgestanden hatten oder weil mir kurz vorher der Mut abhandengekommen war. Aber seitdem ich zu Hause war, konnte ich an nichts anderes mehr denken und ich platzte fast, so sehr hatte ich das Bedürfnis, endlich alles loszuwerden.

„Es ist nur ein Date", sagte ich. „Aber es ist das erste offizielle Date, von daher ist das schon eine große Sache, oder?"

Aiden hatte mir am Nachmittag eine Nachricht geschickt, indem er mich darum gebeten hatte, sich vor seinem Footballtraining noch mit mir zu treffen. Ich hatte ihn natürlich gefragt, was so wichtig war, aber er meinte, er wollte das persönlich mit mir besprechen. Schon aus Neugier bin ich zu dem Treffen geeilt. Die komplette letzte Stunde hatte ich wie auf heißen Kohlen gesessen, so neugierig war ich gewesen. Und dann hatte er mich gefragt. Er hatte mich darum gebeten, mit ihm auf die Halloween-Party zu gehen – und zwar richtig offiziell als sein Date. Vielleicht war das für viele keine große Sache, aber für mich schon.

„Aber läuft da nicht schon längst mehr zwischen euch?", fragte Lilly. „Ich hätte gewettet, dass ihr zwei euch mittlerweile schon öfter getroffen habt."

„Das war aber nie ein richtiges Date. Am Wochenende war es zum Beispiel nur ein Treffen zum Lernen. Er hat mir Mathe beigebracht."

„Mathe?" Lillys Grinsen war riesig. „Ich könnte mir vorstellen, dass er dir noch vielmehr beigebracht hat."

„Ach, jetzt hör schon auf", sagte ich und legte das Handy kurz beiseite, damit sie das Lächeln, das ich nicht unterdrücken konnte, nicht sah.

„Nein, jetzt mal ehrlich", hörte ich sie sagen. „Was genau ist schon zwischen euch passiert?"

„Wir haben uns ein paar Mal geküsst", sagte ich ruhig und Lilly quietschte einmal vergnügt auf. Es war schön, dass sie sich so für mich freute. Das zeigte mir, dass sie eben doch eine echte Freundin war. Auch wenn ich Anfang des Schuljahres kurz daran gezweifelt hatte.

„Ich wette, dass er dich bei der Halloween-Party fragen wird, ob du so richtig mit ihm gehen möchtest. Dann seid ihr endlich ein echtes Paar", war sie sich sicher.

Ich dagegen wollte mir diese Vorstellung noch nicht wirklich erlauben. Denn ich wusste auch gar nicht, ob ich das wirklich wollte, oder ob mir der Gedanke daran nicht eher eine ziemliche Angst einjagte. Ja, ich hatte Gefühle für Aiden. Sogar richtig starke Gefühle. Und wenn ich ehrlich war, hatte ich die ja nicht erst seit ein paar Wochen.

Ich hätte es niemanden gegenüber eingestanden, aber eigentlich schwärmte ich schon eine ganze Weile für ihn. Und das war sogar noch intensiver geworden, als er im vergangenen Schuljahr zu einem der beliebtesten Schüler aufgestiegen war. Denn ich hatte absolut verstehen können, wieso ihn alle so sehr mochten und wieso er zum absoluten Mädchenschwarm geworden war. Er war klug, wirklich intelligent. Er sah unglaublich attraktiv aus, ohne dass er das bewusst zur Schau stellte. Dann war er auch noch zum festen Bestandteil des Footballteams geworden und es war absolut keine Frage, dass er einer derjenigen war, der die Mannschaft besser machte. Er würde sicherlich später ein Sportstipendium für eine gute Uni bekommen. Zudem kam er aus einer angesehenen Familie und ich würde ihm das niemals sagen, aber ich wusste nur zu gut, dass manche Mädchen ihm zusätzlich noch eine Art Mitleidsbonus wegen seiner verstorbenen Mom gaben. Ich fragte mich, ob er wohl oft darauf angesprochen wurde.