Aiden
Das hatte ich wirklich noch nie erlebt. Ich sollte gekränkt sein und einige Jungs würden sich sicher über mich lustig machen, sollten sie erfahren, dass sich Ivy direkt nach unserem Kuss übergeben hatte. Aber auch wenn ich erst geschockt war, empfand ich einfach nur Mitleid für sie.
Ich hatte mich richtig erschrocken, als sie mich von sich gestoßen hatte und völlig überhastet vom Bett aufgesprungen war. Als sie aus dem Zimmer gestürzt war, bin ich ohne Nachzudenken sofort hinterhergerannt. Vermutlich schämte sie sich dafür, dass ich sie danach kotzend über der Kloschüssel gefunden hatte. Aber ich hatte mir einfach nur Sorgen gemacht, war zu ihr ins Bad getreten und hatte ihr die Haare zurückgehalten, weil ich dachte, dass das vielleicht eine nette Geste sein könnte. Sie hatte halbherzig versucht, mich wegzuschicken, aber ich hatte nicht auf sie gehört.
Eine Weile hatten wir im Badezimmer auf dem Boden gesessen, dann hatte sie sich irgendwann aufgerafft und ich hatte sie ins Zimmer zurückbegleitet, wo sie sich aufs Bett gelegt hatte. Sie hatte was von einer heftigen Migräneattacke gemurmelt und ich hatte mich nicht mal gewundert. Sie hatte schon die ganze Zeit nicht so gewirkt, als würde es ihr gutgehen. Allerdings war ich mir nicht sicher gewesen, ob das psychische oder physische Ursachen gehabt hatte. Mittlerweile vermutete ich eine Mischung aus beidem.
Ich war die ganze Zeit über nicht von ihrer Seite gewichen. Stattdessen hatte ich sie zugedeckt, als sie sich in ihr Bett eingekuschelt hatte. Zum Ende hin hatte sie noch nicht mal mehr versucht, mich wegzuschicken. Ich wusste nicht, wann sie eingeschlafen war. Aber irgendwann hörte ich leise regelmäßige Atemzüge, die mich darauf schließen ließen, dass sie nicht mehr wach war. Vermutlich war das auch besser so. Allerdings kam ich mir danach so nutzlos und auch etwas seltsam vor, weiter neben ihr auf ihrem Bett zu sitzen. Aber ich wollte sie auch nicht alleine lassen. Wie hätte das denn gewirkt? Eben hatten wir uns noch geküsst und direkt danach würde ich abhauen? Das würde ich garantiert nicht tun.
Es dauerte nicht lange, bis ich von unten das Aufgehen der Haustür hörte. Hoffentlich war das Ivys Mom, denn sie kam mir immer noch unglaublich freundlich vor und würde vielleicht nicht so viele Fragen stellen, wenn sie mich hier vorfand. Wie es bei Ivys Dad wäre, wusste ich nicht.
Langsam und möglichst leise, um Ivy nicht zu wecken, schlich ich aus ihrem Zimmer in den Flur. Als ich unten angekommen war, war zunächst niemand zu sehen, also ging ich weiter in Richtung Wohnzimmer.
„Hallo", rief ich, um mich anzukündigen. Ich wollte ja niemanden erschrecken.
„Hallo?" Mrs. Livington kam aus der Küche, offensichtlich verwirrt, weil sie sicher meine Stimme gar nicht hatte einordnen können. Sie sah zunächst irritiert aus, aber als sie mich sah, entspannte sich ihr Gesichtsausdruck sofort und sie lächelte mich freundlich an.
„Aiden, wie schön dich mal wieder zu sehen", sagte sie und ich dachte automatisch an das letzte Mal zurück, an dem ich hier in ihrem Haus war. Damals war ich mit Prellungen im Gesicht erschienen. Sie musste gedacht haben, dass ich in eine Prügelei geraten war. Einen besonders guten Eindruck hatte ich daher sicher nicht auf sie gemacht.
„Ivy geht es nicht gut", sagte ich und deutete mit einem Kopfnicken nach oben. „Sie hat sich hingelegt und schläft jetzt. Ich wollte bei ihr bleiben, bis jemand kommt, der nach ihr sehen kann."
„Das ist sehr freundlich von dir. Vielen Dank, Aiden."
Für einen kurzen Moment standen wir uns einfach nur gegenüber, unschlüssig, was wir als nächstes tun oder sagen sollten. Es war mir ziemlich unangenehm, wie ich hier ohne Ivy an meiner Seite vor ihrer Mom stand.
„Ich verabschiede mich dann jetzt", sagte ich stumpf, weil ich keine Ahnung hatte, wie ich einen nicht ganz so peinlichen Abgang hinlegen konnte.
Mrs. Livington nickte und ging mit mir zur Tür.
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Torn - Die Liebe und alles dazwischen
RomantikAlles beginnt mit einer Party, auf der das Motto gilt, den größten Versager mitzubringen. Aiden gehört zu den beliebtesten Schülern seiner High School und beteiligt sich an dem Spiel, bis er feststellt, dass auch seine frühere Kindheitsliebe bloßges...