Teil 21 - Aiden

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Aiden

„Ich dachte, dass man irgendwann aus dem Alter raus sei, sich solche Streiche zu spielen." Mein Dad lief fassungslos durch die Küche. „Juckpulver! Ich hätte nicht gedacht, dass das heutzutage noch irgendwie zum Einsatz kommt. Man sollte meinen, ihr seid vernünftig und dann kommt so was."

„Vielleicht waren das ja irgendwelche Kleinen, die sich einen Scherz erlauben wollten", mutmaßte ich.

„Du glaubst also nicht wie die anderen, dass es welche vom Gegner waren?"

„Das ist nichts als ein Gerücht. Wie sollen die das bitteschön angestellt haben?"

Von der Theorie war ich nun wirklich nicht überzeugt. Da fand ich es doch viel wahrscheinlicher, dass sich irgendwelche jüngeren einen Spaß erlaubt hatten. Auch wenn das alles für uns sicher überhaupt kein Spaß war. So lange hatten wir uns wahrscheinlich noch nie abgeduscht. Einige hatten danach heftige rote Flecken gehabt, die überhaupt nicht schön aussahen. Bei mir hatte es sich in Grenzen gehalten. Ich weiß nicht, wie lange mein Dad nachgeschaut hatte, ob ich nicht irgendwelche allergischen Reaktionen zeigte, aber mir ging es gut. Auch wenn ich mich am liebsten immer noch ständig kratzen würde. Als „Phantom-Jucken" hat mein Dad das bezeichnet.

„Ich hoffe, ihr lasst euch davon heute Abend nicht die Party vermiesen", sagte er jetzt.

Ich schnaubte vor Wut. Wir hatten geplant, mit einem Sieg zum Homecomingball erscheinen zu können. Dass wir jetzt überhaupt nicht richtig hatten spielen können, war extrem unbefriedigend. Es war, als hätten wir unsere Aufgabe für den Tag nicht erfüllen können. Und in unserer Chatgruppe hatten bereits die ersten geschrieben, dass sie überlegten, nicht zum Ball hinzugehen.

Gina hatte mich gefragt, ob alles okay sei. Allerdings vermutete ich hinter ihrer Frage nicht unbedingt die Sorge um mich, sondern die Angst davor, plötzlich ohne Date auf der Party erscheinen zu müssen. Ich wünschte, ich hätte damals einfach nein gesagt. Ich hatte sogar kurz mit dem Gedanken gespielt, einfach jetzt spontan abzusagen, aber dann wäre ich wirkliche ein Arsch.

Die restliche Zeit bis zum Abend überbrückte ich schlicht damit, dass ich auf meinem Bett lag und laut Musik hörte. Es war dämlich, plötzlich zur Untätigkeit verdammt zu sein. Ich scrollte durch meine Nachrichten und schaute auf der Webseite unserer Schülerzeitung nach, wo das abgebrochene Footballspiel natürlich das Hauptthema war. Ich las mir sogar den Artikel durch, was ich sonst selten tat und ging die Kommentare dazu durch, um zu schauen, ob es irgendwelche neuen Informationen gab, aber Fehlanzeige. Allerdings hätte ich gerne darauf verzichtet, die Kommentare zu lesen. Während eine große Reihe an Schülern sich darüber aufregten, was passiert war, zogen andere die gesamte Aktion ins Lächerliche. Man bekam regelrecht das Gefühl, dass sich einige über uns lustig machten.

Ich legte mein Handy beiseite und raffte mich irgendwann dazu auf, mich für den Ball fertig zu machen. Gina hatte darauf bestanden, dass ich nicht zu leger gekleidet kommen würde, aber immerhin hatte sie nach kurzem Überlegen wenigstens meine schwarze Jeans abgenickt. Ganz so formell wollte ich mich nämlich nicht geben. Dazu zog ich einfach das einzige weiße Hemd an, das ich besaß und fertig. Ich verstand gar nicht, wieso die Mädchen immer so einen Wind darum machten.

„Du siehst gut aus, Junge", sagte auch mein Dad wenig später, als ich nach unten kam, um mich zu verabschieden.

„Ich habe ehrlich gesagt gar keine Lust, dahinzugehen", gestand ich, während ich mir die Autoschlüssel griff.

„Nur weil der Nachmittag anders verlief als gedacht, solltet ihr euch nicht die Laune verderben lassen. Hab Spaß!"

Er hatte gut reden. Die komplette Mannschaft war entweder geknickt oder extrem wütend. Ob die Stimmung daher tatsächlich so gut sein würde, wie erhofft, war doch mehr als fraglich.

Torn - Die Liebe und alles dazwischenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt