Kapitel 63 - Spielereien

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Wie lange sie geschlafen hatte, wusste Jeanne nicht zu sagen, als sie kurz erwachte, im Halbschlaf nach dem Steuergerät griff und die Anlage, bis auf das Kraftfeld in der Tür, wieder abschaltete. Dann kuschelte sie sich wieder in Vincents warmes Fell und schlief weiter, als sei nichts gewesen.
Vincent war gar nicht wach geworden, legte jetzt jedoch instinktiv seinen Arm um seine Frau und drückte sie an sich.

Irgendwann erklang im Raum eine Art Klingeln und beide wachten auf.
Jeanne lugte unter den Decken hervor und sah vor dem Raum die kleine Talara stehen.
Sofort griff sie nach dem Steuergerät und ließ zunächst das Kraftfeld undurchsichtig werden, dann schlüpfte sie aus dem Bett, griff in den Kleiderhaufen mit Vincents Kleidung und warf ihm seine Hose zu und sie selbst schlüpfte in ihr Nachthemd, bevor sie noch Vincents Kleidung auf einen Hocker an der Wand warf, wieder ins Bett kroch und das Kraftfeld abschaltete.
Inzwischen war auch Vincent in sein Beinkleid geschlüpft und sagte nun laut:
„Komm rein Talara."
Das Kind betrat vorsichtig den Raum, sah sich kurz um und schaute schließlich zu ihren Eltern.
Vincent lag noch unter der Decke, doch Jeanne hatte sich aufgesetzt und lächelte ihre Tochter an.
„Was ist denn, mein Schatz?", fragte sie die Kleine und streckte ihr die Arme hin.
„Mama." sagte das Mädchen, rannte zu seiner Mutter und umarmte sie „Ich kann nicht schlafen, hab Angst. Darf ich bei euch schlafen?"
„Was hat dich denn erschreckt, mein Schatz?", fragte die Mutter leise und öffnete auf ihrer Seite die Decke, so dass das Kind herein krabbeln konnte, was dieses auch umgehend tat, denn obwohl es an der Oberfläche Sommer war, war es doch in den Tunneln recht kühl. „Hast du schlecht geträumt?"
Talara nickte, kroch zwischen ihre Eltern, kuschelte sich ein und legte ihren Kopf auf Vincents muskulösen Oberarm. Dass dieser nachts oft kein Hemd trug, war für sie ganz normal. Sie wusste nicht, dass es einmal eine Zeit gegeben hatte, in der Vincent seinen Körper stets sorgsam verhüllt hatte.
„Na, dann bleib noch ein bisschen hier.", meinte ihr Vater und schaute liebevoll seine beiden Frauen an.
Talara fielen bereits wieder die Augen zu, während Jeanne seinen Blick ebenso erwiderte und es sich nun neben ihrer Tochter bequem machte und diese in die Arme schloss.
Vincents weiches und warmes Fell gab nun seiner Tochter Sicherheit , während die Arme ihrer Mutter sie beruhigten, so dass sie weiter schlafen konnte.
Der Hüne hatte beim Blick auf die Uhr über dem Zugang schon gesehen, dass es sowieso schon bald Morgen war und so kuschelte sich die kleine Familie in dem großen Bett zusammen und schlummerte noch einmal ein.

Wie lange sie noch geschlafen hatten, wussten alle drei zunächst nicht zu sagen, als plötzlich eine aufgeregte Jungenstimme im Raum erklang.
„Vater, Jeanne", rief Jakob „Talara ist ..." Im nächsten Augenblick erblickte der Junge seine Schwester und brach ab, doch Jeanne lächelte ihn an und erwiderte: „... bei uns im Bett. Sie hatte schlecht geträumt und fühlte sich bei uns sicherer."
„Oh.", machte der Junge und stand etwas betreten im Raum.
Vincent, der inzwischen auf die Uhr geschaut hatte, sah zu seinem Sohn auf und meinte: „Würdest du bitte deine Schwester mitnehmen und ihr beim Anziehen helfen? Es ist Zeit aufzustehen."
„Ja, Vater.", antwortete Jakob und sah auffordernd zu seiner kleinen Schwester „Kommst du?"
Jeanne öffnete die Decke und Talara kroch heraus und hüpfte zu ihrem Bruder.
„Jaaa."
„Bis später ihr beiden.", rief Vincent den Kindern noch nach „Kommt wieder rüber, wenn ihr fertig seid. Wir gehen dann zusammen frühstücken."
„Okay.", bestätigte Jakob und wanderte mit seiner Schwester an der Hand davon.
„Nun sollten wir aber auch nicht rumtrödeln.", stellte Jeanne fest und kroch unter den Decken hervor und trat an den Waschtisch.
Einen Augenblick später erschienen befellte Arme neben ihr und riesige, klauenbewehrte Hände tauchten ins Wasser und warfen ihr einen Schwall ins Gesicht.
„Heeyy!", lachte Jeanne „Ich kann das schon alleine. Ich bin schon groß." Dabei schöpfte sie ebenfalls Wasser mit ihren Händen und warf es nach oben, in Vincents Gesicht, der noch immer hinter ihr stand.
„War das alles?", fragte der Hüne herausfordernd, was er besser nicht hätte tun sollen. Denn im selben Augenblick hob Jeanne die noch halb volle Schüssel so über sich und goss den Inhalt mit Schwung hinter sich, dass Vincent fast alles ab bekam.
Blitzschnell stellte sie das Gefäß wieder ab und schlüpfte nun unter seinen zupackenden Händen durch und flitzte quer durch den Raum und versteckte sich kichernd neben ihrer Kleiderkommode.
Vincent knurrte und kam scheinbar drohend näher.
Plötzlich packte er seine quietschende Frau, zog sie hinter dem Möbel hervor und umarmte und küsste sie. Seine Mähne und sein Fell waren klitschnass und auch Jeanne hatte einiges abbekommen, doch das störte sie nicht im Geringsten.
Einen Moment später trennten sie sich schwer atmend und Vincent nahm sich ein Handtuch und begann sich abzutrocknen.
„Ich finde es schön, auch mal kindisch sein zu dürfen mit dir.", stellte Vincent unter seinem Handtuch leise fest.
„Ja.", gab Jeanne unter ihrem ebenso zurück „Ich denke, dass es notwendig ist, hin und wieder zu vergessen, dass man doch eigentlich ‚erwachsen'" – Man konnte deutlich die gedachten Gänsefüßchen an diesem Wort hören. - „und damit gewissen Konventionen unterworfen ist. Es hält den Geist jung."
„Vielleicht hast du Recht.", bemerkte Vincent, der sein Handtuch gerade an die entsprechende Halterung neben dem Waschtisch hängte.
Er drehte sich zu Jeanne um und als diese ihm auch ihr Handtuch zuwarf, fing er es geschickt auf und hängte es zu dem seinen.

Kurz darauf waren sie gerade dabei ihre letzten Kleidungsstücke anzulegen, als sie leise Kinderstimmen aus dem Wohnraum hörten.
„Seid ihr schon fertig?", rief Jeanne den Kindern zu „Kommt doch herein."
Jakob trat mit seiner Schwester in den Raum und blickte sich suchend um.
„Was hast du mein Sohn?", fragte Vincent den Kleinen „Was suchst du?"
„Talara hat mir gerade etwas erzählt", begann der Junge „aber ich hab ihr gesagt,dass sie das geträumt haben muss."
„Magst du es uns auch erzählen, meine Kleine?", wandte sich Vincent nun an seine Tochter.
Das Mädchen überlegte eine Weile und nickte schließlich.
„Ja, Vater.", bestätigte sie und begann zu erzählen „Als ich heute Nacht zu euch gekommen bin, da konnte ich zuerst nicht durch den Durchgang gehen. Ich konnte euch sehen, doch es war als wäre da eine Wand hinter dem Vorhang. Und dann wurde alles so, als wäre ganz dichter Nebel bei euch beiden im Raum und erst als der weg war, konnte ich durch die Tür gehen."
„Und du meinst, dass sie das geträumt hat, Jakob?", fragte nun Jeanne nach, worauf der Junge nachdrücklich nickte „Nun, das hat sie nicht.", merkte Jeanne an und erklärte dann „Ich habe gestern hier im Zimmer ein paar kleine technische Spielereien eingebaut, weil es Zeiten gibt, in denen auch Eltern mal allein und ungestört sein wollen, aber wir waren noch nicht dazu gekommen, es euch zu erzählen, weil ich es auch für euren Vater als Überraschung gemacht hatte.
Und wenn ihr mal merkt, dass es so ist, dass der Zugang zu diesem Raum verschlossen ist, so wie es Talara heute Nacht hier erlebt hat, müsst ihr entweder einen Moment warten, so wie es Talara getan hat, oder ihr kommt später wieder, wenn der Durchgang wieder offen ist."
„Warum darf dann niemand zu euch rein kommen?", fragte nun Jakob nach und Vincent hockte sich vor seinen Sohn und erklärte ihm: „Es gibt Dinge, die zwischen Menschen geschehen können, wenn sie so tief füreinander fühlen wie wir, für die seid ihr noch zu jung.
Wir werden sie euch erklären, wenn ihr älter seid. Ja?"
„Ich werde es nicht vergessen, Vater.", legte Jakob fest und Vincent nickte bestätigend.
„Aber jetzt geht's erst mal zum Frühstück.", meinte Jeanne nun, das Thema wechselnd und stand auf.
Jedes Elternteil nahm eines der Kinder bei der Hand und so machten sich alle auf den Weg zum großen Speisesaal.

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(1319 Wörter)

Ways of Destiny - Wege des SchicksalsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt