Ivy
Nur noch zwei Stunden, dann würde man endlich Richtung Wochenende verschwinden können. Dieser Gedanke versüßte mir zumindest ein wenig den Freitag, der bislang quälend langsam herumging. Seitdem ich gestern von der anstehenden Party erfahren hatte, bildete ich mir ein, dass nahezu jeder darüber zu sprechen schien. Warum war mir das vorher nicht aufgefallen? Und wieso machte ich mir so viele Gedanken darüber? Auch im Spanischunterricht gab es für fast jeden nur dieses eine Thema. War die Party bei Aiden tatsächlich so besonders?
Auf den Unterricht konnte ich mich nur mit Mühe konzentrieren. Wir hatten uns für eine Gruppenarbeit zu viert zusammensetzen müssen. Unser Lehrer schien an solchen Aufgaben Gefallen zu finden, da musste er nicht die ganze Stunde vor der Klasse stehen, sondern konnte sich ruhig zurücklehnen. Ich glaube, die Schüler hatten weniger Spaß daran. Zusammen mit zwei Jungs, die ich nur flüchtig kannte und mit Sophie, einer Freundin von Gina, erarbeitete ich die Grammatikregeln einer spanischen Vergangenheitsform. Allerdings waren die anderen nicht wirklich bei der Sache.
„Wie viele kommen eigentlich morgen Abend?", fragte Kyle. „Ich habe das Gefühl, dass die halbe Schule eingeladen ist."
„Also Gina hat Aiden dasselbe gefragt und der Arme hat überhaupt keine Ahnung, was ihn morgen erwartet", antwortete Sophie. „Ich glaube, es war ursprünglich nur als Party für das Footballteam geplant, aber das hat sich ziemlich schnell ausgeweitet."
„Soweit ich weiß, kommen nicht nur die Seniors", sagte Adam. „Das wird eine ziemlich fette Pre-Homecoming-Party. Da kann man echt gespannt sein, ob das Haus am nächsten Tag noch steht."
„Und Aidens Eltern erlauben das einfach?", fragte Kyle kopfschüttelnd.
„Sein Dad", rutschte es aus mir heraus und es war das erste Mal, das die anderen mich nach langer Zeit wieder wahrzunehmen schienen.
„Was?" Kyle sah mich fragend an.
„Es ist sein Dad, der das erlaubt", erklärte Sophie, weil sie verstand, worauf ich hinauswollte. „Seine Mom ist vor ein paar Jahren gestorben."
„Oh, das wusste ich nicht", gab Kyle zu und wandte sich an mich. „Aber woher weißt du das?"
Ich zuckte kurz mit den Schultern. „Das habe ich irgendwann mal mitbekommen", murmelte ich. Dabei hatte mich die Nachricht damals auch schwer getroffen. Als Kind hatten Aiden und seine Familie nämlich in dem Haus neben unserem gewohnt. Seine Mom war unglaublich nett gewesen. Und sie und meine Mom hatten auch nach deren Umzug Kontakt gehalten. Daher hatte ich ziemlich früh erfahren, wie krank sie vor Jahren gewesen war und auch, dass sie das leider nicht überlebt hatte.
„Oh, Ivy", rief Sophie plötzlich etwas zu theatralisch. „Wie unhöflich von uns. Wir reden die ganze Zeit über die Party, dabei wissen wir gar nicht, ob du eigentlich auch eingeladen bist."
Es war keine Frage, aber nun schauten mich alle doch ziemlich neugierig an und erwarteten eine Antwort. Ich dagegen hatte überhaupt keine Lust, zuzugeben, dass ich eben nicht zu dem Kreis der Auserwählten gehörte. Kurz überlegte ich sogar, einfach zu lügen. Immerhin waren Miles und Lilly auch irgendwie an Einladungen gekommen. Vielleicht würde man mir das abkaufen. Aber dann entschied ich mich doch für die Wahrheit und erklärte, dass ich bis vor kurzem gar nichts von dem morgigen Event gewusst hatte.
„Echt jetzt?", reagierte Adam überrascht. „Dabei hat man das Gefühl, dass mittlerweile fast jeder da erscheinen wird."
Na, vielen Dank auch. Wollte er mir etwa noch unter die Nase reiben, was für eine Außenseiterin ich war? Als ob ich das nicht eh schon wüsste.
Interessanterweise warf Sophie Adam jetzt einen bösen Blick zu. Es wirkte fast, als wollte sie mich auf einmal in Schutz nehmen.
„Komm doch einfach auch", schlug sie vor. „Ja, es gibt diese dumme Regel, dass man von irgendwem eingeladen worden sein muss. Ansonsten sollte man dort wirklich nicht erscheinen. Da würde man sich nur unbeliebt machen. Aber weißt du was?" Sie schaute mich Beifall heischend an. „Sag einfach, dass ich dich eingeladen hätte, okay? Wir werden sicher viel Spaß haben."
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Torn - Die Liebe und alles dazwischen
RomansaAlles beginnt mit einer Party, auf der das Motto gilt, den größten Versager mitzubringen. Aiden gehört zu den beliebtesten Schülern seiner High School und beteiligt sich an dem Spiel, bis er feststellt, dass auch seine frühere Kindheitsliebe bloßges...