Kapitel 18 - NARCISSA

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Ein Blick auf die Uhr sagte Jeanne, dass sie nur noch wenige Stunden hatte, bevor sie aufbrechen musste, wenn sie rechtzeitig bei Narcissa sein wollte, also beschloss sie, sich vorzubereiten, denn sie hatte nicht vor, die alte Priesterin warten zu lassen.

Zuerst forderte sie noch einen Behälter mit einer Auswahl an Obst und einen Nahrungskonzentratriegel und noch eine Flasche des Saftes.

Alles gab sie in einen kleinen Korb, den sie schon am Morgen zurecht gestellt hatte.

Als Nächstes begab sie sich in einen anderen Raum, legte ihre Kleidung bis auf die Unterwäsche ab und begann mit einigen Übungen.

Nach einiger Zeit ging sie in eine tiefe Meditation über und als nur noch eine Stunde bis zum Aufbruch blieb, stand die auf, duschte ausgiebig und hüllte sich in die Kleider, die sie am Morgen ausgewählt hatte.

Sie machte ihr Haar und steckte sich die Blüte, hinein.

So vorbereitet, warf sie noch einmal einen Blick in den riesigen Spiegel im Ankleidezimmer und da ihr zusagte, was sie sah, nahm sie ihren Korb und machte sich auf den Weg.

Sie hatte die Zeit so berechnet, dass sie sich nicht zu beeilen brauchte.

Narcissa inzwischen bereitete auch den Abend vor.

Sie richtete den Altar für die Opfergaben an die Geister her und braute ein Getränk, das ihrer beider Gedanken für die Welt der Geister öffnen würde.

Was sie in diesen Sud in welchen Mengen hineingab, war ihr Geheimnis, doch sie achtete penibel darauf, keine der Zutaten zu hoch zu dosieren, denn bei Jeanne handelte es sich ja um eine Person, die nicht an solcherlei gewöhnt war.

Als die Zeit heran rückte, zu der Jeanne hier eintreffen würde, füllte sie etwas von dem Sud in zwei Kokosnussschalen und stellte sie zu den Dingen auf dem Altar der Geister neben eine kleine Trommel.

Sie beide würden auch dieses Mal weder laut Musik machen, noch würden sie Tänze aufführen, sie würden nur vor dem Altar Platz nehmen und beim Klang der Trommel leise Gesänge zelebrieren, bis der Sud seine Wirkung tat und ihnen den Weg in die Welt der Geister eröffnete.

Dort würden sie dann die Geister antreffen, die bereit waren, mit ihnen in Kontakt zu treten und sie würden sehen, ob diese in der Lage waren, Jeannes Fragen zu beantworten.

Vielleicht fanden sie dieses Mal Antworten, aber vielleicht auch nicht. In letzterem Falle würde Jeanne entscheiden müssen, ob sie es noch einmal versuchte, oder einfach auf sich beruhen ließ. Nicht immer konnten oder wollten die Geister einem Menschen seine Fragen beantworten und dann musste man sich damit abfinden.

Mouse war inzwischen zurückgekehrt und hatte Vincent die Nachricht Jeannes und deren Gabe gebracht, bevor er auch zum Führer ihrer Gemeinschaft gegangen war und diesem Jeannes Antwort überbracht hatte.

Vincent saß in seinem Bett.

Vor sich auf dem Tischchen stand die Schale mit den Früchten und er hielt das Zweiglein mit den gelben Beeren in der Hand, während er auf die Zeichnung Jeannes schaute und schon zum wiederholten Mal die wenigen Worte, die die Frau darunter geschrieben hatte, las.

„Ich sehe dich, in meinen Träumen.", hatte sie geschrieben und die Zeichnung zeigte ihn, wie er durch eine Wiese mit hüfthohem Bewuchs im hellen Sonnenlicht streifte und seine Pranken sanft durch Gräser und Blüten strichen.

Er war von hinten zu sehen, doch schien er sich nach jemandem umzusehen, der sich hinter ihm befand. Seine blonde Mähne wehte im Wind und seine Augen strahlten so viel Freude und Glück aus, dass er sich nicht vorstellen konnte, nach Catherine jemals so gefühlt zu haben oder wieder fühlen zu können.
Doch das Eigenartigste an dem Bild war etwas, das wie ein Traum anmutete, denn aus seiner blonden Mähne ragten die Spitzen katzenartiger Ohrmuscheln heraus, deren eine der Person zugewandt war, nach der sich Vincent umschaute.

Ways of Destiny - Wege des SchicksalsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt