Teil 52 - Aiden

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Aiden

Ich musste total verrückt geworden sein. Das Gleiche hatte ich schon von Ivy gedacht, als sie mich ernsthaft darum gebeten hatte, sie zu Deans Party zu bringen, um einen auf Spionin zu machen. Und ich war so verrückt, ihr diesen abstrusen Wunsch auch noch zu erfüllen.

Die ganze Fahrt über hatten wir kein Wort miteinander geredet. Uns war wahrscheinlich beiden nur allzu bewusst, welch eine Dummheit wir gerade im Begriff waren zu tun. Ab und zu kam mir der Gedanke, das Auto einfach in eine andere Richtung zu lenken. Ivy konnte mich schließlich nicht zwingen, sie zu Dean zu fahren. Andererseits war ich mir nicht sicher, ob sie sonst auf den dummen Gedanken gekommen wäre, alleine dort aufzutauchen. Und das hätte mir noch viel weniger gefallen. Alleine lassen wollte ich sie nämlich nicht.

Als ich meinen Wagen abstellte und zu der erleuchteten Villa starrte, wurde mir richtig mulmig zumute. Ivy schien es ähnlich zu ergehen, denn sie schnallte sich zwar ab, blieb aber noch eine Weile sitzen, ohne Anstalten zu machen, sofort auszusteigen.

„Wir müssen das nicht machen", sagte ich, obwohl mir klar war, dass es zu spät war, ihr diese Aktion auszureden.

Ivy schüttelte den Kopf. „Wir ziehen das jetzt durch", sagte sie mit so viel Selbstsicherheit in der Stimme, dass ich mich fragte, wo sie auf einmal den Mut hernahm.

„Hast du dir denn so etwas wie einen Plan zurechtgelegt?", wollte ich wissen, weil es sicher dämlich wäre, sich einfach kopflos ins Getümmel zu schlagen.

„Ich habe keine Ahnung, was wir machen sollen", sagte Ivy leider ziemlich planlos. „Ich würde vorschlagen, wir gehen einfach rein und schauen mal, ob wir zufällig irgendetwas mitbekommen. Einige werden doch sicherlich mit der Aktion prahlen wollen, oder?"

„Und was machen wir, wenn wir tatsächlich ein paar Namen herausfinden?"

„Ich gebe sie an Miles und die anderen weiter und dann werden wir mal schauen."

„Das heißt, ihr werdet irgendetwas gegen sie unternehmen, oder? Mit was müssen sie rechnen?" Mir war überhaupt nicht wohl bei dem Gedanken, dass ich gerade dabei half, eine Racheaktion in Gang zu setzen. Auch wenn diese Leute es womöglich verdient hatten.

„Keine Ahnung, was passieren wird", sagte Ivy.

„Aber du willst trotzdem mithelfen, herauszufinden, wer es war? Ich dachte, es wäre dir wichtig, diese ganze Fehde mal zu beenden?"

„Natürlich wäre das wichtig. Aber das funktioniert nicht, wenn gewisse Leute uns weiter tyrannisieren."

„Aber sie werden auch nicht aufhören, solange ihr sie immer wieder provoziert", gab ich zu Bedenken. Ich war mir nicht sicher, ob Ivy und die anderen wirklich durchdacht hatten, was sie da taten.

„Jedem von uns ist klar, dass wir uns erst einmal in einen Teufelskreislauf begeben", sagte Ivy mit fester Stimme. „Aber wir sind nicht diejenigen, die den Kampf angefangen haben. Und wir werden nicht nachgeben. Wir wollen zeigen, dass wir uns nicht alles gefallen lassen."

Sie klang so überzeugt, dass es wohl keinen Sinn hatte, auf sie einzureden. Sie würde schon wissen, was sie da tat. Und vermutlich kämpfte sie für die richtige Seite. Während ich mit meinen Freunden und Verbindungen zum Footballteam wohl auf der falschen Seite stand. Vielleicht sollte ich endlich anfangen, mich mehr für andere einzusetzen. Auch für Ivy. Wenn nicht für sie, für wen dann?

Ivy war die Erste von uns, die schließlich doch aus dem Auto ausstieg. Ich atmete einmal tief ein und folgte ihr. Als ich eben gegangen war, hatte ich nicht unbedingt damit gerechnet, in dieser Nacht noch einmal wiederzukommen. Mittlerweile war es kurz nach Mitternacht und die Party hatte vermutlich so langsam ihren Höhepunkt erreicht. Die Musik und das Lachen konnte man selbst draußen noch wahrnehmen. Ich fragte mich, ob auch die nächsten Nachbarn was hörten. Aber aus eigener Erfahrung wusste ich, dass in dieser Gegend, in der ich ja auch wohnte, die Leute kaum etwas mitbekamen, so weit standen die Villen voneinander entfernt.

Torn - Die Liebe und alles dazwischenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt