KAPITEL 1 - ANKUNFT

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Tief unter der Oberfläche, in einer Grotte deren Wände über und über mit mehr oder minder scharfkantigen Kristallen bedeckt waren, erschien in einer derselben plötzlich ein vielfarbiges Leuchten und aus diesem ein eigentümliches Ding und raste mit atemberaubender Geschwindigkeit in Richtung der gegenüberliegenden Wand.

Trotz aller Bemühungen schaffte es das riesige Wesen nicht, noch vor Erreichen der Wand zum Stehen zu kommen und so krachte es mit Wucht in einen der größten violett-weißen Kristalle, der darauf abbrach und mit ohrenbetäubendem Donnern zu Boden ging und zerbrach.
Der Ruck, der beim Aufprall durch die Bergende ging, schüttelte die am Boden der Brücke liegende Gestalt durch und brachte sie zu Bewusstsein.
Benommen sah diese sich um.
„W... was ist geschehen?", fragte sie leise und undeutlich „Wo bin ich?"
* Tho'rha, gut dass du wieder wach bist!*, erwiderte das Schiffswesen und als es keine Antwort erhielt, fragte es nach * Tho'rha?*
Die Gestalt am Boden richtete sich langsam auf in eine sitzende Haltung, lehnte sich an die Wand und sah sich um.
„Hallo?", fragte sie, nun schon etwas lauter „Ist hier jemand?"
Das Raumwesen stutzte.
Was war hier los? Warum sprach die Kimera nicht wie üblich, wenn sie allein waren, mit ihm?
Dann kam ihm ein Verdacht.
Wenn die Befürchtung des Schiffswesens wahr war, dann hatten sie wirklich ein Problem von dem die Bergende nicht die geringste Ahnung hatte, wie es zu lösen wäre und ob es hier überhaupt eine Lösung dafür gab.

Vorsichtig fragte es daher: „Kannst du mir sagen, wie du heißt?"
„Ich?", erwiderte die Kimera und blickte an sich herab „Ich ... ich bin ja nackt! Wo sind meine Kleider?"
Rasend schnell überlegte das Schiff, was nun zu tun wäre, während es meinte: „Vielleicht hast du sie ... irgendwo verloren?"
„A ... aber WO denn?", wollte die Frau ängstlich wissen.
„Das kann ich dir nicht sagen.", antwortete die Bergende „Ich kann dir nur einen Raum zeigen, in dem du dich neu einkleiden kannst, wenn du das wünschst."
„Ja ... ja, das wäre toll, danke.", nickte die Frau nachdrücklich und lächelte.
„Dann folge bitte den leuchtenden Markierungen zu deinen Füßen, sie werden dich führen."
„Ja, gern." Die Frau richtete sich auf und folgte den winzigen leuchtenden Punkten, die nun über den Boden zu wandern schienen.
Während das Schiff seine Freundin auf einem kleinen Umweg zu ihrem Quartier führte, fragte es erneut: „Darf ich dich nach deinem Namen fragen?"
„Ja, darfst du.", gab die Frau zurück „Ich bin Jeanne, Jeanne D'Arc. Vergib mir, dass ich mich nicht gleich vorgestellt habe. Und wer bist du?"
„Kein Problem.", wehrte das Raumwesen ab und meinte, bevor es weiter fragte „Nenn mich Ja'a'nira, mein wirklicher Name ist für deine Kehle unmöglich auszusprechen.
Und weißt du noch, wie du hierher gekommen bist, oder wo du herkamst?"
„Oh! Und nein", erwiderte die Frau „Keine Ahnung. Weißt du es denn und würdest du es mir sagen?"
„Ich weiß es.", gab das Schiff zurück „Doch bevor ich entscheiden kann, ob es gut für DICH ist, wenn ich es dir einfach so erzähle, muss ich wissen, an was du dich noch erinnerst. Wer bist du, mal abgesehen von deinem Namen? An was aus deinem Leben erinnerst du dich noch?"
Die Frau blieb stehen und massierte sich die Schläfen, als habe sie Kopfschmerzen.
„Ich WEIß es nicht!", erklärte sie und in ihrer Stimme zeigte sich deutlich ihre beginnende Frustration. „Es ist, als ob alles in dichten Nebel gehüllt wäre, aus dem nur hin und wieder mal einzelne unzusammenhängende Bilder wie Schatten auftauchen."
„Das ist schlimm.", bemerkte das Schiffswesen, wie zu sich selbst, denn es bedeutete, dass die Hüterin einen Großteil ihres Gedächtnisses bei dem Unfall eingebüßt hatte und mit ihm unter Umständen auch einen Gutteil ihrer Fähigkeiten. „Kannst du mir die Bilder beschreiben, die du siehst?"
„Ich weiß nicht, ich kann es versuchen. Aber ich weiß nicht, ob das Sinn ergibt.", erwiderte die Frau, als sie das Quartier erreichten. „Oh!", staunte sie beim Betreten des Raumes „Das ist aber schön eingerichtet hier! Wer wohnt hier normalerweise?"
„Du.", erwiderte das Schiff „Es ist dein privates Quartier. Sieh es dir genau an, berühre, was dich dazu einlädt und probiere vielleicht auch das Eine oder Andere aus." Dann öffnete es den Zugang zum Hygienebereich und auch den zum Ankleideraum. „Und wenn du magst, sieh dich auch hier um. Vielleicht hilft das ja deinen Erinnerungen auf die Sprünge."
„Meinst du?", fragte die Frau zweifelnd, machte sich jedoch trotzdem daran dem, was sie für Handlungsanweisungen hielt, zu folgen.
Sacht griff sie zuerst nach einer der Pflanzen, die hier scheinbar aus der Wand wuchsen und betrachtete die leicht violett schimmernden Blätter.
„Woher stammen diese Pflanzen?", fragte sie leise.
„Von einer Welt, sehr weit von hier.", erklärte das Schiffswesen. Und fügte an „Einer Welt, die so nicht mehr existiert."
„Was ist geschehen?"
„Das wirst du wissen, wenn du dich wieder erinnerst.", wich die Bergende aus.
„Werde ich mich jemals wieder erinnern?"
„Das weiß ich nicht. Es hängt von zu vielen Faktoren ab."


Die Tage vergingen und die Frau ohne Gedächtnis erkannte, unter der achtsamen Anleitung des Schiffswesens, dass sich ihr Körper sehr wohl an eine Menge erinnerte. Doch ihr Bewusstsein war noch immer nicht in der Lage auf das zurückzugreifen, was sie wusste.
Sie hatte begonnen, die Bilder die sie immer wieder vor ihrem inneren Auge sah zu Papier zu bringen und so lag nun schon ein kleiner Stapel Blätter auf dem kleinen Tischchen im Quartier Jeannes und in der Nähe einer der Wände stand eine Staffelei mit einem noch nicht ganz vollendeten Bild.
Viele der Zeichnungen und auch das Gemälde auf der Staffelei zeigten Landschaften, doch ein paar einzelne auch exotisch anmutende Lebewesen, teilweise oder auch im Ganzen abgebildet.


Nach und nach hatte die Frau ohne Gedächtnis auch begonnen, ihre Umgebung zu erkunden und bald bemerkt, dass sie sich zusammen mit Ja'a'nira in einer Höhle befand, deren Ausgang zu klein war, als dass sie sich hätte hindurch zwängen können.
Nach einer ausführlichen Einweisung durch ihr Schiff, hatte sie darauf begonnen, den Ausgang zu vergrößern und schon bald konnte sie die Höhle verlassen.
Die Frau fand sich nun in einem weit verzweigten System von unterirdischen Tunneln, Gängen und Höhlen wieder, die offensichtlich nicht alle natürlichen Ursprungs waren.
Hier und da fand sie immer wieder auch Hinweise, dass sie hier unten nicht allein war, doch vermied sie noch Kontakt zu knüpfen.

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(1051 Wörter)

Ways of Destiny - Wege des SchicksalsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt